5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020
Bitcoin Münze

Wie werden Investments in Kryptowährungen besteuert?

Autoren
Christian Massoner

Director, Steuerberatung | Österreich

Steuerberater und Universitätslektor. Beschäftigt sich mit Konzernsteuerfragen, Umstrukturierungen und M&A-Transaktionen. Mag Hunde, Tauchen und eSport.

EY Österreich

Wegbereiter des Wandels

5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020

Kryptowährungen sind besonders volatil. Die resultierenden Gewinne geraten nun verstärkt in den Fokus des österreichischen Finanzamts.

Investments in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Ripple sind in den letzten Jahren erheblichen Kursschwanken im teilweise vierstelligen Prozentbereich unterlegen. Anleger haben zum Teil erhebliche Wertzuwächse vereinnahmt oder auch große Verluste erlitten. Besonders die zum Teil erzielten Gewinne geraten nun verstärkt in den Fokus des österreichischen Finanzamts, da sie in vielen Fällen steuerpflichtig sind.

Was sind Kryptowährungen?

Kryptowährungen sind vereinfacht gesagt digitale Zahlungsmittel, wobei sie aus rechtlicher Sicht keine Währung oder gesetzliche Zahlungsmittel darstellen. Kryptowährungen sind dezentral aufgebaut und werden beispielsweise nicht von einer Instanz wie einer Notenbank kontrolliert. Viele Kryptowährungen werden mithilfe der sogenannten Blockchain-Technologie mittels „Mining“ von einer über die ganze Welt verstreuten digitalen Gemeinschaft erschaffen. Die Blockchain ist eine kontinuierlich erweiterbare Liste von Datensätzen („Blöcke“), die mittels kryptografischer Verfahren miteinander verkettet sind. Jeder Block enthält typischerweise einen kryptografisch sicheren Hash (Streuwert) des vorhergehenden Blocks, einen Zeitstempel und Transaktionsdaten.

Kauf und Verkauf von Coins

Das österreichische Bundesministerium für Finanzen (BMF) stuft Kryptowährungen als sonstige unkörperliche und nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter ein. Kryptowährungen wie Bitcoins werden somit aus ertragsteuerlicher Sicht in Österreich nicht als Währung oder Zahlungsmittel anerkannt. Sie unterliegen (in der Regel) auch nicht dem Steuerregime für Kapitalanlagen wie etwa Aktien oder Anleihen.

Der häufigste Fall in der Praxis ist der Kauf und Verkauf von Kryptowährungen (Coins) im Privatvermögen. Die dabei erzielten Kursgewinne sind Einkünfte aus Spekulationsgeschäften. Diese sind nur dann steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung des Wirtschaftsguts und dessen Veräußerung (oder sonstigen Abschichtung) nicht mehr als ein Jahr beträgt; danach wird die Veräußerung nicht mehr besteuert. Die innerhalb der Jahresfrist erzielten Spekulationseinkünfte unterliegen hingegen dem progressiven Steuertarif von bis zu 55 Prozent.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Kryptowährung nicht mittels Geld, sondern mittels einer anderen Kryptowährung angeschafft wird. Die österreichische Finanzverwaltung betrachtet den Handel zwischen Kryptowährungen als Realisationsvorgang (Tausch). Beim Tausch von Wirtschaftsgütern liegen nämlich eine Anschaffung des einen Wirtschaftsguts (der gekauften Kryptowährung) und eine Veräußerung des anderen Wirtschaftsguts (jener Kryptowährung, die als „Zahlungsmittel“ verwendet wurde) vor. Es wird eine Veräußerung der eingetauschten Coins zum Marktwert unterstellt, was zur Besteuerung der bis dato erzielten Kursgewinne der Coins führt, obwohl der Anleger diese nicht endgültig erzielt hat.

Anleger halten regelmäßig Kryptowährungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und zu vielen unterschiedlichen Tageskursen angeschafft wurden. Im Fall einer Realisation ist dann für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts und für die Höhe möglicher Gewinne entscheidend, welche „Tranche“ der Coins gerade verkauft wird. Das BMF erlaubt, dass der Steuerpflichtige eine beliebige Zuordnung vornimmt, wenn der Bestand der jeweiligen Coins hinsichtlich Anschaffungszeitpunkt und Anschaffungskosten lückenlos dokumentiert ist. Ist dies nicht der Fall, sind die jeweils ältesten Tranchen als zuerst verkauft anzusehen (First-in-first-out-Prinzip).

Ausnahmsweise kann eine Kryptowährung auch ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 27 Abs. 3 EStG — also Kapitalvermögen — darstellen, wenn eine zinstragende Veranlagung der Kryptowährung vorliegt. In diesem Fall gelten die gewöhnlichen Vorschriften für Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Abgeleitete Veranlagungen, etwa in (alternative) Investmentfonds oder Derivate mit einem Bezug zu Kryptowährungen, unterliegen dem Besteuerungsregime der jeweiligen Anlageklasse.

Im Betriebsvermögen angeschaffte bzw. gehaltene Kryptowährungen (ebenso wie durch Kapitalgesellschaften erworbene) unterliegen nicht der privaten Spekulationsbesteuerung. Sie sind wie jedes andere betriebliche Wirtschaftsgut in der Regel in der Bilanz zu aktivieren, zum  Bilanzstichtag nach den geltenden Vorschriften zu bewerten, und die im Falle der Veräußerung (oder sonstigen Abschichtung) entstandenen Gewinne sind entsprechend zu versteuern.

Privates Mining

Technisch war das private Mining mithilfe eigener stationärer Rechnerleistung nur in den Anfangszeiten der Blockchain für erfahrene User interessant. Heute hingegen bewerben internationale Anbieter die Anmietung von Rechnerkapazitäten auf ihren im Ausland gelegenen Rechnerfarmen mit günstigen Strompreisen.

Die österreichische Finanzverwaltung stuft das Mining generell als betriebliche Tätigkeit ein. Die Erzeugung von Kryptowährungen durch Mining soll somit nicht anders behandelt werden als die Herstellung sonstiger Wirtschaftsgüter im Rahmen eines Betriebs. Folglich wird beim Mining generell von Einkünften aus einer betrieblichen Tätigkeit (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) ausgegangen, die dem progressiven Steuersatz von bis zu 55 Prozent unterliegen. Die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, privates Mining sei ein Glücksspiel, das der Glücksspielabgabe unterliege und somit überhaupt nicht einkommensteuerpflichtig sei, entspricht nicht der aktuellen Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung.

Initial Coin Offerings (ICOs)

Der Begriff „ICO“ bezeichnet in Anlehnung an einen Börsengang (Initial Public Offering [IPO]) die Schaffung und Ausgabe virtueller Coins (auch Tokens genannt) durch einen Emittenten, in der Regel gegen Bezahlung mit einer bereits etablierten Kryptowährung. Dabei kommt es in der Praxis zu den unterschiedlichsten Ausgestaltungen der Tokens durch die Emittenten, etwa als Eigen- oder Fremdkapital oder auch als Gutscheine für den späteren Bezug von Waren oder Dienstleistungen. Die steuerlichen Auswirkungen für den Investor hängen von der konkreten Strukturierung des jeweiligen ICO ab.

Bei einem Investor, der im Rahmen eines ICO in Tokens investiert, wird generell ein Anschaffungsvorgang vorliegen. Zu ertragsteuerlich relevanten Einkünften kommt es in weiterer Folge, wenn die Tokens verkauft werden (bei im Privatvermögen erworbenen Tokens innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist). Erwirbt der Investor im Rahmen des ICO hingegen Gutscheine, so sollte bei deren Verwendung in der Regel kein ertragsteuerlich relevanter Tatbestand mehr vorliegen.

Kauf von Gütern oder Dienstleistungen mit Kryptowährungen

Einige Unternehmen akzeptieren mittlerweile auch Kryptowährungen als Zahlungsmittel von ihren Kunden. Sofern mit Kryptowährungen andere Güter oder Dienstleistungen angeschafft werden, handelt es sich ebenfalls um einen Tausch von Wirtschaftsgütern, der im Betriebsvermögen unbegrenzt und im Privatvermögen innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist eine steuerpflichtige Veräußerung der Kryptowährung darstellt.

Verlustverwertung

Aufgrund des Verfalls der Kurse vieler Kryptowährungen in letzter Zeit ist die Frage nach der steuerlichen Verwertung von Verlusten für viele Anleger besonders relevant. Im Privatvermögen gelten strenge Einschränkungen für die Verwertung von Verlusten aus Kryptowährungen, denn diese können nur unterjährig mit Gewinnen aus anderen Spekulationsgeschäften ausgeglichen werden. Führen Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, kann dieser nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen (und auch nicht in zukünftige Jahre vorgetragen) werden. Im seltenen Fall der Einstufung zinstragender Kryptowährungen als Kapitalvermögen gelten für allfällige Verluste aus der Veräußerung derartiger Coins Sonderregelungen, da solche Verluste mit bestimmten Einkünften aus Kapitalvermögen — insbesondere Dividenden und Veräußerungsgewinnen — ausgeglichen werden können. Für im Betriebsvermögen gehaltene Kryptowährungen besteht hingegen eine generelle Verlustausgleichsmöglichkeit.

Fazit

Bei der Besteuerung von Kryptowährungen steckt der Teufel im Detail. Nicht nur tatsächlich erzielte Gewinne aus dem Verkauf von Kryptowährungen sondern auch „Scheingewinne“, wie sie etwa aus dem Handel zwischen Kryptowährungen entstehen, können Steuern auslösen. Anleger sollten daher ein besonderes Augenmerk auf die steuerlichen Konsequenzen aus dem Handel mit Bitcoins & Co legen.

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Christian Massoner

Director, Steuerberatung | Österreich

Steuerberater und Universitätslektor. Beschäftigt sich mit Konzernsteuerfragen, Umstrukturierungen und M&A-Transaktionen. Mag Hunde, Tauchen und eSport.

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