4 Minuten Lesezeit 1 Mai 2017
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ESG-Information: Warum Investoren nicht das bekommen, was sie brauchen

Global agierende Unternehmen enttäuschen viele Investoren mit ihren offengelegten Informationen zu Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung.

Die Ergebnisse der neuen EY-Untersuchung zeigen deutlich einen weltweiten Trend: Investoren interessieren sich vermehrt für nichtfinanzielle Informationen. Aber erhalten sie zu den Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) auch die Informationen, die sie benötigen?

Auf der UN-Klimakonferenz in Paris wurde 2015 ein globales Abkommen beschlossen und von 194 Nationen unterschrieben. Es handelt sich um eines der bekanntesten Ereignisse, das ESG-Themen an die Spitze der globalen Agenda befördert hat. Die dritte EY-Umfrage unter institutionellen Investoren untersuchte, wie diese über den Nutzen nichtfinanzieller Informationen denken. Ergebnis: Aussagekräftige ESG-Analysen werden immer wichtiger. Es wurden weltweit 320 Entscheidungsträger von Institutionen auf Käuferseite befragt; ein Drittel von ihnen managt Vermögenswerte von mehr als 10 Milliarden US-Dollar. Die Untersuchung brachte auch zutage, dass die Teilnehmer von der Offenlegung von ESG-Informationen seitens der Unternehmen enttäuscht sind:

60 Prozent der Befragten vermuten, dass ESG-Risiken nicht offengelegt werden, wenn diese Auswirkungen für das Unternehmen haben könnten. Die Befragten wünschen sich jedoch, dass über diese Themen offener kommuniziert würde.

Im Vergleich zur vorangegangenen Studie ist das ein Anstieg von 21  Prozentpunkten.

Die Tatsache, dass die Erwartungen der Investoren in diesem Bereich nicht erfüllt werden, ist beunruhigend – denn wie die neue Studie zeigt, ist das Interesse an ESG-Themen hoch.

Investoren, die der Bedeutung von nichtfinanziellen Faktoren weiterhin skeptisch gegenüberstehen, tendieren dazu, die kausale Beziehung zwischen der ESG-Leistung eines Unternehmens und seiner finanziellen Leistung nicht zu berücksichtigen. Dabei ist allgemein bekannt, dass daraus ernste Reputations- und Umweltrisiken entstehen können und werden –und dass diese unter dem Strich sehr große Auswirkungen haben können. Investoren, die ESG-Faktoren in ihrer Analyse berücksichtigen, weisen auf das geringere Investitionsrisiko und die langfristigen Vorzüge einer Investition in Unternehmen hin, die ESG-Faktoren einbinden.

Was motiviert Unternehmen dazu, nichtfinanzielle Informationen offenzulegen?

Anleger fordern, dass mehr Unternehmen detaillierter über ihre ESG-Aktivitäten berichten. Aber was motiviert sie dazu, diese Details zu kommunizieren? Laut der befragten Investoren ist der größte Motivationsfaktor für die meisten Unternehmen, dass sie durch eine Offenlegung ihre Reputation bei Kunden verbessern können. Zweitstärkster Faktor ist die Einhaltung von regulatorischen Anforderungen. Dem Anliegen von Investoren nachzugeben sowie der Anreiz, die Aktienbewertung zu steigern, spielen ebenfalls eine Rolle, jedoch eine wesentlich geringere.

Einer der wichtigsten Vorzüge von ESG-Analysen für Anleger ist die Risikovermeidung und Risikoeinschätzung.

Investoren verlangen mehr von den ESG-Berichten der Unternehmen

Die befragten Anleger gaben an, dass sie bei der Entscheidungsfindung auf die jährlichen Geschäftsberichte von Unternehmen zurückgreifen – die für sie nützlichste Quelle für nichtfinanzielle Informationen:

  • 31  Prozent der Befragten sagten, der Jahresbericht sei essentiell für ihre Investitionsentscheidungen; 32 Prozent sagten, er wäre dafür sehr nützlich;
  • 18  Prozent gaben an, ein integrierter Bericht sei essentiell; 39 Prozent hielten ihn für sehr nützlich.

Mit 44  Prozent sahen weniger als die Hälfte der Befragten die Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen als „sehr nützlich“ oder „essentiell“ an. Diese Antworten werfen Fragen auf: Sind den Investoren die Nachhaltigkeitsberichte zu kuratiert und zu lösungsorientiert? Die Ergebnisse eines solchen Berichts sollen keine Lorbeeren, sondern für das Unternehmen durchaus etwas unbequem sein – das liegt in der Natur der Sache. Es wäre ein Leichtes, hauptsächlich Lobeshymnen zu schreiben. Das würde jedoch die langfristige Glaubwürdigkeit des Unternehmens in Frage stellen.

Der Reiz von ESG-Analysen im Risikomanagement

Einer der wichtigsten Vorzüge von ESG-Analysen für Anleger ist die Risikovermeidung und Risikoeinschätzung. Wir haben in unserer Studie gefragt, ob bestimmte Informationen Einfluss auf den Investitionsplan hätten. 39 Prozent der Befragten gaben an, dass das Risiko einer schlechten Unternehmensführung bzw. eine schlechte Unternehmensführung in der Vergangenheit sie dazu zwingen würde, eine mögliche Investition sofort ad acta zu legen. 32 Prozent sagten, sie würden das Gleiche tun, wenn die Menschenrechte nicht beachtet würden. Für 20 Prozent bedeuten begrenzte Datennachweise oder fehlende Belege für Behauptungen das Investitions-Aus. Der wichtigste Grund dafür, eine mögliche Investition zu überdenken, ist für 76 Prozent der Befragten eine schwache Leistung in Umweltfragen oder das Risiko hierfür. Dicht darauf folgen Risiken durch Ressourcenknappheit (75 Prozent) und Klimawandel (71 Prozent).

Ein Ergebnis der Studie ist außerdem, dass Investoren der Aufsicht des Vorstands und des Prüfungsausschusses sehr positiv gegenüberstehen, gelten sie doch typischerweise als Indiz für gute Unternehmensführung und gutes Risikomanagement. Sowohl die obligatorische Vorstandsaufsicht als auch die Kontrolle des Prüfungsausschusses waren für die Befragten wichtig. Beide Aufsichtsarten seien „essentiell“ oder „sehr nützlich“ – findet eine jeweils ähnliche Anzahl der Befragten.

Fazit

Die dritte EY-Befragung von institutionellen Anlegern brachte ein verstärktes Interesse an Risikoinformationen zu den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zutage, dem aktuell jedoch nicht nachgekommen wird.