5 Minuten Lesezeit 27 November 2020
Großes Geschenk im Eingang

Wie Unternehmen im Weihnachtsgeschäft Kunden halten und gewinnen

Von Ev Bangemann

Managing Partner Markets & CCaSS Leader EY Germany | DE&I Sponsor EY Europe West, EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

5 Minuten Lesezeit 27 November 2020

Die Corona-Krise verlagert den Weihnachteinkauf ins Internet – eine Herausforderung für Unternehmen, die aber zu einer Chance werden kann. 

Überblick
  • Die Deutschen gehen in der Corona-Krise weniger in Geschäfte und kaufen stattdessen mehr im Internet ein.
  • Gerade Weihnachtseinkäufe erledigen sie in diesem Jahr verstärkt online.
  • Wichtig ist, dass Unternehmen reagieren und die Bedürfnisse ihrer Kunden kennen, um auch im Online-Geschäft ein attraktives Produktportfolio anzubieten.

Solange die Corona-Pandemie nicht eingedämmt ist, gestaltet sich unser Leben in allen Bereichen anders, als wir das von früher kennen. Fielen im Sommer schon Fernreisen und später Volksfeste wie das Oktoberfest oder der Karneval dem Virus zum Opfer, wird es auch vor Weihnachten nicht haltmachen. Die Tendenz der Konsumenten in Deutschland ist eindeutig: Sie kaufen ihre Weihnachtsgeschenke online. Händler müssen sich auf diese Veränderung einstellen.

Private Feiern, überfüllte Bars und auch Gottesdienste – das alles sind Treiber des Infektionsgeschehens. Sie sind beziehungsweise waren immer wieder sogenannte „Superspreader-Events“. Einkaufsläden und Geschäfte gehören eigentlich nicht zu den Hochrisiko-Orten, an denen das Virus häufig von einem Menschen auf andere übertragen wird. Dennoch meiden die Deutschen die Geschäfte spürbar: 43 Prozent der Befragten im neuen EY Future Consumer Index gaben im Oktober an, derzeit weniger Geschäfte zu besuchen. Global ist es fast die Hälfte der Befragten. 

Vorsicht beim Einkauf

43 %

der Deutschen gehen seltener in Geschäfte.

Shopping im Internet als neue Normalität

Diese Vorsicht resultiert auch aus den Ängsten der Deutschen: 80 Prozent geben an, dass sie Sorgen um die Gesundheit ihrer Familie haben – nur die Angst um die deutsche Wirtschaft treibt mit 93 Prozent, die sich ernste oder zumindest einige Sorgen machen, noch mehr Menschen um. Die Alternative zum Besuch in den Läden und Geschäften liegt auf der Hand: Online-Shopping. 27 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bereits jetzt, vor dem eigentlichen Weihnachtsgeschäft, mehr im Netz kaufen. Davon ausgenommen sind Lebensmittel – doch auch hier ist ein Anstieg zu beobachten: 10 Prozent der Deutschen kaufen mehr Lebensmittel online als zuvor.

Traditionell läutet der Black Friday das Weihnachtsgeschäft ein – schon in den letzten Novembertagen schlagen viele Konsumenten zu. Große Verkaufs- und Versandplattformen werben bereits in den Herbstwochen mit starken Rabatten. Der Hype aus den USA ist definitiv auch in Deutschland angekommen, doch er wird zunehmend vor dem eigenen Computerbildschirm stattfinden: 35 Prozent der Befragten gaben an, ihre Schnäppchenjagd ins Netz verlegt zu haben, weltweit sind es sogar 39 Prozent. Anders als bei Freizeitaktivitäten (hier sparen 67 Prozent der Deutschen) oder Reisen (66 Prozent) wollen die meisten Deutschen ihr Budget für günstige Angebote nicht reduzieren: 72 Prozent trotzen Rezession und Wirtschaftskrise in diesen Belangen und wollen ähnlich viel Geld wie in den Vorjahren für Schnäppchen ausgeben. 

Black Friday online

35 %

der Deutschen planen, ihre Schnäppchenjagd ins Internet zu verlegen.

Weltweit sieht das etwas anders aus: Dort will nur die Hälfte beim bisherigen Budget bleiben, ein Drittel reduziert das Budget.

Beim eigentlichen Weihnachtsgeschäft bleiben sich die Deutschen auch weitestgehend treu: Zwei Drittel der Befragten gaben an, auch hier ähnlich viel wie sonst auszugeben – ein starker Unterschied zu den 43 Prozent global. Doch auch in Deutschland will jeder vierte Befragte bei Weihnachtsdeko, Geschenken und Co. mehr aufs Geld achten. Mehr ausgeben wollen nur 9 Prozent.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt: Unternehmen müssen sich auf ein neues Konsumverhalten einstellen

Grundsätzlich glauben knapp 30 Prozent der Deutschen, dass sich die Art und Weise, wie sie einkaufen, entscheidend ändern wird. Der im Rahmen der Corona-Krise begonnene Boom beim E-Commerce wird also weiter anhalten und sich tendenziell noch verstärken. Daher können sich Unternehmen jetzt vorbereiten, um einen Teil des Kuchens abzubekommen, bevor er komplett verspeist ist. Es ist wichtig, dass Entscheidungsträger in Unternehmen ihre Annahmen über die aktuellen Bedürfnisse der Verbraucher hinterfragen und herausfinden, wie sie deren Wünsche am besten erfüllen können.

Die globale Pandemie hat viele Unternehmen vor beispiellose Herausforderungen gestellt, die jedoch auch die Möglichkeit bergen, das Verhalten und die Einstellungen der Verbraucher zu untersuchen. So sind viele Verbraucher zunehmend bereit, ihre Daten weiterzugeben – die entscheidend dazu beitragen können, bestehende Kunden noch besser anzusprechen und neue zu akquirieren. Daher ist es wichtig, dass Unternehmen Geld in die Hand nehmen, um die notwendigen Fähigkeiten zur Kundenzentrierung zu verbessern. Ziel sollte es sein, flexibel auf eine veränderte Kundennachfrage zu reagieren. Produktsortimente, die hohe Online-Verkäufe generieren, ändern sich schnell. Daher ist es auch im Online-Geschäft wichtig, Erlebnisse zu bieten, die Kunden lieben. Wer den Kunden nicht richtig versteht, kann sein Produktportfolio nicht richtig gestalten und wird für Konsumenten unattraktiv. Ein gutes Beispiel ist ein Bekleidungsunternehmen aus dem gehobenen Segment: Kunden können sich hier auf der Basis ihres Kaufverhaltens ein individuelles Outfit-Paket zusammenstellen lassen und ohne Risiko testen. Für den Kunden ist das attraktiv: Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm die Outfits im Paket gefallen, ist hoch – und der Anbieter freut sich über einen höheren Umsatz.

Lebensmittel und Kleidung fassen die Käufer gerne an

Auch in einer digitalisierten Welt, in der Käufe über das Internet vollkommen normal geworden sind, spielt bei manchen Produkten die Haptik nach wie vor eine entscheidende Rolle. Fast zwei Drittel der Verbraucher in Deutschland sagen, dass sie Kleidung, Schuhe und Accessoires am liebsten vor dem Kauf in der Hand haben. Bei frischen Lebensmitteln ist dies sogar 76 Prozent wichtig. Produkten wie Getränken oder Haushalts- und Putzmitteln vertrauen Unternehmen tendenziell auch ohne Haptik. Aus diesem Grund ist es für Unternehmen wichtig, kritische Entscheidungsmomente der Konsumenten auf dem Weg zum Kauf zu erkennen und ihren Kunden entsprechend entgegenkommen. 

Frische Lebensmittel

76 %

der Deutschen möchten frische Lebensmittel beim Einkauf sehen, riechen und anfassen.

Die Markenhersteller versuchen oft, ihr Wertversprechen im Geschäft in einen digitalen Kontext zu übertragen, um dem Wunsch der Verbraucher entgegenzukommen, sich mit dem Produkt auf einer sensorischen Ebene auseinanderzusetzen. Ein großes Möbelhaus etwa bietet in seiner Smartphone-Applikation an, die Möbel mittels Augmented Reality (AR) über die Kamera virtuell im Raum zu platzieren – so gewinnen interessierte Verbraucher einen Eindruck davon, wie ein Stuhl, ein Sofa oder ein Tisch im Raum aussehen würde. Das eignet sich aber nicht für alle Produkte. Faktoren wie Gewicht, Geruch und Oberflächenbeschaffenheit lassen sich schlicht nicht auf einen Bildschirm übertragen. Um Kunden dennoch ein optimales Bild ihrer Produkte zu präsentieren, ist es wichtig, dass Unternehmen Alternativen entwickeln und neue Parameter zur Stärkung der Marke definieren, die sich auch online umsetzen lassen.

Fazit

Der neue EY Future Consumer Index zeigt: Das Konsumverhalten der Deutschen verändert sich nachhaltig. Dieser Trend hat nicht erst mit der Krise rund um die Corona-Pandemie begonnen, wurde aber durch sie enorm beschleunigt. Damit Unternehmen nicht im Wettbewerb zurückfallen, ist es wichtig, sich den Veränderungen anzupassen. Der Schlüssel liegt darin, die Kundenzentrierung zu verbessern und flexibel auf die Nachfrage zu reagieren.

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Von Ev Bangemann

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