9 Minuten Lesezeit 1 August 2016
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Wie Sie mit Hedging Währungsrisiken mindern

Von EY Reporting

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9 Minuten Lesezeit 1 August 2016

Wie sollten CFOs mit Währungsschwankungen umgehen und welche Rolle spielt dabei die Kurssicherung?

Nach mehreren ruhigen Jahren am weltweiten Devisenmarkt sind nun turbulentere Zeiten angebrochen. Die Brexit-Entscheidung ließ innerhalb eines Tages das englische Pfund an der Börse ins Tal stürzen. Dies ging nicht nur als stärkste Kursbewegung des Pfunds gegenüber dem US-Dollar innerhalb eines Tages in die Geschichte ein. Zugleich war es der niedrigste Wert seit 30 Jahren.

Die Auswirkungen des britischen Referendums werden sicher noch einige Zeit für Schwankungen im Wert des Pfunds sorgen. Der Brexit war jedoch nicht das erste folgenschwere Ereignis, das Unternehmen unerwartet traf. Ende 2014 stieg der Wert des US-Dollars gegenüber den meisten anderen Währungen stark an. Insbesondere die Geschäftsergebnisse internationaler Firmen mit Sitz in den USA hatten damals stark darunter gelitten. Noch stärker zu spüren bekommen dies aber bald jene, die vom Pfund und vom Euro selbst abhängig sind.

Für die Turbulenzen seit Ende 2014 gibt es verschiedene Gründe. Das schwache Wirtschaftswachstum in China und die damit verbundene rückläufige Rohstoffnachfrage ist nur ein Beispiel. Ein weiterer Grund war die zunehmende Divergenz zwischen den großen Zentralbanken weltweit: Die USA scheint auf allmählich steigende Zinsen zu setzen, während die Eurozone und Japan weiterhin für eine monetäre Lockerung plädierten. Politische Instabilitäten - entweder ausgelöst durch die Sanktionen des Westens gegen Russland oder durch den Korruptionsskandal rund um die brasilianische Regierung - hatten auch einen Anteil.

Unabhängig von der tatsächlichen Ursache steht fest: Die Folgen waren unausweichlich. Laut dem Currency Impact Report von FiREapps für das 4. Quartal 2015 erlitten die befragten US-Unternehmen einen Rekordverlust von Fremdwährungen. Es waren 66 Prozent mehr als noch im 4. Quartal 2014. Zum ersten Mal gaben zwei Quartale in Folge über 40 Prozent der von FiREapps Befragten an, davon beeinträchtig zu sein.

Vor allem US-Firmen, die einen Großteil Ihrer Umsätze in Überseemärkten machen, verzeichneten Umsatz- und Gewinneinbußen. Die rasante Aufwertung des Dollars war der Auslöser. In manchen Fällen konnten Unternehmen ihr internationales Umsatzvolumen um knapp 10 Prozent erhöhen. Dennoch nahm der Wert dieser Umsätze im Jahresvergleich aufgrund des starken Dollars stark ab.

Laut Nikkei Asian Review sah es in Japan ähnlich aus. Dort traf es die Exportfirmen des Landes, die durch den abgewerteten Euro und anderer Währungen in Schwellenländern betroffen waren. Laut des Fachblatts büßten in den neun Monaten bis Dezember 2015 rund ein Drittel der bedeutenden nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften Währungsverluste von insgesamt 3,5 Milliarden US-Dollar ein – ein Wert, der sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht hatte. Zudem stieg im Juni 2016 der Wert des Yen, als die Bank of Japan keine weiteren monetären Lockerungen mehr zuließ. Diese Entwicklung senkte die ausländischen Gewinne japanischer Firmen.

Rasche Veränderungen

„Kursänderungen kündigen sich selten an“, meint EY Finanzexperte Robert Royall vom Financial Accounting Advisory Services Team in New York. Dies zeigt auch die schnelle Reaktion auf das UK-Referendum. „Es ist eine rasante Berg- und Talfahrt entlang einer allgemeinen Tendenz“, erklärt er. „Zwischen Dezember 2014 bis März 2015 änderten sich die Kurse besonders rasant und der Wert des Dollars stieg viel schneller als erwartet.“ Ein Problem, das bisher Finanzchefs vorbehalten war, stand nun im Fokus der Gespräche von CEOs und CFOs mit ihren finanziellen Stakeholdern.

US-Firmen, die seit 2002 von der immer schwächer werdenden US-Währung profitiert hatten, begannen sich nun zu fragen, ob sie ihre Fremdwährungsrisiken absichern sollten – und wenn ja, wie. Für dieses Problem kommen mehrere Lösungsansätze in Frage. Fest steht: Das Problem der Bilanzierungen von Kursabsicherungen lässt sich nicht komplett eliminieren. Für Unternehmen, die jedoch grenzüberschreitende Geschäfte in unterschiedlichen Währungen machen, kann Hedging durchaus eine Lösung sein.

Hedging kann die langfristigen Entwicklungen nicht umkehren. Es hilft uns aber, die Schwankungen abzufedern.
Robert Royall
EY

Der offensichtlichste Ansatz ist dabei, die „natürlichen Hedges“ innerhalb des Unternehmens zu nutzen: Erzielt eine Tochtergesellschaft beispielsweise Umsätze in einer Fremdwährung, kann sie diese dazu nutzen, ihre Kosten in derselben Währung zu decken. Dieser natürliche Ausgleich bietet eine gewisse Absicherung. In großen und komplexen internationalen Konzernen mit unzähligen Zweigstellen und einer globalen Lieferkette kann es allerdings äußerst schwierig sein, diese Potenziale zu nutzen. Das Unternehmen ist von unmittelbar verfügbaren Informationen zum Cashflow abhängig.

„Vor mehr als zwei Jahren standen den Unternehmen diese Daten in der Regel monatlich oder vierteljährlich zur Verfügung“, so Royall, „doch 2015 änderten sich die Kurse innerhalb eines Monats so drastisch, dass dies in manchen Firmen nicht mehr ausreichte. So entstand der Wunsch nach möglichst tagesaktuellen Daten.“

Ein laufendes Absicherungsprogramm

Natural Hedges sind ein wichtiger Bestandteil der Strategie von Abbott, einem Gesundheitsunternehmen mit Sitz in den USA, das in Schwellenmärkten stark vertreten ist. Das Unternehmen sah sich laut CFO Brian Yoor nach der Abspaltung vom Pharmakonzern AbbVie Ende 2012 deutlich stärker den Fremdwährungen in Schwellenländern ausgesetzt als zuvor. Da das Unternehmen in den Entwicklungsländern langfristig von der steigenden Nachfrage nach medizinischer Versorgung profitieren möchte, war das nicht zu vermeiden.

Gemäß seiner Strategie, erhöht das Unternehmen - wenn möglich – seine Präsenz im jeweiligen Markt und baut lokale Teams für Vertrieb und Marketing, Produktion, F&E und Administration auf. Dadurch werden nicht nur die Kosten besser an der Kaufkraft des Kunden abgestimmt, sondern es entstehen auch mehr „natürliche Hedges“ innerhalb des Unternehmens. „Damit können wir möglichst viele Risiken ganz natürlich absichern“, meint Yoor, „und gleichzeitig verfolgen wir unsere langfristige Strategie, die bei uns über allem steht.“

Aus der Abspaltung ging ein Unternehmen hervor, das 70 Prozent seiner Umsätze außerhalb der USA und 50 Prozent in Schwellenländern erzielt. Obwohl ein natürlicher Währungsausgleich wichtig war, erkannte die Unternehmensführung von Abbott, dass das Unternehmen angesichts der Währungsrisiken künftig anders geführt werden muss, erklärt Yoor. War der Hedging-Ansatz des Unternehmens zuvor eher „opportunistisch“, so setzte es nun auf ein laufendes Absicherungsprogramm, das 18 Monate in die Zukunft plant. „Wir sahen uns die verfügbaren Absicherungen in bestimmten Ländern an und prüften, ob Sie realisierbar waren. Würden wir damit die gewünschten Bilanzierungseffekte erreichen? Ist der Markt liquide? “

Ein solches Absicherungsprogramm passt niemals so perfekt wie Natural Hedges, hat Abbott aber während des turbulenten Jahres 2014/15 gute Dienste geleistet, erklärt Yoor. „Wir haben es geschafft, mit einen Mix aus bestimmten Instrumenten in einem äußerst wechselhaften Umfeld einen Ertrag zu generieren, den wir ins Unternehmen investieren konnten.“ Die Investoren von Abbott sind sich bewusst, dass sich die Vorteile des laufenden Absicherungsprogramms über die Zeit verändern. Wenn zum Beispiel Hedges nach 18 Monaten Laufzeit auslaufen und dann durch neue, ggf. kostspieligere ersetzt werden müssen. „Am Ende bleibt immer noch ein Gewinn über, er ist aber nicht ganz so groß wie erwartet“, so Yoor.

Wirtschaftliche Absicherungen – Economic Hedges

Die Vodafone Group befand sich in einer ähnlichen Situation wie Abbott, als sie die Anteile an Verizon Wireless in den USA verkaufte. Dies veränderte das Währungsprofil der Firma nachhaltig. Der daraus hervorgegangene Mobilkonzern bilanzierte in Pfund, obwohl er die Hälfte seiner Umsätze in Euro, 15 Prozent in Pfund, 10 Prozent in Rupien und weitere 10 Prozent in Rand machte.

Im gesamten letzten Jahr reduzierten Währungsumrechnungen die Umsätze um rund 2 Milliarden Pfund und das EBITDA um rund 700 Millionen Pfund, so CFO Nick Read. Da die oft starken Währungsschwankungen in Schwellenländern für das Unternehmen nichts Neues sind, entwickelte es eine vielschichtige Strategie, um die Währungsrisiken zu mindern.

Teil dieser Strategie sind laut Read so genannte „Economic Hedges“, also „wirtschaftliche Absicherungen“. Dabei stimmt Vodafone den Währungsmix seiner Verbindlichkeiten mit dem abgezinsten Cashflow seiner ausländischen Niederlassungen ab. „Das bedeutet, dass sich negative Effekte in der Gewinn- und Verlustrechnung mindernd oder positiv auf unsere Nettoverschuldung auswirken. Sie sank [im letzten Jahr] um 2 Milliarden Pfund. Das war bei uns der Economic Hedge.“

Das Unternehmen steuert seine weltweite Beschaffung zentral und reduziert das Fremdwährungsrisiko für Ankäufe in Schwellenwährungen, indem es Vereinbarungen in lokalen Währungen trifft. Es wird also erst gar nicht in Euro verhandelt. Eine unvorteilhafte Umrechnung im verbleibenden Jahr ist so ausgeschlossen.

Read meint, dass Vodafone immer zuerst seine „organische Performance“ offenlegt und anschließend die Effekte von Währungsschwankungen herausfiltert, um sie klar sichtbar zu machen. Die Investoren verstehen recht gut, wie sich Währungsschwankungen auf Vodafone auswirken, so Read. Damit spielt er auf den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Unternehmenskurses in Pfund und Veränderungen im Wechselkurs an. Da das Unternehmen heute die Hälfte seiner Umsätze in Euro erzielt, wechselte es im April 2016 vom Pfund zum Euro als funktionale Währung. Dieser Wechsel betrifft künftig auch Dividenden. Das sollte Schwankungen im Berichtswesen mindern und bedeutet zudem, dass nicht nur Cashflows in Euro generiert, sondern auch Dividenden in Euro ausgezahlt werden. Das Risiko unumgänglicher Währungsschwankungen wird damit vom Unternehmen an die Shareholder weitergegeben.

„Ich fragte bei institutionellen Investoren nach, ob sie den Wechsel auf Euro unterstützten und die Zustimmung war groß. Denn dadurch können sie das Währungsrisiko selbst steuern“, so Read.

Was ist Ihre Strategie?

Laut Royall sind die Währungsschwankungen vor und nach dem britischen EU-Referendum ein Beweis dafür, dass es auch in Zukunft wichtig sein wird, Währungsrisiken zu steuern. „Im Moment herrscht eine gespannte Stille“, sagt er. „Vor einem Jahr war sich noch jeder bewusst, wie unangenehm Schwankungen sein können und viele Unternehmen begannen sich zu fragen: ‚Wie gehen wir eigentlich mit Fremdwährungen um? ‘“

Das ist die Frage, die letztlich alle beantworten müssen, so Royall. „Das Problem sind die Schwankungen, nicht die langfristige Entwicklung. Hedging verändert die allgemeine Tendenz nicht, kann jedoch die Berg- und Talfahrt abfedern. Sie müssen entscheiden, ob Sie an Hedging glauben oder nicht.“

Manche Unternehmen meinen, sie bräuchten so viel Absicherung wie möglich. Für andere gehören Währungsschwankungen in einem langfristig international agierenden Unternehmen einfach dazu. Sie sind der Meinung, dass sich Schwankungen mit der Zeit ganz von selbst ausgleichen. Unabhängig davon bleibt die Herausforderung für CFOs stets dieselbe: Zum einen müssen sie Fremdwährungsrisiken steuern und zum anderen ihre Strategie in diesem komplexen, Bereich klar kommunizieren. Für die Steuerung von Währungsrisiken stehen Unternehmen mehrere Lösungsansätze zur Verfügung.

Vollständig vermeiden lassen sich die Effekte von Währungsschwankungen allerdings nicht. Wichtig ist es, laufend zu prüfen, ob das Unternehmen über den besten Mix an Lösungen für die jeweilige Situation verfügt. In einem zweiten Schritt müssen sie dafür sorgen. dass Investoren den Hedging-Ansatz und die Gründe dahinter verstehen.

Fazit

Aktuelle Entwicklungen wie der bevorstehende Brexit zeigen, dass globale Währungsschwankungen auch in Zukunft von Bedeutung sein werden. In diesem Artikel erfahren Sie, was CFOs über diese Marktturbulenzen zu sagen haben und welche Hedging-Strategien im Umgang damit helfen können.

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