Bei einem akuten Ausbruch erlassen die Länder ihre Rechtsverordnungen zur Pandemie-Eindämmung auf Grundlage des § 32 IfSG.
Von einer behördlichen Maßnahme gem. §§ 16 oder 17 IfSG Betroffene können ggf. einen Entschädigungsanspruch gem. § 65 IfSG geltend machen. In dem Fall ist eine Wiederbeschaffungswert-Entschädigung zu leisten, wenn entweder „Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird“. Für viele dürfte vor allem die zuletzt genannte Alternative von Interesse sein. Ob und in welchem Umfang zum Beispiel Umsatzeinbußen davon umfasst sind, ist allerdings nicht eindeutig geklärt. Es ist davon auszugehen, dass, wie bei allen staatshaftungsrechtlichen Ansprüchen, auch hier die Gerichte die Entschädigungsvoraussetzungen restriktiv auslegen und grundsätzlich nur auf den Ausgleich überschaubarer, punktueller Schadenslagen beschränken werden.
Bei einem akuten Ausbruch, wie es derzeit der Fall ist, erlassen die Länder ihre Rechtsverordnungen zur Pandemie-Eindämmung auf Grundlage des § 32 IfSG. Diese Norm ist im 5. Abschnitt des IfSG „Bekämpfung übertragbarer Krankheiten“ enthalten. Eine Entschädigung gem. § 65 IfSG kommt für diese Rechtsverordnungen nicht in Betracht, denn sie ist dem Wortlaut des § 65 IfSG nach auf Maßnahmen gem. §§ 16, 17 IfSG beschränkt, welche auf die Krankheitsverhütung zielen. Auch § 56 IfSG greift nach seinem Wortlaut nicht ein. Danach erhalten Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern, die Verboten im Sinne von § 31 Satz 2 in der Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegen oder unterworfen werden und dadurch einen Verdienstausfall erleiden, eine Entschädigung in Geld. Für eine analoge Anwendung der Entschädigungsregelung dürfte kein Raum sein. Der eindeutige Wortlaut des § 56 IfSG beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Bei der Schaffung der Norm wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Krankheitsverdächtige erweitert und der Regelung im Hinblick auf den allgemeinen Aufopferungsanspruch „lückenschließende“ Funktion (Bt-Drs. 14/2530, S. 87 f.) beigemessen.
Das heißt, der Gesetzgeber hat sich mit der Frage der Anspruchsberechtigung und dem Anwendungsbereich der Entschädigungsregelung auseinandergesetzt und diese Gesichtspunkte nicht etwa übersehen. Für eine durch eine Analogie auszufüllende Regelungslücke finden sich daher keine Anhaltspunkte. Das mag auf den ersten Blick unbefriedigend erscheinen, da damit Verwaltungsmaßnahmen gegen einzelne Personen und beispielsweise Rechtsverordnungen, die die gleiche Wirkung wie ein individuelles Beschäftigungsverbot haben können, entschädigungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden. Hinter dieser Differenzierung im Gesetz steht aber der Gedanke, dass bei einem konkreten Krankheitsausbruch – wie im Fall der Coronavirus-Pandemie – die Bevölkerung ohnehin grundsätzlich mehr (auch wirtschaftliche) Opfer zu tragen hat. Da dem Gesetzgeber aufgrund seiner Einschätzungsprärogative ein nur sehr eingeschränkt juristisch kontrollierbarer Gestaltungsspielraum zukommt, wird es kaum nachweisbar sein, dass dem IfSG in Fällen wie Corona und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen eine falsche Verteilung der wirtschaftlichen Lasten zugrunde liegt.
Neben dem speziellen Entschädigungsanspruch gem. § 65 IfSG sind grundsätzlich auch allgemeine staatshaftungsrechtliche Ansprüche denkbar. Wenn ein Einzelner aufgrund rechtmäßiger staatlicher Infektionsbekämpfungsmaßnahmen Eigentumseingriffe hinnehmen muss, steht ihm ggf. ein Entschädigungsanspruch zu. Dieser ist vor den Zivilgerichten einklagbar. Ob zum Beispiel Nutzungsuntersagungen (= Schließung von Geschäften) für einen gewissen Zeitraum (1-3 Monate) Eigentumseingriffe in diesem Sinne darstellen, muss im Einzelfall geklärt werden. Gleiches gilt für einen Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Die Gerichte sind in dieser Frage überwiegend sehr restriktiv.
Begrüßenswert wäre freilich ein vom Gesetzgeber extra „geschnürtes“ Entschädigungspaket, das die dargestellten regulären Entschädigungsmöglichkeiten erweitert und ergänzt.
Schließlich ist auch auf den Amtshaftungsanspruch gem. Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB einzugehen. Anders als bei den bereits vorstehend erwähnten Ansprüchen, bedarf es bei der Amtshaftung insbesondere eines rechtswidrigen staatlichen Handelns. Dies kann im Einzelfall dadurch begründet werden, dass eine Maßnahme ggf. unverhältnismäßig war. Darüber hinaus muss aber auch ein schuldhaftes Verhalten des Amtswalters vorliegen, der die Maßnahme erlassen hat. Es ist davon auszugehen, dass nach Erreichen des „Peak“ der Pandemie sich die Justiz diesen Fragen verstärkter denn je wird stellen müssen. Begrüßenswert wäre freilich ein vom Gesetzgeber extra „geschnürtes“ Entschädigungspaket, das die dargestellten regulären Entschädigungsmöglichkeiten erweitert und ergänzt.
Letztlich ergeben sich aus den aufgezeigten Rechtsbereichen Restriktionen, aber auch Lösungsansätze, die aufgrund der neuen Situation noch keiner Routine unterliegen. Für sämtliche Themenstellungen rund um COVID-19 hat EY daher eine Taskforce gebildet, die sich mit Fragen und Lösungsansätzen befasst. Wir stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung – bleiben Sie gesund!
Fazit
Die Coronavirus-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Die Bundesregierung reagiert schnell, unter anderem mit einem in Windeseile beschlossenen Kurzarbeitergeld. Auch bei den Themen Vergaberecht und Beihilfenrecht sind unbürokratische Lösungsansätze gefragt – genauso wie bei der Frage nach Entschädigungen wegen behördlicher Maßnahmen gemäß des Infektionsschutzgesetzes.