5 Minuten Lesezeit 10 März 2020
CO2 Ausstoß aus Schornsteinen

Drei Wege, wie Unternehmen CO2 bepreisen können

Von Nicole Richter

Leiterin Climate Change and Sustainability Services & Co-Leiterin EYCarbon, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft | Deutschland

Ist passionierte Verfechterin nachhaltigen Unternehmertums. Setzt sich für Transparenz im Berichtswesen ein.

5 Minuten Lesezeit 10 März 2020

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Die Politik will den Emissionshandel ausbauen und zugleich die CO2-Preise verschärfen. Wie sollte sich die Wirtschaft darauf vorbereiten?

Der Klimawandel zählt für die Wirtschaft zu den größten Risiken, langfristig ist er sogar das Geschäftsrisiko Nummer eins. Nicht erst seit den Protesten der „Fridays for Future“-Bewegung erwarten Investoren, Kunden und eine breite Öffentlichkeit von Unternehmen größere Anstrengungen für den Klimaschutz. Die Politik wiederum treibt die Transformation durch Regulierung. Die EU-Kommission will die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken, Deutschland strebt im gleichen Zeitraum sogar eine Reduktion um 55 Prozent an.

Viele Unternehmen stellen sich die Frage, wann sie anfangen sollten, ihre CO2-Emissionen intern zu bepreisen. Angesichts eines steigenden politischen und öffentlichen Drucks lautet die Antwort: Sofort. Nur wer rechtzeitig anfängt, hat die Chance, sich in einem geschützten Rahmen auf strengere Regulierungen vorzubereiten.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Den ökologischen Fußabdruck in Entscheidungen über Investitionen, Produkte und Dienstleistungen einzubeziehen, erhöht nicht nur das Vertrauen bei Mitarbeitern, Kunden und der Öffentlichkeit. Ein interner CO2-Preis macht das Unternehmen auch für Investoren attraktiver, von denen immer mehr auf Nachhaltigkeit achten.

Emissionshandel wird entscheidendes Instrument

Eine entscheidende Rolle spielt hierbei der Emissionshandel als marktwirtschaftliches Instrument. Dieser wird bereits auf EU Ebene für energieintensive Industrien genutzt und soll hierzulande ab 2021 auf weitere Sektoren ausgeweitet werden. Die Konsequenz: Bei steigenden Preisen für Emissionsrechte können heutige kurzfristige Entscheidungen den Unternehmen später teuer zu stehen kommen.

Um nicht in diese Zertifikatsfalle zu tappen, legen viele Unternehmen für ihre Produkte und Dienstleistungen intern bereits einen Preis für ihre CO2-Emissionen fest. Das erleichtert nicht nur die Entscheidung, welche technischen Möglichkeiten zur Emissionsreduktion ökonomisch sinnvoll sind. Es bietet zudem Anreize für Innovationen und hilft, die eigenen Klimaziele zu erreichen. Für Mitarbeiter, Kunden und die Öffentlichkeit werden so die eigenen Anstrengungen für den Umweltschutz glaubwürdig, zudem wird das Unternehmen für Investoren mit Nachhaltigkeitszielen attraktiver. Um Emissionen ein Preisschild umzuhängen, gibt es drei verschiedene Wege: Schattenpreise, eine Emissionssteuer oder den internen Emissionshandel.

CO₂-Bepreisung

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Unternehmen in Europa haben laut CDP-Report einen internen CO₂-Preis eingeführt

Jüngsten Erhebungen zufolge haben mehr als 250 Unternehmen in Europa einen internen CO₂-Preis eingeführt, die meisten im Vereinigten Königreich. Darunter sind große Konzerne aber auch kleinere Unternehmen. Basis ist stets eine eigene Klimastrategie. Aus der Frage, wie viele Emissionen die Firma heute erzeugt, leiten sich die Reduktionsziele ab. Im Zuge dessen muss auch geklärt werden, was der interne CO₂-Preis bewirken soll und welches das beste Instrument zur Umsetzung ist.

Schattenpreise: Virtuelle Preise für reale Entscheidungen

Im Vergleich zur internen Emissionssteuer oder dem unternehmenseigenen Emissionshandel fließt beim Konzept der Schattenpreise kein Geld. Da jedoch davon ausgegangen wird, dass die Kosten durch Emissionen die Entscheidungen für Projekte, Produkte oder Dienstleistungen langfristig beeinflussen, wird ein einheitlicher CO2-Preis oder eine Preisspanne als zusätzlicher Kostenfaktor bei der Bewertung von Investitionen und Risiken angenommen. Dies kommt einer Internalisierung von externen Risiken gleich. Emissionsreduktion, Energieeinsparung und -effizienz können so gezielt gefördert und zukünftige Emissionen vermieden werden.

Schattenpreise für sämtliche Investitionsentscheidungen oder nur für größere Projekte einzuführen, ist vergleichsweise einfach umzusetzen und leicht verständlich. Vorausgesetzt, der Preis ist realistisch angesetzt. Nur mit zuverlässigen Informationen und Trendanalysen bieten Schattenpreise eine richtige Entscheidungsgrundlage. Kurzfristige Erfolge in puncto Klimaschutz sind dabei nicht zu erwarten. Emissionen werden erst langfristig durch die Wahl umweltfreundlicherer Investitionen reduziert.

Eine interne Emissionssteuer bietet einen direkten und transparenten Anreiz, den CO2-Ausstoß ökonomisch sinnvoll zu senken.

Emissionssteuer: Fixpreis auf CO2

Bei einer internen Emissionssteuer fällt ein fester Preis pro Menge, etwa pro Tonne CO2, an. Jede Geschäftseinheit steht nun vor der Wahl, die volle Abgabe zu zahlen oder durch Emissionsreduzierungen Steuern zu sparen. Aus den Einnahmen kann das Unternehmen interne Umweltschutzprojekte oder -investitionen finanzieren oder vom Gesetzgeber auferlegte Emissionskosten bezahlen.

Eine interne Emissionssteuer bietet einen direkten und transparenten Anreiz, den CO2-Ausstoß ökonomisch sinnvoll zu senken. Gleichzeitig werden Innovationen gefördert und so die Position am Markt verbessert. Noch wichtiger als beim Schattenpreis ist bei der Emissionssteuer allerdings der richtige Preis. Hier muss eine Balance gefunden werden zwischen Anreizen zur CO2-Reduktion und dem, was wirtschaftlich tragbar ist. Um zu vermeiden, dass etwa besonders energieintensive Bereiche oder solche mit hohem Wettbewerbsdruck über Gebühr belastet werden, bedarf es flexibler Lösungen. So kann die Emissionssteuer beispielsweise nur für einzelne Produkte, Länder oder Geschäftsbereiche eingeführt werden. Dennoch muss sie zentral verwaltet werden, was sich– analog zu anderen Kosten – leicht in bestehenden Systemen umsetzen lässt. 

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Der interne Emissionshandel ist sicher die effizienteste Methode, den Ausstoß von CO2 zu senken.

Emissionshandel: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis

Beim internen Emissionshandel legt das Unternehmen eine bestimmte Menge an Zertifikaten fest. Diese kann konstant bleiben oder im Laufe der Zeit sinken. Die Geschäftseinheiten bekommen diese Emissionsrechte entweder kostenlos überlassen oder müssen sie kaufen. Überschüssige Zertifikate können sie verkaufen. Der interne Preis ergibt sich dabei aus Angebot und Nachfrage. Mit den eingenommenen Geldern können Klimaschutzprojekte oder der Bezug erneuerbarer Energien gefördert beziehungsweise Kompensationsprojekte finanziert werden. Wie bei allen Maßnahmen zum Klimaschutz hat die Vermeidung Vorrang vor der Reduktion und diese wiederum vor der Kompensation von Emissionen.

Der interne Emissionshandel ist sicher die effizienteste Methode, den Ausstoß von CO2 zu senken- mit allen positiven Effekten wie hohen Innovationsanreizen und daraus resultierenden Wettbewerbsvorteilen. Die entscheidende Hürde ist die Menge an Zertifikaten. Ist sie zu hoch, sinken die Preise und damit die Anreize zur CO2-Einsparung. Sind zu wenige Zertifikate vorhanden, werden die Geschäftseinheiten zu stark belastet. Die richtige Menge an Emissionsrechten hängt neben den aktuellen Emissionen davon ab, wie viel Potenzial zur weiteren CO2-Reduktion besteht.

Neben einer zentralen Verwaltung muss eine interne Handelsplattform aufgebaut werden, was einigen Aufwand bedeutet. Das Handelssystem kann umso effizienter gestaltet werden, je klarer die Emissionen und Kosten der einzelnen Standorte oder Abteilungen voneinander abgrenzbar sind. Da das komplexe Konzept nicht für jeden sofort verständlich ist, müssen die Mitarbeiter in der Planung und Handhabung geschult werden.

Bei allen Maßnahmen zum Klimaschutz geht Vermeidung vor Reduktion vor Kompensation.

Fazit

Investoren, Kunden und eine breite Öffentlichkeit erwarten von Unternehmen mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. Im Zuge steigender Regulierung werden immer mehr Branchen für ihre Emissionen zahlen müssen. Um nicht Entscheidungen zu treffen, die später teuer zu stehen kommen, können Unternehmen Emissionen intern über Schattenpreise, Emissionssteuer oder Emissionshandel bepreisen.

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Von Nicole Richter

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