- Neuzulassungen sinken im Jänner um sechs Prozent
- Elektrosegment wächst vorerst nur mit angezogener Handbremse
- Keine Aussicht auf Besserung im ersten Halbjahr; Chipkrise wird auch 2023 noch zu spüren sein
Der EU-Neuwagenmarkt steht nach wie vor stark auf der Bremse: Die Pkw-Neuzulassungen schrumpften im Jänner im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent und erreichten damit ein neues Rekordtief. Gegenüber Jänner 2020 ergibt sich sogar ein Rückgang um 29 Prozent.
Die größeren Märkte entwickelten sich unterschiedlich – abhängig davon, wie groß der Rückgang im Vorjahr bereits war: Während beispielsweise in Österreich, Deutschland und Spanien Zuwächse verzeichnet wurden, lagen Italien, Frankreich und Polen zweistellig im Minus.
Nach wie vor stehe der Mangel an Chips einer Erholung der Lage im Weg, so Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY: „Die Nachfrage ist unverändert hoch und die Auftragsbücher sind aufgrund der angestauten Anfragen der letzten zwei Jahre voll – wären die Hersteller lieferfähig, könnten deutlich mehr Neuwagen verkauft werden. Die Probleme in der Lieferkette, im speziellen der Mangel an Halbleitern, sind enorm. Wir haben es tatsächlich mit einer historischen Krise zu tun.“
Für das erste Halbjahr 2022 erwartet Preiss zudem keine Besserung, auch für den weiteren Jahresverlauf prognostiziert er ein im besten Fall zaghaftes Wachstum auf weiterhin niedrigem Niveau. „Die Chipkrise wird wohl auch 2023 noch vorherrschendes Thema der Automobilbranche sein.“ Neben dem aktuellen Chipmangel kämen laut Preiss noch weitere Faktoren hinzu, wie beispielsweise geopolitische Spannungen, die hohe Inflation und der hohe Spritpreis.
Ungeachtet all dieser Herausforderungen sei die Nachfrage nach Neuwagen weiterhin groß, so Preiss: „Autos sind gerade heiß begehrt, das zeigen sowohl die hohe Nachfrage als auch die steigenden Preise bei den Gebrauchtwagen deutlich. Viele Neuwageninteressent:innen weichen aktuell auf junge Gebrauchte aus – oder warten ab. Diese Situation – also die enorme Nachfrage und das aufgrund der Lieferprobleme geringe Angebot – wird wohl die Preise sowohl für Neu- als auch für Gebrauchtwagen auf hohem Niveau halten. Rabatte gibt es aktuell nur noch in Ausnahmefällen.“
Elektro-Verkäufe steigen nur noch verhalten
Die Chipkrise bremst auch die Absatzdynamik auf dem Markt für elektrifizierte Neuwagen: Der Absatz von Elektroautos und Plug-in-Hybriden stieg in den fünf größten Märkten Westeuropas (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien) im Jänner um 32 Prozent; im gesamten Vorjahr hatte das Wachstum bei 74 Prozent gelegen. Österreich liegt mit einem Plus von 34 Prozent marginal über dem Durchschnitt der Top 5.
Besonders stark abgebremst wurde die Wachstumsdynamik bei Plug-in-Hybriden: Deren Absatz kletterte im Jänner in den Top-5-Märkten nur noch um elf Prozent, während bei reinen Elektroautos ein Plus von 59 Prozent verzeichnet wurde. Ähnlich ist die Situation in Österreich, wo etwa 17 Prozent der Neuwagen Plug-Ins waren, 46 Prozent hingegen reine Elektroautos.
„Die Chipkrise trifft natürlich auch das ansonst stark wachsende E-Auto-Segment – immerhin werden für Elektroautos noch mehr Chips verbaut als in konventionellen Pkw“, beobachtet Preiss.
Der Marktanteil elektrifizierter Neuwagen stieg im Jänner im Vergleich zum Vorjahresmonat in den Top-5-Märkten von 12,8 auf 17,3 Prozent. Österreich legte ein vergleichbares Wachstum von 16,4 auf 20 Prozent hin. Damit lag er allerdings deutlich unter dem Dezember-Wert. Im Dezember hatten die Hersteller im Bemühen, die ambitionierten Emissionsziele zu erreichen, verstärkt Elektroautos in den Markt gedrückt, was zu einem Rekord-Marktanteil in den Top-5-Märkten und auch in Österreich von rund 25 Prozent führte.
Preiss rechnet trotz der Chipkrise mit einem weiteren Anstieg der Neuzulassungen in diesem Segment und mit einem weiter steigenden Marktanteil. „Die Nachfrage nach Elektroautos und Plug-in-Hybriden ist enorm gestiegen und wird weiter zulegen – dank hoher Förderungen und Prämien, Vorteilen beim Sachbezug aber auch der neuen Modelle mit immer ausgereifteren Technologien“, beobachtet Preiss. „Vor allem im Premium-Segment steigt die Reichweite und sinkt die Ladezeit. Die neuen Modelle sind durchwegs alltagstauglich – das Wachstum wird anhalten, wenn auch vorerst mit angezogener Handbremse.“