Neuaufleben des Shoppens vor Ort?
Doch durch flächendeckende Schnelltests und eine sich beschleunigende Impfkampagne besteht die Hoffnung, dass sich bei den Verbrauchern ein neues Gefühl von Sicherheit einstellt und dass die Gesellschaft dem Leben vor der Pandemie wieder etwas näher rücken könnte. Dennoch wird auch immer klarer, dass die Welt so schnell nicht mehr in die Verhaltensmuster von 2019 zurückkehren wird.
Führungskräfte könnten die Krise dafür nutzen, das Unternehmen so umzugestalten, dass es sich am gesamten „Alltag“ der Kunden orientiert. Viele Unternehmen überschätzen, wie sehr sie bereits auf die Kundenbedürfnisse eingehen. Tatsächlich gelingt dies bisher erst wenigen Unternehmen. Die Gründe sind vielfältig: Die dafür notwendigen Daten gaben die Kunden bisher nur ungern her, doch selbst wenn die Daten zur Verfügung standen, wussten viele Firmen sie nicht richtig zu nutzen. Die Pandemie hat hier für einen Shift gesorgt: Inzwischen sind 62 Prozent der Befragten bereit, mehr Daten von sich preiszugeben, wenn ihnen dafür gesündere Produkte empfohlen würden. Hinzu kommen allgemeine Einkaufstrends, die sich vor allem im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 formiert haben: Haus-, Wohnungs- und Garteneinrichtung lagen zusammen mit DIY („Do it yourself“) im Trend: Viele Menschen haben im Sinne der Nachhaltigkeit Möbel, Kleidung und Nahrungsmittel selbst hergestellt. Hier liegen Potenziale für die Kundenansprache, z. B. durch Communities (wie Pinterest), durch den Austausch zu Produkten und Gestaltungsideen.
Digitale Analyse als wichtiges Puzzleteil
Konsumgüterunternehmen können die technischen Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz (KI) und leistungsstarken Analysen zum Kundenverhalten daher noch stärker nutzen, um einen höheren Mehrwert aus den verfügbaren Kundendaten zu ziehen. So werden sie zu „listening organisations“ – Unternehmen, die in der Lage sind, aus den Äußerungen der Kunden Erkenntnisse zu generieren und flexibel auf die sich schnell ändernden Kundenwünsche und -bedürfnisse einzugehen. Gelingt es den Firmen, ihre Produkte und Dienstleistungen kurzfristig entsprechend anzupassen, werden sie für die Konsumenten attraktiver.
Weiterhin lohnt es sich, bei jeder Entscheidung den Digitalisierungsgrad der direkten Wettbewerber zu betrachten. Zwar geben 77 Prozent der Befragten an, ihr Konsumverhalten bereits geändert zu haben, die meisten Unternehmen kommen jedoch bei der Digitalisierung derzeit kaum hinterher: Erst 36 Prozent haben in die Digitalisierung ihrer Customer Journeys investiert. Dabei liegt gerade hier eine Chance, sich gegen Wettbewerber durchzusetzen: Wer jetzt nicht den richtigen Weg in Richtung Digitalisierung des Kundenerlebnisses geht, riskiert es, Wettbewerbern zu unterliegen.
Nach einem disruptiven Jahr: Lieferketten überprüfen
Die Hälfte der befragten Unternehmen erwartet, dass die Lieferkette der Teil des Geschäfts sein wird, der sich im kommenden Jahr am meisten verändert. Diese Unternehmen stehen vor der Entscheidung: Was ist global, was ist lokal? Und was lässt sich auf einer regionalen Zwischenebene organisieren? Die Aufstockung der Lager, Ladenschließungen, aber auch Einschränkungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr haben Konsumgüterunternehmen vor Schwierigkeiten gestellt. Die Lieferkette der Zukunft kann allerdings ein Wachstumsmotor und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb sein. Dafür muss sie jedoch flexibel, effizient und widerstandsfähig sein. Eine digitale Vernetzung ist genauso wichtig wie die Transparenz, die damit einhergeht. Es bietet sich Unternehmen jetzt an, das Betriebsmodell ihrer Lieferkette neu zu konzipieren. Zielführende Fragen hierfür sind die folgenden:
- Wie fügen sich Lager und Produktionsstätten am besten in die Kette ein?
- Wie gelingt eine durchgängige Echtzeitüberwachung für die notwendige Transparenz?
- Wie können Stock Keeping Units rationalisiert werden und wie reduziert man am effizientesten Umweltbelastungen und Abfall?
In Zeiten steigenden Umweltbewusstseins großer Teile der Gesellschaft ist es auch aus PR-Sicht entscheidend, sich klar für ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu positionieren.
Viele CEOs von Konsumgüterunternehmen haben während der Pandemie begonnen, mit Outsourcing und Partnering zu arbeiten. Diese Experimentierfreude sollten sie beibehalten, denn so kann es gelingen, die sehr volatilen Verbrauchererwartungen effizient zu erfüllen – ohne ein zu großes Risiko einzugehen. Wichtig ist eine klare Vision, die festlegt, welche Fähigkeiten dem Unternehmen einen Wert verschaffen und welche Teile ausgelagert werden können – hier besteht noch Verbesserungsbedarf. 72 Prozent der Unternehmen investieren zwar in die Entwicklung und das Management ihrer Geschäftspartner, doch 82 Prozent haben ihre eigene Rolle in zukünftigen Ökosystemen noch nicht eindeutig definiert.
Abschließend ist es sinnvoll, den Gewinn des Unternehmens übergreifend zu betrachten. Denn bereits bekannte Mischformen des Konsums wie „Research online, pay offline“ (ROPO – der Trend, online nach interessanten Produkten zu suchen und sie vor Ort nach kurzem Test zu bezahlen) machen deutlich, dass Kanäle und Anlässe eines Kaufs nicht immer eindeutig zugeordnet werden können und isolierte Gewinnmessungen je Kanal ihre Bedeutung verlieren. Omni-Channel-Marketing betrachtet die Kanäle ganzheitlich und nutzt die Wechselwirkungen geschickt aus, um den Kunden bedarfsgerecht und von überall aus mit Informationen zu versorgen und jederzeit einen Kauf zuzulassen.
Angesichts der aktuellen Ruptur des Einkaufsverhaltens im Internet und des rasanten Wachstums des E-Commerce ist es wichtig, das eigene Modell zu hinterfragen und insbesondere zu überprüfen, wo sich die Kanäle und Kontaktpunkte mit dem Kunden sinnvoll ergänzen. Mit einem Blick über alle Bereiche und einem systemischen Ansatz für die Rentabilität verspricht die Analyse in der Zukunft Erfolg für das Unternehmen.