CFOs befinden sich in einer einzigartigen Position: Sie sind diejenigen, die KI in ihrem Unternehmen etablieren können.
Kundendaten und Predictive Pricing
In vielen Firmen trägt der CFO die Verantwortung für die Datenebene, die aus den Bereichen mit Kundenkontakt gespeist wird. Darin finden sich beispielsweise Forderungen, die die Vertriebsabteilung weiterreicht, oder Preiskalkulationen der Ladengeschäfte. In der Welt des E-Commerce hat der CFO dadurch eine Schlüsselstellung inne, die datenbasierte Vorhersagen mit Kundenverhalten verknüpfen kann.
Ein Team des CFO untersucht gemeinsam mit Datenanalysten, wie Preisverhalten und Forderungen miteinander korrespondieren. Es ergänzt die Erkenntnisse mit Daten aus Transaktionen, dazu gehören beispielsweise Produkttyp, Zahlungsmethode und demografische Angaben über den Kunden. Aus reiner Experimentierfreude fließen zudem Daten zu äußeren Faktoren wie Wetter und Lage des Verkaufsstandortes mit ein.
Das Ergebnis: Das Unternehmen kann den optimalen Preis für eine 18- bis 24-jährige Kundin kalkulieren, die bei schlechtem Wetter auf Kreditkarte Weihnachtsgeschenke einkauft.
Schon seit langem werden solche Systeme genutzt, um uns Filme oder Videos zu empfehlen, basierend auf dem Inhalt, den wir in der Vergangenheit angeschaut haben.
Denselben Ansatz können CFOs nutzen, um Lagerbestände zu optimieren und so Abschreibungen und Kapitalverlust zu vermeiden.
Präziser als der Buchwert
Eine der größten Herausforderungen für CFOs ist die Bewertung von Assets. Ob es um die Übernahme von Firmen mit einem großen Bestand an Assets geht oder um die Berechnung der Steuerlast für bestehende Assets: Unsicherheiten können für das Firmenkonto ein Plus oder ein Minus in Millionenhöhe bedeuten.
Die effizienteste Methode, um Werte zu ermitteln, ist, eine große Zahl ähnlicher Transaktionen zu vergleichen. Dabei kann KI helfen.
CFOs und Wertermittlungsexperten aus dem Immobilienbereich können KI nutzen, um mit Tausenden von Variablen Vorhersagemodelle für die Bewertung von Gebäuden zu entwickeln, beispielsweise Miethöhe, Quadratmeter oder auch Arbeitslosenquote und Qualität der Schulen in der Umgebung. Die so ermittelten Zahlen helfen bei Käufen und Verkäufen. Sie nutzen nicht nur Immobilienfirmen, sondern auch Käufern, Verkäufern und Vermietern.
Forderungsausfälle vorhersagen und managen
Nach Angaben der US-Steuerbehörden1 verzeichnen US-Firmen im Schnitt Forderungsausfälle in Höhe von 0,5 % ihres Umsatzes. 2018 summierte sich dies auf 100 Milliarden US-Dollar; das wiederum senkte die Gewinnmargen um bis zu 5 %.2
Künstliche Intelligenz befähigt CFOs zu prognostizieren, ob Kunden pünktlich, verspätet oder überhaupt nicht zahlen werden. Durch die Analyse unterschiedlicher B2B-Daten der Kunden lässt sich prognostizieren, wie wahrscheinlich es ist, ob ein Unternehmen seine Rechnungen bezahlen wird – und ob ihm ein Kredit gewährt werden sollte. Dazu gehören beispielsweise Branchenzugehörigkeit, Bonität, erworbene Produkte und Angaben zu den Vertriebsmitarbeitern. Gleichzeitig hilft das Identifizieren potenzieller Nichtzahler bei der Qualifizierung von Kunden und der Genehmigung von Kreditwünschen.
Forderungsausfälle
100 Milliarden USDSo viel kosteten Forderungsausfälle amerikanische Firmen im Jahr 2018.
Unterschlagung und Ausgabenbetrug
Interne Betrugsfälle sind extrem schwer aufzudecken, vorherzusagen und zu handhaben. Sie treten nur episodisch auf – und hinterlassen keine eindeutigen Spuren in den Büchern. Oft werden nur kleine Beträge abgezweigt, deren Fehlen nicht auffällt. Und manchmal manipulieren die Täter sogar Dokumente, um nicht entdeckt zu werden.
Ausgabenbetrug allein schädigt US-Unternehmen jedes Jahr um geschätzte 1,8 Milliarden US-Dollar.3 Weil solche Fälle erhebliche juristische, steuerliche und finanzielle Auswirkungen haben können, müssen sich CFOs mit diesem Thema beschäftigen und werden dadurch von strategischen Aufgaben abgehalten.
Dies ist ein perfektes Einsatzgebiet für KI. Sie erkennt verdächtige Ausgabeposten. Sie untersucht Ausgaben und Verhalten der Mitarbeiter unter verschiedenen Szenarien. Darüber hinaus lassen sich durch maschinelles Lernen Verhaltensmuster von Mitarbeitern, die falsche oder zu hohe Beträge abrechnen, erkennen und prognostizieren. So können CFOs mögliche Betrugsfälle prognostizieren und verhindern.
Ausgabenbetrug
1,8 Milliarden USDGeschätzter jährlicher Schaden für US-Unternehmen durch Ausgabenbetrug
Wie künstliche Intelligenz Geldwäsche aufdeckt
Geldwäsche ist ein schweres Vergehen, das harte Sanktionen von Aufsichtsbehörden zur Folge haben kann. Daher haben viele Banken Alarmmeldesysteme installiert, die auf bekannten Missbrauchsmustern basieren. Viele davon sind gesetzlich vorgeschrieben. Doch oft lösen sie eine Flut von Alarmmeldungen aus, die ganze CFO-Teams mit Arbeit eindecken.
Künstliche Intelligenz kann Computern beibringen, verdächtiges Verhalten zu erkennen und Alarmmeldungen in hohe, mittlere und niedrige Risiken zu kategorisieren. So lassen sich viele Alarmmeldungen automatisch klären. Das lässt den Teammitgliedern Zeit, sich auf die wenigen Fälle zu konzentrieren, bei denen höchstwahrscheinlich tatsächlich kriminelles Verhalten vorliegt.
Weniger monotone Tätigkeiten
In kaum einem Bereich gibt es so viele wiederkehrende Routineaufgaben wie in Finanzabteilungen: Rechnungen ausstellen, Außenstände einfordern, Zahlungsanweisungen protokollieren. All diese Tätigkeiten sind kostenintensiv, wenig profitabel für das Unternehmen und wenig attraktiv für die Mitarbeiter.
Künstliche Intelligenz und robotergestützte Automatisation können die traditionellen Arbeitsabläufe von Finanzabteilungen von Grund auf verändern. Roboter können Transaktionen beschleunigen, während künstliche Intelligenz Daten für die Entscheider aufspürt: Wie können wir Forderungen schneller abwickeln? In welche Bereiche sollten wir investieren? Welche Auswirkungen brächte eine Preisreduzierung?
CFOs nutzen zunehmend künstliche Intelligenz, um Änderungen von regulatorischen Vorschriften umzusetzen. So sparen beispielsweise viele Konzerne beim Prüfen von Leasingverträgen eine bedeutsame Menge an Arbeitsstunden ein, indem sie dafür maschinelle Sprachverarbeitung einsetzen. Ohne diese Technologie wäre dies eine extrem zeitaufwendige Aufgabe.
CFOs und die Macht der Vorhersage
Traditionell bestand die Aufgabe von Finanzabteilungen darin, die Vergangenheit zu bewerten. Sie verbuchten Umsätze, prüften Kosten oder überwachten das Einhalten von Compliance-Vorschriften. Künstliche Intelligenz ändert das. Künftig besteht die Aufgabe von CFOs darin, mithilfe von Daten Vorhersagen über die Zukunft zu treffen. Jetzt sind Finanzabteilungen in der Lage vorherzusagen, wie Mitbewerber oder Kunden reagieren und an welchen Stellen Risiken entstehen werden.
Die neue Rolle im Unternehmen geht weit über die eines digitalen Wahrsagers heraus: CFOs und ihre Teams haben künftig eine strategische Schlüsselstellung inne. CFOs, die die Chancen nutzen, die künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen bieten, verändern nicht nur das Unternehmen, sondern auch den Aufgabenbereich, die Verantwortlichkeiten und den Einfluss ihrer Position.
Eine gekürzte Version dieses Artikels wurde bereits im CFO Magazine veröffentlicht.
Fazit
Künstliche Intelligenz ist für CFOs einer von vielen Aspekten auf ihrem Weg in Richtung „Finance 4.0“. In Kombination mit anderen Technologien wie intelligenter Automatisierung oder Blockchains ermöglicht sie es Finanzabteilungen, fundiertere Entscheidungen zu treffen als jemals zuvor.