5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020
Drohne schwebt über einer Stadt

Steuerkontrollsystem – das Must-have für Unternehmen

Von Maria Linzner-Strasser

Partnerin, Global Compliance and Reporting, Steuerberatung | Österreich

Ihre Leidenschaft ist es, Kunden bei unterschiedlichsten Problemstellungen mit konstruktiven Lösungen zu unterstützen und sich immer neuen Herausforderungen zu stellen.

5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020

Steuerkontrollsysteme sind die Voraussetzung für eine begleitende Kontrolle - aber nicht nur.

Eine wesentliche Voraussetzung für den Wechsel von der herkömmlichen Ex-post-Betriebsprüfung zur begleitenden Kontrolle durch die Finanzverwaltung ist das Vorhandensein eines Steuerkontrollsystems (SKS). Ein solches hat aber darüber hinaus und unabhängig von der Durchführung der begleitenden Kontrolle eine eigenständige wesentliche Bedeutung.

Mit dem Jahressteuergesetz wurde das Pilotprojekt „Horizontal Monitoring“ in die „begleitende Kontrolle“ überführt. Neben der Erfüllung steuerlicher Zuverlässigkeitskriterien ist bereits bei der Antragstellung ein von einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer erstelltes Gutachten über ein eingerichtetes Steuerkontrollsystem vorzulegen. Dieses Gutachten ist alle drei Jahre zu erneuern. Das neue Konzept einer „Cooperative Tax Compliance“ verpflichtet teilnehmende Unternehmer somit zur Selbstkontrolle.

Ein Steuerkontrollsystem wird meist nicht isoliert eingeführt, sondern ist Teil eines umfassenden internen Kontrollsystems. Gerade die Schnittstelle zu und Abhängigkeit von Vorsystemen (z. B. Buchhaltung) zeigt die Notwendigkeit der umfassenden innerbetrieblichen Verankerung eines Steuerkontrollsystems.

Nach dem Jahressteuergesetz 2018 ist das für die begleitende Kontrolle erforderliche Steuerkontrollsystem mit folgendem Grundsatz definiert:

Das Steuerkontrollsystem umfasst die Summe aller Maßnahmen (Prozesse und Prozessschritte), die gewährleisten, dass

  • die Besteuerungsgrundlagen für die jeweilige Abgabenart in der richtigen Höheausgewiesen und
  • die darauf entfallenden Steuern termingerecht und in der richtigen Höhe abgeführt werden.

Es leitet sich aus der Analyse aller steuerrelevanten Risiken ab und wird an geänderte Rahmenbedingungen laufend angepasst. Die Risikoanalyse, die daraus folgenden Prozesse und Prozessschritte sowie die erforderlichen Kontrollmaßnahmen sind überprüfbar dokumentiert. Die Dokumentation wird laufend aktualisiert.

In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Prüfung des Steuerkontrollsystems (SKS-Prüfungsverordnung), die von 25.9.2018 bis 5.11.2018 begutachtet wurde und bei Redaktionsschluss noch nicht final veröffentlicht war, konkretisiert das Finanzministerium unter anderem die Systematik bei der Erstellung von Befund und Gutachten bei der Erstprüfung und bei der Folgeprüfung sowie die Ziele des Gutachtens und dessen erforderliche Mindestinhalte. Die Verordnung hat dabei einschlägige veröffentlichte deutschsprachige Standards über die Prüfung von betrieblichen Kontrollsystemen berücksichtigt (z. B. IDW-Prüfungsstandards).

Im Detail hängt die Ausgestaltung eines Steuerkontrollsystems natürlich von den individuellen Gegebenheiten eines Unternehmens/einer Unternehmensgruppe (wie Größe, Organisationsstruktur, Mitarbeiteranzahl, Anzahl von Tochtergesellschaften, Anzahl von Konzerngesellschaften und Betriebsstätten, Risikoprofil, Steuerstrategie etc.) ab.

Hinsichtlich der wesentlichen Komponenten eines Steuerkontrollsystems ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.    Kontrollumfeld

Die Finanzverwaltung erwartet vom Unternehmer und jenen Personen, die die obersten Leitungsaufgaben ausüben, ein Bekenntnis zur Steuerehrlichkeit sowie die Vorgabe von Verhaltensgrundsätzen. Dies bedingt auch die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen und beispielsweise die Einführung von Berechtigungen, Verantwortlichkeiten und Berichtsstrukturen, Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter.

2.     Beurteilung der steuerlichen Risiken

Mit einem Steuerkontrollsystem sollen die steuerlichen Risiken angemessen begrenzt werden. Eine Risikokontrollmatrix ist daher eine der wesentlichen Säulen eines Steuerkontrollsystems. Es sind sowohl Risiken aus der laufenden Geschäftstätigkeit als auch aus außerordentlichen Sachverhalten (Änderung von Geschäftsmodellen, Verrechnungspreisvereinbarungen, Änderungen von verwendeten Technologien) zu beurteilen. Die steuerlichen Risiken sind hinsichtlich ihres Gefahrenpotenzials in Bezug auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und die betraglichen Auswirkungen zu bewerten. Eine Dokumentation der steuerrelevanten Prozesse ist ein weiteres Kernstück eines Steuerkontrollsystems.

3.     Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen

Es sind jene Regelwerke zu definieren, die auf die Ziele des Steuerkontrollsystems ausgerichtet sind und die auf der Beurteilung der steuerlichen Risiken beruhen. Diese Maßnahmen haben entweder präventiven (fehlervermeidenden) oder detektiven (fehleraufdeckenden) Charakter.

Ein Steuerkontrollsystem erfordert weiters laufende Informations- und Kommunikationsmaßnahmen, Sanktions- und Präventionsmaßnahmen sowie eine institutionalisierte regelmäßige Überwachung und Verbesserung.

4.     Prüfung des Steuerkontrollsystems

Im Rahmen der Konzeptionsprüfung ist zu beurteilen, ob die Analyse aller steuerrelevanten Risiken, die daraus folgenden Prozesse und Prozessschritte sowie die erforderlichen Kontrollmaßnahmen sachgerecht, vollständig und überprüfbar durchgeführt wurden und dokumentiert sind, ob das Steuerkontrollsystem angemessen dargestellt wurde und ob es grundsätzlich geeignet ist, die gesetzlichen Ziele zu erreichen.

Gegenstand der Umsetzungsprüfung ist die Beurteilung der tatsächlichen Implementierung der Maßnahmen, weiters ob das SKS an die Rahmenbedingungen angepasst und die Risikokontrollmatrix regelmäßig aktualisiert wird. Im Rahmen der Folgeprüfung vor Ablauf von drei Jahren steht dann erstmals auch die Wirksamkeit des Steuerkontrollsystems im Fokus. Die Verordnung legt weiters den Mindestinhalt des Gutachtens für einen einzelnen Unternehmer sowie einen Kontrollverbund fest.

Darüber hinausgehende Themen, wie berufsrechtliche Fragen zur Unabhängigkeit des Gutachters, Details zur Erstellung des Gutachtens sowie Haftungsfragen, sind nicht Gegenstand der Verordnung, sondern werden in einem (auszuarbeitenden) Fachgutachten einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer behandelt werden.

Ein Steuerkontrollsystem lohnt sich

Auch wenn hinsichtlich einer Entscheidung über einen Wechsel in die begleitende Kontrolle in vielen Unternehmen noch abgewartet wird und zunächst individuell das Für und Wider evaluiert wird, lohnt es sich, jetzt über die Einführung eines Steuerkontrollsystems nachzudenken, da dieses auch unabhängig von einer begleitenden Kontrolle wesentliche Bedeutung gewinnen wird.

Ein Steuerkontrollsystem stellt beispielsweise in finanzstrafrechtlicher Hinsicht ein Instrument zur Prävention dar. So kann ein Tax-Compliance-Managementsystem nach einem Anwendungserlass der deutschen Finanzverwaltung vom 23.5.2016 ein Indiz sein, das gegen das Vorliegen eines finanzstrafrechtlich relevanten Tatbestandes sprechen und damit die entscheidende rettende Brücke zwischen der einfachen Korrektur einer Steuererklärung und einem Selbstanzeigeerfordernis bilden kann.

Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens wurde seitens unseres Berufsstandes angeregt, eine vergleichbare Regelung zu überlegen und für Unternehmen, die auch außerhalb einer begleitenden Kontrolle ein Steuerkontrollsystem implementieren und begutachten lassen, Verwaltungsvereinfachungen vorzusehen. Es ist weiters damit zu rechnen, dass ein Steuerkontrollsystem bei künftigen Betriebsprüfungen eine wichtige Rolle in Hinblick auf Erwartungshaltung, Prüfungsplanung und -abwicklung spielen wird. Schlussendlich wird ein Steuerkontrollsystem wesentlich zur Steigerung von Qualität und Effizienz, der Standardisierung von Abläufen und der Minimierung von Risiken bei wesentlichen Prozessen dienen.

Im Zuge der Einführung eines Steuerkontrollsystems wird sich auch die Frage nach der Nutzung unterstützender Technologien und systemseitiger Kontrollen stellen. EY unterstützt dabei gerne mit einer Reihe von digitalen Lösungen sowie einer entsprechenden Beratung bei der Einführung und bei der Umsetzung von Kontrollen in den Unternehmen. Neben der Erstellung der Risikokontrollmatrizen mithilfe des EY Tax Risk Center kann die Durchführung der Kontrollen und die Dokumentation der steuerrelevanten Prozesse mit dem Tax Intelligence Center strukturiert und effizient unterstützt werden. Weitere Beispiele finden Sie nachstehend. 

Fazit

Steuerkontrollsysteme gewinnen zunehmend an Bedeutung. Eine Implementierung in Ihrem Unternehmen kann zur begleitenden Kontrolle dienen und zur Prävention beitragen. Auch Sie und Ihr Unternehmen können von den Vorteilen profitieren.

Über diesen Artikel

Von Maria Linzner-Strasser

Partnerin, Global Compliance and Reporting, Steuerberatung | Österreich

Ihre Leidenschaft ist es, Kunden bei unterschiedlichsten Problemstellungen mit konstruktiven Lösungen zu unterstützen und sich immer neuen Herausforderungen zu stellen.