4 Minuten Lesezeit 29 März 2018
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Vier Wege, wie sich Unternehmen für die digitale Zukunft bereit machen

Von Richard Suhr

EY Global Digital Advisory Leader

Technologist. Investor. Innovator. Mentor. Passionate about using digital to drive economic inclusion. Cricket tragic.

4 Minuten Lesezeit 29 März 2018

Gehört die Digitalisierung zur Unternehmensstrategie, profitieren davon alle Mitarbeiter – auch hinsichtlich ihrer Arbeitsplatzsicherheit.

Disruptive Technologien verändern unsere Art zu arbeiten und die Art unserer Arbeitsplätze. Viele Mitarbeiter machen sich Gedanken darüber, wie der digitale Wandel ihr Berufsleben in Zukunft beeinflussen wird. Sie fragen sich auch, welchen Tätigkeiten ihre Kinder später einmal nachgehen werden. Die Arbeitgeber stehen vor den gleichen Herausforderungen, wenn sie entscheiden, welche Fähigkeiten sie entwickeln müssen, damit ihr Unternehmen in einer neuen digitalen Welt wachsen kann.

Diese Überlegungen sind nicht überraschend, da der Fortschritt der Automatisierung und digitalen Technologien – einschließlich Robotik und künstlicher Intelligenz (KI) – weiter an Fahrt aufnimmt und Investitionen von einigen der weltweit größten Unternehmen anzieht.

Robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) ist ein Beispiel für disruptive Technologien, die sich auf eine Reihe von Branchen ausweiten – vom Kundenservice im Einzelhandel über die Schadensabwicklung bei Versicherungen bis hin zur pharmazeutischen Forschung und Entwicklung. Nach einer Studie der Oxford University fallen 47 Prozent aller Arbeitsplätze in den USA in die Hochrisikokategorie, was bedeutet: Sie könnten in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten automatisiert werden.

Der digitale Wandel vollzieht sich derart rasant, dass die meisten Unternehmen heute nicht mehr sicher sein können, wer in Zukunft ihre Konkurrenten sein werden oder – andersherum – wen sie vom Markt verdrängen könnten. Einer Studie der US-amerikanischen Unternehmensberatung Innosight zufolge wird etwa die Hälfte der derzeit im S & P-500-Index vertretenen Unternehmen bis zum Jahr 2026 durch neue ersetzt werden. Digitale Technologien und neuartige Geschäftsmodelle werden bei dieser Umwälzung in den größten Aktienindizes eine Schlüsselrolle spielen.

Es ist leicht, von der Bandbreite der Möglichkeiten, die diese neue Technologie bietet, überwältigt zu sein. Oder sich unsicher zu fühlen, wo und inwieweit neue Fähigkeiten ausgebaut werden sollten. Betrachtet man diese Daten aus einem anderen Blickwinkel, wird deutlich, dass das Potenzial, neue Arbeitsplätze und Wohlstand für die Mitarbeiter zu schaffen, für auf Digitalisierung fokussierte Unternehmen enorm ist. Um die Chancen der Digitalisierung optimal zu nutzen, sollten sich Unternehmen auf vier Bereiche konzentrieren:

Die Länder, die diese Technologie als Erste umsetzen, werden auch als Erste davon profitieren.

1. Fokus auf Wachstumschancen

Die meisten unserer Kunden und Vorstandsetagen stehen vor der Herausforderung, den Fokus auf Wachstumschancen zu richten, die Annäherung an die Digitaltechnik als Voraussetzung für Effizienz in der neuen Welt zu verstehen – und nicht als Bedrohung für das bestehende Geschäft.

Unternehmen, die pragmatisch sind, proaktiv in Innovationen und neue Geschäftsmodelle investieren, die also den digitalen Wandel für sich nutzen, können sich neu erfinden. Sie können über geografische und branchenspezifische Grenzen hinaus expandieren, indem sie neue, innovative und fortschrittliche Produkte und Dienstleistungen sowie ein verbessertes Kundenerlebnis bieten.

Was CEOs und Vorstände jedoch verstehen müssen: Mit einer digitalen Strategie allein ist es nicht getan. Sie ist mittlerweile keine Option mehr, sondern eine Grundvoraussetzung. Unternehmen müssen aufhören, digital zu tun, sie müssen digital sein.

Ein digitaler Marktführer zu sein, bedeutet, ein Portfolio an Investitions- und Entwicklungsmöglichkeiten neuer Tools und Plattformen zu nutzen, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Es bedeutet auch, den herkömmlichen ROI-Ansatz für Technologieinvestitionen zu überdenken und durch fokussiertes Portfoliomanagement und Innovation zu ersetzen, um das bestehende Geschäftsmodell in positivem Sinne auf den Kopf zu stellen.

Tatsächlich sind Unternehmen, die Innovation nicht nur in der Abteilung Forschung und Entwicklung (F&E) betreiben, sondern sie in alle Ebenen des Unternehmens einbetten, diejenigen, die der Konkurrenz am weitesten voraus sind. Diese Unternehmen haben erkannt, dass Innovation nicht nur die Produkt- und Prozessentwicklung vorantreiben sollte, sondern auch Marke, Kundenerlebnis, Lieferkette und neue Geschäftsmodelle. Innovation spielt sich also nicht ausschließlich in der F&E-Abteilung ab, sondern liegt in der Verantwortung aller, geleitet von den Führungsverantwortlichen einschließlich des CFO.

Als globales Unternehmen möchten wir andere Unternehmen dazu animieren, den digitalen Wandel zu begrüßen und ihm die Tür zu öffnen. Dies setzt jedoch die richtigen strategischen und praktischen Schritte voraus, um die digitalen Wellen zu reiten, die an den Ufern der Unternehmen brechen.

2. Ein Kollaborationsnetzwerk aufbauen

Zu den Aufgaben eines digitalen Marktführers gehört es auch, neue Konzepte zu finanzieren, um entstandene Technologiekosten auszugleichen und neue Kompetenzen durch Partnerschaften und Zusammenarbeit aufzubauen. Die Unternehmen, die die Flexibilität erreichen, um sich effektiver als ihre Mitbewerber neue Fähigkeiten anzueignen, werden die Gewinner der neuen digitalen Wirtschaft sein.

Ähnlich wie im Freundeskreis müssen auch Unternehmen ein starkes Netzwerk an externen Partnern knüpfen, das sie auf die nächste Stufe auf dem Weg zur Entwicklung einer echten digitalen Unternehmensstrategie hebt. Unternehmen mit Investitionskapital können dies durch  Aufkäufe anderer Unternehmen tun. Denn im Meer der digitalen Disruption ist kein Unternehmen eine einsame Insel.

Während Unternehmen gewöhnlich über ein gewisses Maß an internem digitalen Fachwissen und Vermögen verfügen, müssen die meisten  Unternehmen mit anderen zusammenarbeiten, um die neuesten mobilen Technologien, KI-Fähigkeiten, fortschrittliche Analysen, Cloud Computing und andere neue Technologien voll auszuschöpfen.

3. Die Stärke der Datenanalyse nutzen

Eine weitere praktische Möglichkeit, die Vorteile der digitalen Disruption zu den eigenen zu machen, ist der Einsatz ausgeklügelter Analysesoftware, mit der die massenhaft ungenutzten oder versteckten Unternehmens- und Kundendaten ausgewertet werden können.

Laut einer Studie des US-amerikanischen Hardware- und Software-Herstellers EMC (der mittlerweile von Dell übernommen wurde) in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC wird die Menge digitaler Daten, die innerhalb eines Jahres generiert, repliziert und genutzt werden, im Zeitraum von 2005 bis 2020 um den Faktor 300 gestiegen sein. Und zwar von 130 Exabytes auf 40.000 Exabytes oder 40 Billionen Gigabytes (im Jahr 2020 werden das jährlich mehr als 5.200 Gigabytes pro Person sein). Bislang wurde nur ein verschwindend geringer Teil dieser Daten auf ihren analytischen Wert hin untersucht.

Aus unserer Arbeit mit globalen Unternehmen wissen wir, dass Firmen, die  Data Analytics regelmäßig einsetzen, in der Regel ihren Wettbewerbern, die dies nicht tun, weit voraus sind. Sie verstehen es, mithilfe detaillierter Analysen Innovationen und objektive, strategische Entscheidungen zu begünstigen.

Der Übergang zu diesem neuen Kollaborationsmodell der Partnerschaft und Co-Kreation gestaltet sich nicht immer einfach. Wir unterstützen unsere Mandanten dabei, sich an diese neue interdisziplinäre Welt anzupassen. Dazu haben wir EY wavespace™ ins Leben gerufen, ein Netzwerk weltweiter Wachstums- und Innovationszentren, in dem unsere Kunden die nächste Welle bahnbrechender Entwicklungen der Transformation erleben und am innovativen Denken in unseren Disziplinen, Erfahrungen und Branchen teilhaben können.

4. Eine zukunftssichere digitale Investitionsstrategie entwickeln

EY wavespace gründet auf unserer Überzeugung, dass Wandel, Digitalisierung und Disruption im Zusammenspiel mit der richtigen Unterstützung von IT-Spezialisten, Strategen und Designern enorme Chancen für Unternehmen bereithalten. Wir glauben, dass diejenigen, die Strategien entwickeln und Kooperationen bilden können, um die richtige Mischung aus Kompetenzen zusammenzustellen und neue zu gewinnen, einen Wettbewerbsvorteil erlangen werden.

In allen Szenarien müssen sich Unternehmen jedoch im Klaren darüber sein, welche digitalen Fähigkeiten sie benötigen – zum Beispiel, welche sie kaufen und welche sie aufbauen müssen. Eine durchdachte und strukturierte Investitionsstrategie hilft sicherzustellen, dass innovative Ideen nicht aufgegeben oder übersehen werden und dass Wachstum durch die besten verfügbaren Ressourcen und Vertriebskanäle erreicht wird (unabhängig davon, ob letztere zum Unternehmen gehören und intern gemanagt werden oder nicht).

Unternehmen müssen bei ihren Investitionen auch pragmatisch vorgehen: Sie sollten einerseits in Veränderung investieren, die Rendite für das laufende Geschäft verspricht, andererseits ein Portfolio für zukünftige Investitionen aufbauen, das in den kommenden Jahren Früchte trägt.

Wenn in die richtigen digitalen Technologien und Mitarbeiter stark investiert wird – als Teil eines integrierten Portfolios über alle Unternehmensbereiche hinweg –, kann der Lohn der digitalen Disruption für das Unternehmen grenzenlos sein.

Die Auswirkungen dieser Technologien und disruptiven Geschäftsmodelle gehen heute über das Kundenerlebnis hinaus. Erst wenn Automatisierung, KI, maschinelles Lernen und Big Data endgültig im Middle- und Back-Office Einzug gehalten haben, wird sich das volle Ausmaß der neuen technologischen Möglichkeiten für die Unternehmen zeigen. Wir bei EY glauben, dass die Vorteile enorm sein können, wenn sie als Chance begrüßt und nicht als Risiko wahrgenommen werden.

Fazit

Für integratives Wachstum müssen digitale Marktführer zusammenarbeiten, das Potenzial von Datenanalysen nutzen und in die digitale Zukunft investieren.

Über diesen Artikel

Von Richard Suhr

EY Global Digital Advisory Leader

Technologist. Investor. Innovator. Mentor. Passionate about using digital to drive economic inclusion. Cricket tragic.