Zukunftssichere Unternehmen investieren in diese Problemfelder der Kommunikation und die Zufriedenheit von mehr als nur Finanz-Stakeholdern.
Investoren und andere Stakeholder brauchen auch wegen dieser Faktoren verbindliche und vergleichbare Informationen über die Wertentwicklung von Unternehmen. Was sind zentrale Werttreiber? Wird tatsächlich langfristiger Wert für die Gesellschaft erzeugt und wie ist dieser zu beziffern? Keine leichten Fragen angesichts der komplexen zugrundeliegenden Konzepte.
Wie das Long Term Value Framework neue Werttreiber ermittelt
Seit 2015 arbeitet EY mit Wissenschaftlern, Investoren und Führungskräften an einer solchen Initiative. Zusammen mit der Universität Cambridge entstand basierend auf einem intensiven Austausch zwischen Unternehmen und Vermögensverwaltern das Long Term Value Framework. Es erfüllt wesentliche Anforderungen an neue Modelle zur Beschreibung von Werttreibern, weil es in einem standardisierten Verfahren Unternehmenslenker in logischen Schritten zur systematischen Bewertung von langfristig wichtigen Aspekten führt. Diese Bewertung dient dann wiederum als Grundlage für die interne Umsetzung und strukturierte Diskussionen mit Investoren und anderen Anspruchsgruppen.
Drei Ziele des Long Term Value Frameworks
- Nichtfinanzielle Ergebnisse und Fähigkeiten messen: In der Vergangenheit wurden zu häufig nur einzelne Aspekte wie Naturkapital oder geistiges Eigentum betrachtet. Nötig ist stattdessen ein umfassender Blick mit Bezug zu Finanzergebnissen und Wertschöpfung.
- Stakeholder Value erfassen: Die Quartalsperspektive von Shareholder-Value-Betrachtungen übersieht, wie letztlich auch langfristiger Unternehmenserfolg mit Profit zusammenhängt. Das Verhalten vieler Anspruchsgruppen beeinflusst diesen langfristigen Erfolg. Unternehmen brauchen Instrumente, um Stakeholder Value für viele Gruppen beziffern zu können.
- Besser über langfristige Finanzergebnisse informieren: Entwicklungen über das aktuelle Geschäftsjahr hinaus müssen deutlicher erfasst und bewertet werden. Die branchenübergreifende und verbindliche Definition solcher Messgrößen ist eine der größten Herausforderungen einer veränderten Berichterstattungswelt.

Der Prozess: So läuft die Beschreibung und Berechnung langfristiger Werte
Das Long Term Value Framework sieht vier Schritte vor, um Kennzahlen für langfristige Unternehmenswerte zu entwickeln.
1. Unternehmerischer Kontext
Zunächst gilt es, das Umfeld des Unternehmens zu analysieren: Welche wesentlichen Trends beeinflussen das unternehmerische Handeln? Was ist der Unternehmenszweck in diesem Umfeld und wie wichtig ist er für die einzelnen Stakeholder-Gruppen? Am Ende dieses Schrittes gibt es ein klares Bild von Strategie, Prioritäten und unternehmerischem Kontext des Geschäftsmodells mit wesentlichen Auswirkungen auf die Stakeholder.
2. Wirkungen für Stakeholder
Auf Basis vorhandener Stakeholder-Analysen werden mögliche Ergebnisse und Wahrnehmungen zu Werttreibern erfasst, gegliedert in den Kategorien „Financial“, „Consumer“, „Human“ und „Societal Value“. Mithilfe einer solchen Ergebnismatrix lassen sich die Erwartungen der Stakeholder validieren und priorisieren.
3. Strategische Fähigkeiten
Im Unternehmen wird bestimmt, welche Hebel zur Wertsteigerung für Stakeholder beitragen und welche strategischen Fähigkeiten intern nötig sind, um die priorisierten Erwartungen der Stakeholder zu generieren.
4. Kennzahlen
Basierend auf den Stakeholder-Erwartungen und den strategischen Fähigkeiten des Unternehmens werden Kennzahlenstrukturen etabliert. Sie werden auf Belastbarkeit und Vollständigkeit überprüft und weiterentwickelt; intern wird überprüft, ob es belastbare Narrative zu ihrer Vermittlung gibt.
Unternehmen, die jetzt mit solchen Berechnungen und der Kommunikation neuer Zahlen beginnen, haben eine große Chance: Sie können sich als Innovationsführer in der nachhaltigen Unternehmensführung und externen Kommunikation positionieren – vorausgesetzt, das unternehmerische Handeln deckt sich im Hintergrund mit den vordergründig kommunizierten Handlungen.
Je mehr Unternehmen die neuen Formen der Bewertung und Rechnungslegung übernehmen, desto eher wird es zu Standardisierungen kommen. Diese werden mittelfristig über Vorschriften zu Buchhaltung und Bewertung auch wieder in Finanzkennzahlen Einzug halten – am Ende haben Shareholder und Stakeholder Value beide das gemeinsame Ziel, nachhaltig den Bestand des Unternehmens und seiner sinnvollen Rolle in der Gesellschaft zu sichern.
Fazit
Die Shareholder bleiben wichtig, doch längst sind auch andere Interessengruppen mit ihren Erwartungen für den zukünftigen Unternehmenserfolg wichtig. Das Problem: Die aktuelle Unternehmensberichterstattung enthält viele Informationen nicht, die aber für ein umfassendes Bild der Unternehmensentwicklung notwendig sind. Es braucht neue Berichtsformate und Kennzahlen für die Berichterstattung von nichtfinanziellen Unternehmenserfolgen. Modelle wie das Long Term Value Framework helfen, nachhaltige Unternehmensstrategien zu entwickeln, intern umzusetzen und darüber Transparenz für die externen Interessengruppen herzustellen.