Wie können Technologien zum Treibstoff nachhaltiger Wertschöpfung werden?

10 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020
Von Axel Preiss

Leiter Consulting | Österreich

Dynamischer Leader in verschiedenen Branchen mit Fokus auf Industrie-, Energie- und Dienstleistungsunternehmen. Ist sportlich aktiv und verbringt seine Zeit am liebsten mit seiner Familie.

10 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020

Der technologische Fortschritt stellt Unternehmen vor die Frage: „Wo fange ich an?“ Mit diesen Technologien sollten Sie sich beschäftigen.

Die Themenagenda von Unternehmenslenkern hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Stand der Tagesablauf bis vor wenigen Jahren noch ganz im Zeichen von Kennzahlen, sieht es heute anders aus: von geopolitischen Entwicklungen über die Einschätzung globaler Risiken oder Chancen bis hin zu Fragen der Ökologisierung oder der sozialen Verantwortung sind die Dauerbrenner mittlerweile vielschichtiger und komplexer. Ganz oben auf der Rangliste der Hot Topics steht die breite Palette neuer technologischer Möglichkeiten. Doch wie kann man aus einer so großen Zahl an Technologien die richtigen für das eigene Unternehmen identifizieren und zielgerichtet implementieren?

Für viele Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bzw. Unternehmenseigentümer ist das die zentrale strategische Frage für die Zukunft ihres Unternehmens. Das bemerken wir auch in unserer Beratungspraxis: Oftmals fühlen sich Führungskräfte fast erschlagen von der Bandbreite an technologischen Potenzialen. In dieser Situation spitzt sich die Gefahr zu, im eigenen Fortschritt zu erstarren. Dabei ist klar: Wer an der technologischen Weggabelung stehen bleibt, wird in jedem Fall überholt.  

Wer an der technologischen Weggabelung stehen bleibt, wird in jedem Fall überholt.

Für die richtige Technologie gibt es kein Patentrezept: Was für den einen enorme Potenziale birgt, ist bei einem anderen ein Schuss in den Ofen. Was wir aber uneingeschränkt jeder Führungskraft und jedem Entrepreneur empfehlen können: Probieren Sie aus. Pilotieren Sie. Lernen Sie aus Ihren Fehlern und machen Sie es besser. Und vor allem: Sehen Sie neue Technologien als ein Spielfeld voller Chancen. Um die Orientierung auf dem Spielfeld ein bisschen zu erleichtern, gehen wir in diesem Artikel auf fünf technologische Entwicklungen ein, mit denen Sie sich näher beschäftigen sollten.

Österreich als Land der Digitaloptimisten – aber Zweiklassengesellschaft droht

Um darüber diskutieren zu können, wie weit Österreichs Unternehmen auf dem digitalen Transformationspfad sind, braucht es zunächst eine Standortbestimmung. Diese gibt Grund für Optimismus: Die Digitalisierung ist in den heimischen Unternehmen längst angekommen, Tendenz steigend. In einer jährlichen Umfrage unter 900 Unternehmensverantwortlichen fühlen wir den Digitalisierungspuls des Landes. Und der schlägt stark: Bei drei von vier Unternehmen spielen digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell mittlerweile eine mittelgroße bis sehr große Rolle. Ebenfalls drei Viertel sehen neue Technologien eindeutig als Chance, die Skeptiker sind klar in der Unterzahl. Allerdings darf dieser positive Befund nicht überdecken, dass sich Österreichs Wirtschaft auf einem digitalen Scheideweg befindet: Große Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz setzen erheblich stärker auf digitale Technologien als kleine Unternehmen. Dieser Trend zur digitalen Zweiklassengesellschaft muss gestoppt werden. Die digitale Transformation und Implementierung neuer Technologien darf keine Frage der Größe sein.

Große Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz setzen erheblich stärker auf digitale Technologien als kleine Unternehmen. Dieser Trend zur digitalen Zweiklassengesellschaft muss gestoppt werden.

Landkarte der digitalen Transformation: Wo fängt Innovation an?

Wo Sie beginnen, Innovationspotenziale für Ihr Unternehmen auszuloten, ist weniger entscheidend als die Tatsache, dass Sie überhaupt beginnen. Hinter welcher technologischen Implementierung die meisten Wertschöpfung für Ihr Unternehmen steckt, ist von vielen Variablen abhängig und kann nur im Einzelfall beantwortet werden. Genau das ist auch die große Herausforderung der digitalen Transformation: Es gibt eine unglaubliche Vielzahl technologischer Möglichkeiten, die je nach Unternehmen und jeweiligen Herausforderungen ganz unterschiedliche Vorteile bringen kann. Was Sie aber jedenfalls bedenken sollten: Fortschritt ist längst zu einer kollektiven Aufgabe geworden. Einzelkämpfer sind mehr und mehr ein Relikt der Vergangenheit. Bauen Sie sich ein Ökosystem der Innovation auf, suchen Sie sich Partner und handeln Sie nach der Maxime „Gemeinsam sind wir mehr!“.

Wir bei EY haben zum Beispiel im Talent Garden den EY Innovation Space eröffnet, wo wir Unternehmen mit unterschiedlichen Methoden wie Lego Serious Play oder Design Thinking bei ihren Innovationsprojekten unterstützen. Dazu gehört auch, dass wir Brücken zwischen etablierten Unternehmen und innovativen Start-ups bauen. Wir leben im Zeitalter der Kollaboration – auch bei Implementierung neuer Technologien gelingt gemeinsam in Ökosystemen mehr.

Mit diesen fünf Technologien sollten Sie sich unbedingt beschäftigen

Ich werde in Gesprächen mit Kunden oft gefragt, ob ich ein Ranking der fünf wichtigsten Technologien für Unternehmen aufstellen kann. Die Antwort ist wie so oft in Zeiten wachsender Unsicherheit ein klares „Jein“: Doch auch wenn eine pauschalisierte Rangliste mit klaren Platzierungen wenig Sinn macht, so möchte ich in der Folge auf fünf technologische Entwicklungen eingehen, mit denen Sie sich als Unternehmenslenker jedenfalls auseinandersetzen sollten.

  • 1. Künstliche Intelligenz

    Künstliche Intelligenz wird viel thematisiert und oft nicht verstanden. Es geht nicht darum, dass intelligente Maschinen uns die Arbeit weg- oder irgendwann die Weltherrschaft übernehmen. Künstliche Intelligenz ist grundsätzlich ein umfassendes Konzept aus unterschiedlichen Technologien: In Österreich wird am häufigsten das maschinelle Lernen eingesetzt. Es befähigt Computer, aus Daten zu lernen und ist laut einer gemeinsamen Studie von EY und Microsoft jene Technologie, auf die sich die meisten europäischen Unternehmen heute konzentrieren.

    Künstliche Intelligenz bietet unglaubliches Potenzial, wird in heimischen Unternehmen im europäischen Vergleich jedoch noch wenig eingesetzt. Dabei kann das Zusammenwirken von Künstlicher Intelligenz, Automatisierung, Daten und dem Internet der Dinge große Potenziale, z. B. für Produktivitätssteigerungen, heben. Der Mensch-Maschine-Zusammenarbeit gehört definitiv die Zukunft.

    Erfahren Sie hier mehr über den Einsatz Künstlicher Intelligenz.

  • 2. Blockchain

    Blockchain wird unsere Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig verändern. Die Technologie wurde lange zu Unrecht auf Kryptowährungen reduziert und ebenso zu Unrecht ins „Schmuddeleck“ gestellt. Blockchain bezeichnet den digitalen Peer-to-Peer-Austausch von Werttransaktionen, der von einem verteilten Netzwerk ohne Mittler gemeinsam verwaltet wird. Das bringt eine Vielzahl von Vorteilen mit sich. Blockchain kann Geschäftsabläufe optimieren, vor Cyberangriffen schützen und zwischengeschaltete Instanzen reduzieren oder gar komplett überflüssig machen.

    EY hat in Österreich bereits mehrere zukunftsweisende Implementierungsprojekte umgesetzt, die auch international viel Aufmerksamkeit erlangt haben: Für die Stadt Wien haben wir Open Government Data auf eine Blockchain gehoben und die Digitalisierung von Essensmarken erfolgreich getestet. Und gemeinsam mit hochkarätigen Partnern wie DB Schenker, LKW Walter, GS1 Austria, EDITEL Austria, der Bundesvereinigung Logistik Österreich (BVL) und der WU Wien haben wir die Blockchain Initiative Logistik gestartet. Damit revolutionieren wir die Transport- und Logistikbranche. Die Branchenlösung auf Blockchain soll Kostenreduktion, Transparenz, Fälschungssicherheit sowie Zeit- und Ressourcenersparnis bringen. Somit werden jährlich rund 75 Millionen Prozesse bei österreichischen Logistikern automatisiert und zwölf Millionen Blätter Papier eingespart.

    Hier erfahren Sie mehr über konkrete Anwendungsfälle.

  • 3. Robotics

    Wenn wir von Robotics sprechen, meinen wir weniger menschenähnliche Roboter als vielmehr Software-Robotics, also die Automatisierung von Prozessen. Wer über Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung spricht, muss auch über Robotics sprechen. Die Anwendungsgebiete sind enorm vielfältig und reichen von der Automatisierung einer Datenbankpflege bis hin zu umfassenden Automatisierungsprozessen in der Produktion. Software-Robotics sind ein guter Startpunkt für die Implementierung neuer Technologien, weil man klein starten und trotzdem Großes bewirken kann.

    Lesen Sie hier mehr über Robotics und Automatisierung.

  • 4. Sensoren und das Internet of Things (IoT)

    Intelligente Sensoren sind die Treiber für Industrie 4.0 und vor allem das Internet of Things (IoT) in Städten, Fabriken oder Arbeitsstätten. Das Internet Of Things ist Ausdruck dafür, dass sich viele Milliarden Geräte auf der ganzen Welt vernetzten und sorgt dafür, dass diese Geräte über Sensoren miteinander kommunizieren. Alleine bis 2020 sollen weltweit 50 Milliarden Geräte miteinander vernetzt sein. Mit Hilfe von Sensoren lassen sich belastbare Daten erheben, mit denen Abläufe und Prozesse laufend optimiert werden können. Wie eine aktuelle EY-Studie zeigt, können Betriebe durch den Einsatz von Sensoren erhebliche positive Effekte mit direkter Margenauswirkung erzielen. So können Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz über alle Branchen bis 2030 hinweg ihre EBITDA-Marge durchschnittlich um ein Drittel steigern, wenn das Potenzial von Sensoren voll ausgeschöpft wird.

    Hier erfahren Sie mehr über das Internet of Things. 

  • 5. Big Data und Data Analytics

    Daten sind das neue Gold. Das klingt trivial, ist es aber nicht. In einer vernetzten, digitalisierten Welt müssen Unternehmen Entscheidungen auf Basis von Daten treffen. Sie brauchen eine Data-Analytics-Strategie und müssen sich überlegen: Welche Daten erhebe ich, wie werte ich sie aus und was mache ich damit?

    Österreich ist hier schon relativ weit: Drei Viertel der Unternehmen geben an, dass sie Entscheidungen auf Basis von Daten treffen. Allerdings geben auch viele an, dass sie bei der Datenerhebung und Analyse nur an der Oberfläche kratzen.

    Data Analytics hilft dabei, smartere Entscheidungen zu treffen und zeitgleich das Unternehmen zu schützen. Für Unternehmen gilt es, datengetrieben Antworten auf geschäftsrelevante Fragen und Herausforderungen zu finden.

    Lesen Sie hier mehr über Big Data und Data Analytics.

Sicherheit geht vor: Wieso Cybersecurity das Fundament Ihrer Transformation sein muss

So groß die Möglichkeiten durch neue Technologien sind, so groß ist auch die Schattenseite durch die steigende Gefahr von Cyberangriffen, wenn Sie sich nicht ausreichend vorbereiten. In einer zunehmend vernetzten, digitalisierten, datenbasierten Welt wächst die Gefahr von Cyber-Angriffen und Hacker-Attacken.

Unzureichende Sicherheit ist eine ernsthafte Bedrohung für das Unternehmen, die zu Produktionsausfällen, finanziellen Verlusten oder Reputationsschäden führt. Und: Die Mehrheit der Unternehmen in Österreich wurde bereits angegriffen. Cybersecurity muss für Sie als Unternehmensverantwortlichen – unabhängig von der Größe und Branche, in der Sie tätig sind – das Fundament der digitalen Transformation sein.

Sichern Sie Ihr Unternehmen rechtzeitig umfassend ab, um Ihre Geschäftsmodelle zu schützen, Ihren Sorgfaltspflichten gerecht werden und am Ende des Tages gut schlafen zu können.

Hier erfahren Sie mehr darüber, worauf es bei Cybersecurity ankommt. 

Fazit

Der technologische Fortschritt eröffnet eine breite Palette von Chancen, stellt Unternehmen aber auch vor die Frage: „Wo fange ich an?“ Lassen Sie sich nicht bremsen, sondern probieren Sie aus und lernen Sie aus Ihren Fehlern. Setzen Sie auf Verbündete und bauen Sie ein Ökosystem der Innovation auf – gemeinsam gelingt mehr.

Welche Technologie die richtige für Ihr Unternehmen ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Wenn Sie aber damit beginnen, die Implementierungsmöglichkeiten und Potenziale von Künstlicher Intelligenz, Blockchain, Robotics/Automatisierung, Internet of Things oder Big Data & Analytics auszutesten, liegen Sie sicher nicht falsch. Wo Sie auch anfangen: Schützen Sie sich vor Cyberangriffen. 

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