Der wichtigste Gesamteindruck der Studienergebnisse: Energiebeschaffung im Jahr 2025 ist grün, digital und sektorübergreifend vernetzt.
Die Befragten haben belastbar bestätigt: Die Transformation in der Energiebeschaffung ist in vollem Gang, hat eine hohe Geschwindigkeit und wird schon in unmittelbarer Zukunft klar für weitere elementare Veränderungen im Markt sorgen. Getrieben wird dies auch durch die Nachfrageseite, denn auch Privatkunden und Industrieunternehmen verfolgen Dekarbonisierungsziele und fordern umweltverträgliche Energieprodukte, ohne dass Energiekosten signifikant steigen dürfen.
Der wichtigste Gesamteindruck der Ergebnisse der nach 2019 zum zweiten Mal erschienenen Studie: Energiebeschaffung im Jahr 2025 ist grün, digital und sektorübergreifend vernetzt – Unternehmen müssen jetzt daran arbeiten, ihre Energiebeschaffung durchgehend danach aufzustellen.
Drei zentrale Treiber beschreiben den Wandel der Energiebranche
Dekarbonisierung und grüne Angebote umfassen in diesem Zusammenhang mehr als nur die häufig diskutierte Klimaneutralität. Es geht um noch emissionsärmere Arbeit auf dem Weg zur „Nettonull“ gänzlich ohne Umweltschädigung, oft getrieben durch Regulierung im politischen Umfeld.
Die Mehrheit der Energieversorgungsunternehmen (EVU) verbindet mit solchen grünen Energieprodukten eine Kombination aus Strom oder Gas und Herkunftsnachweisen aus Erneuerbaren Energien. 40 Prozent der Marktteilnehmer wollen bereits bis 2025 Wasserstoff beschaffen oder vermarkten, seine Bedeutung als Energieträger und Speichermedium wächst.
Ausblick Wasserstoff
40 %der Marktteilnehmer wollen Wasserstoff beschaffen oder vermarkten – und investieren deshalb in Power-to-X- und Großhandels-Know-how.
Weil aber grüne Energieprodukte und ihre Absicherungsinstrumente noch nicht ausreichend standardisiert für einen Börsenhandel sind, bleiben „Over the Counter“-Märkte (OTC) zwischen zwei Parteien die dominierende Handelsform.
Der zweite wichtige Treiber des Branchenwandels ist die Digitalisierung. Weil die Dekarbonisierung in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) vor allem von Windrädern, off- und onshore, und von Solaranlagen vorangetrieben wird, entsteht zwar Energie ohne Emission; die damit verbundenen Energiemengen sind aber auch weniger steuerbar. Erst digitale Technologien regeln die fluktuierende Einspeisung und Speicherung; nötige Abgleiche geschehen über digitalisierte Prozesse.
Schließlich beschreibt die Sektorkopplung einen weiteren wichtigen Trend. Während früher Marktteilnehmer die Sektoren vergleichsweise unabhängig betrachteten, sorgt die heutzutage anspruchsvollere Energieversorgung für immer umfangreichere Verflechtungen. Die Elektrifizierung treibt die Kopplung der Sektoren Energie, Wärme, Verkehr und nahezu aller weiteren Industrien voran. Strom wird beispielsweise zur Herstellung von Wasserstoff für die stoffliche Nutzung in der Industrie genutzt oder in Gasen zur Energiespeicherung umgewandelt, Wärmepumpen verbrauchen Strom und im Verkehr nimmt die Anzahl von E-Fahrzeugen zu – die Sektoren beeinflussen einander.
In Summe bestätigen die Umfrageteilnehmer, dass steigende Industriekundennachfrage und anspruchsvollere Vorgaben der unternehmensinternen Nachhaltigkeitsstrategien die wichtigsten Gründe für die Beschaffung grüner Energieprodukte seien. Dabei treiben besonders solche Geschäftsfelder die Strategie von Beschaffungs- und Handelseinheiten, die gleichzeitig Dekarbonisierung und Unternehmenserfolg voranbringen.
Herausforderungen: Preissensibilität und Automatisierung
Mehr als die Hälfte der Befragten erachten den Handel mit Green Power Purchase Agreements (PPA) inklusive begleitender Dienstleistungen als ein solches Geschäftsfeld, indem nachhaltiges Handeln zu höheren Deckungsbeiträgen führen wird. Hierbei handelt es sich um langfristige Energielieferverträge zwischen dem Betreiber einer Erzeugungsanlage und dem Abnehmer. Als große Hürden sehen viele Befragte vor allem die Komplexität der PPA-Verhandlungen und die kommerzielle Bewertung.
Insgesamt beschreiben die Befragten ein Marktumfeld, das zwar zunehmend auf Veränderung setzt, in dem aber die Preissensibilität der Kunden hoch ist und in dem die Automatisierung zur Steuerung neuer Prozesse erst dann für sinkende Kosten sorgt, wenn nötige Anfangsinvestitionen überwunden sind. Analytics, Künstliche Intelligenz (KI) und Robotic Process Automation nehmen besonders stark zu, auch weil sie Herausforderungen grüner Energieproduktion adressieren. Besonders Desktop Automation hilft beim Kurzfristhandel aufgrund der Volatilität erneuerbarer Energien. Analytics und KI unterstützen Prognosedienste, wie zum Beispiel die Wettervorhersage. Bis 2025 wollen knapp die Hälfte aller Survey-Teilnehmer diese Technologien implementiert haben und weitere rund 40 Prozent der Teilnehmer geben an, sich dann in der Implementierung zu befinden.
Die Steuerung grüner Energieprodukte ist beispielsweise bei Wind und Solar wegen Spitzen und Flauten in ihrer Erzeugung komplexer und volatiler, wodurch sich 75 Prozent der Befragten größeren Marktpreis- und Volumenrisiken ausgesetzt sehen. Für zusätzliche Kosten sorgen in den Unternehmen der bisher nur geringe Standardisierungsgrad in der Prozessabwicklung, intransparente Marktinformationen und der erhöhte Aufwand im Schnittstellenmanagement mit Dienstleistern.
Spezielle Absicherungsstrategien und neue Digitalstrategien schaffen Standards
Selbst die bevorstehenden Veränderungen mit kurzfristigem Horizont bis 2025 sind damit schon elementar und es braucht in der Energiebeschaffung aktive neue Handlungsschritte, beispielsweise auch zu Teilaspekten wie der exakten Messung, wie viel CO2 entlang der Wertschöpfungskette tatsächlich entsteht. In ihrer Planung und Umsetzung können aber viele Unternehmen auf bereits Geschaffenes bauen. Der von grauen Energieprodukten bekannte hohe Standardisierungsgrad sollte nun mit neuen Fähigkeiten und anerkannten Praktiken auch auf die grünen Produkte übertragen werden. Deren spezielle Eigenschaften verlangen besondere Absicherungsstrategien und hochentwickelte Digitaltechnologien.
Auch das zeigt die Erhebung: Unternehmen können Erneuerbare Energien ausbauen und anwenden, ohne staatliche Subventionen in Anspruch zu nehmen, wenn sie dafür ihre grünen Geschäftsmodelle entsprechend der eigenen Fähigkeiten und passend zum Unternehmensprofil ausrichten. Wer konsequent auf digitale Prozesse setzt, erlebt schon heute, dass Dekarbonisierung ein profitables Geschäftsmodell für Energieversorger sein kann.
Fazit
Eine Umfrage unter mehr als 70 Energieversorgungs- und Industrieunternehmen beschreibt detailliert die Veränderungen in der Branche. Schon bis 2025 sind die konkreten Umwälzungen elementar, denn Energiebeschaffung wird dekarbonisiert, digital und sektorübergreifend. Die Befragten erkennen Preissensibilität, sowie fehlende Standardisierung und Automatisierung als Hemmnisse, erleben aber bereits jetzt, dass Marktteilnehmer mit hohem Digitalisierungsgrad profitable Geschäftsmodelle kreieren.