5 Minuten Lesezeit 8 September 2020
A woman suffering from misconduct

Sexuelle Belästigung, Rassismus und Mobbing am Arbeitsplatz – was tun?

5 Minuten Lesezeit 8 September 2020

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Eine gezielte und rasche Aufklärung solcher Vorwürfe ist enorm wichtig, stellt Unternehmen jedoch vor Herausforderungen.

Fehlverhalten am Arbeitsplatz gibt es schon lange, hat allerdings in den vergangenen Jahren unter anderem aufgrund globaler Bewegungen und der Breitenwirkung von Sozialen Medien stark an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2017 haben die Enthüllungen rund um Harvey Weinstein zur #metoo-Debatte geführt, bei der zahlreiche Frauen über sexuelle Belästigung und Missbrauch berichteten. Eine Vielzahl dieser Fälle spielte sich am Arbeitsplatz ab.

Klimaindex 2018 der Arbeiterkammer Oberösterreich

56 %

aller Arbeitnehmerinnen gaben an, am Arbeitsplatz bereits sexuell belästigt worden zu sein.

In der jüngsten Vergangenheit hat die Ermordung von George Floyd im Mai 2020 weltweit für Bestürzung gesorgt und intensive Diskussionen um Rassismus und Diskriminierung entfacht. Auch das ging mit einer Sensibilisierung in der Bevölkerung einher: Der österreichische Verein ZARA (kurz für „Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit“), bei welchem rassistische Vorfälle anonym gemeldet werden können, hat im Juli 2020 einen Höchststand an Meldungen verzeichnet. Die mediale Berichterstattung rund um #blacklivesmatter hat zu einem verstärkten Bewusstsein in der Gesellschaft geführt und Betroffene dazu ermutigt, Fälle zu melden.

Daneben wurden Arbeitgeber in den letzten Jahren auch vermehrt mit individuellen Vorfällen wie zum Beispiel Fehlverhalten auf Social Media, Alkoholmissbrauch oder Konsum pornographischer Inhalte konfrontiert.

Die Relevanz interner Meldeprozesse

Unternehmen müssen damit rechnen, dass derartige Vorfälle künftig vermehrt sichtbar werden. Betroffene stehen dabei vor der grundlegenden Entscheidung, die Angelegenheit extern oder intern zu melden. Um den Schritt zu einer externen Meldestelle zu vermeiden, müssen Unternehmen das entsprechende Vertrauen in unternehmensinterne Prozesse schaffen: einerseits durch die Einrichtung von vertraulichen, internen Meldekanälen und andererseits durch die nachgelagerte, professionelle Bearbeitung von gemeldeten Vorfällen. Eine interne Meldung ist in jedem Fall als Chance zu sehen, rasch und diskret die Aufklärung anstoßen zu können.

Auch aufgrund gesetzlicher Entwicklungen ist in den nächsten Jahren mit einem Anstieg von gemeldeten Vorfällen zu rechnen. Die EU Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Whistleblowern sieht vor, dass Unternehmen ab 250 bzw. 50 Beschäftigten bis Dezember 2021 bzw. 2023 interne Meldewege (Whistleblowing Kanäle) einrichten und eingehende Meldungen mit der entsprechenden Fachexpertise aufarbeiten müssen. Die Richtlinie bezieht sich dabei zwar nur auf Verstöße gegen das Unionsrecht, die Mitgliedsstaaten können jedoch auch weitere Rechtsmaterien bei der Umsetzung in nationales Rechtaufnehmen. Zudem steht es Unternehmen selbstverständlich immer frei, zusätzliche Themenkomplexe über die zu errichtenden Meldekanäle entgegenzunehmen. In jedem Fall gilt, dass die Implementierung von neuen Meldewegen erfahrungsgemäß mit einer erhöhten Anzahl von Meldungen einhergeht.

Arbeitgeber müssen rasch auf Vorwürfe reagieren

Wenden sich Betroffene vertrauensvoll an eine unternehmensinterne Stelle, gilt es schnell zu handeln. Ein wesentlicher Grund dafür ist die allgemeine Fürsorgepflicht, die Arbeitgeber für ihre Beschäftigten trifft. Reagiert der Arbeitgeber nicht durch geeignete Maßnahmen auf den Vorwurf, können Betroffene berechtigt vorzeitig austreten und verschiedene Ansprüche wie beispielsweise Kündigungsentschädigungen geltend machen. Bei bestimmten Fallgruppen zum Beispiel Diskriminierung können zudem Schadenersatzansprüche aus dem Gleichbehandlungsgesetz resultieren. Darüber hinaus muss schnellstmöglich evaluiert werden, ob ein Entlassungsgrund vorliegt, damit eine Kündigung allenfalls fristgerecht ausgesprochen werden kann. Insbesondere bei Vorfällen wie Diskriminierung, Belästigung und Mobbing sollten zudem die weitreichenden physischen und psychischen Folgen der Betroffenen nicht außer Acht gelassen werden: Diese schlagen sich in vermehrten Krankenständen, geringerer Arbeitsleistung und Austritt aus den Unternehmen nieder.

Wenden sich Betroffene vertrauensvoll an eine unternehmensinterne Stelle, gilt es schnell zu handeln. Ein wesentlicher Grund dafür ist die allgemeine Fürsorgepflicht, die Arbeitgeber für ihre Beschäftigten trifft.

Risiken bei der internen Aufklärung – der Mehrwert einer externen Aufklärung

Unternehmen sind allerdings oft aufgrund von fehlender Erfahrung sowie mangelnden Ressourcen nicht darauf vorbereitet, angemessen auf Vorwürfe zu reagieren und geeignete Maßnahmen zur Aufklärung zu ergreifen.

Dies birgt viele Risiken:

  • Verlust von Beweisen
  • Beweise sind nicht gerichtlich verwertbar
  • Überschreitung von arbeitsrechtlichen Fristen, zum Beispiel bei Entlassungen
  • Unsicherheiten im Umgang mit Datenschutz
  • Schadenersatzansprüche von Betroffenen
  • Anschein der fehlenden Unabhängigkeit und Subjektivität

Eine externe Aufklärung adressiert diese Risiken und bietet somit wesentliche Vorteile gegenüber einer unternehmensinternen Aufarbeitung. An erster Stelle steht die Unabhängigkeit und Objektivität, die insbesondere bei sensiblen Themenkomplexen unabdingbar ist. Dies ist unternehmensintern häufig nicht einfach möglich, da mit der Aufklärung betraute Personen oftmals die involvierten MitarbeiterInnen persönlich kennen. Dadurch ergibt sich die Gefahr einer subjektiven Evaluierung der Ereignisse sowie der Anschein einer Befangenheit. Bei Vorfällen innerhalb von Autoritätsverhältnissen entsteht bei Betroffenen zudem oft der Eindruck, dass Personen der oberen Hierarchieebenen geschützt werden.

EY Forensic & Integrity Services verfügt über umfassende Expertise bei der Aufklärung von verschiedensten Sachverhalten und unterstützt unabhängig, rasch und diskret. Dadurch werden gesetzliche Verpflichtungen und arbeitsrechtliche Entlassungsfristen eingehalten. Dies wirkt unternehmensinternen Gerüchten entgegen und wendet Schaden vom Unternehmen ab.  

Wir setzen ein je nach Vorwurf maßgeschneidertes, interdisziplinäres Team ein, welches mit folgenden Leistungen unterstützt:

Interviewführung: Wir führen Gespräche mit den involvierten Personen, um den Sachverhalt zu erfassen. Dabei liegt der Fokus auf einer sensiblen und objektiven Herangehensweise.

eDiscovery und Dokumentenreview: Daten können wertvolle Hinweise für die Aufklärung enthalten. Wir sichern diese nach forensischen Grundsätzen, die eine Gerichtsverwertbarkeit gewährleisten, und führen einen strukturierten Review durch. Ansatzpunkt ist dabei immer der konkrete Vorwurf: Potenzielle Ungleichbehandlungen können beispielsweise oftmals durch vergleichende Analysen bewertet werden.

Arbeitsrechtliche Begleitung: In vielen Fällen kann Fehlverhalten am Arbeitsplatz arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wir evaluieren in Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mögliche Konsequenzen und beraten bei der weiteren Vorgehensweise.

Fazit

Fehlverhalten am Arbeitsplatz ist ein weit verbreitetes und vielschichtiges Problem. Arbeitgeber müssen solche Vorwürfe rasch und gezielt aufklären, um ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen, Betroffene zu schützen und Schäden vom Unternehmen abzuwenden.