4 Minuten Lesezeit 11 Mai 2021
Glasfaserlichter in grün und lila

Warum IT und OT in Unternehmen verschmelzen sollten

Von Marc Wennmann

Partner, EY Consulting GmbH | Deutschland

Steigert leidenschaftlich die nachhaltige Leistungsfähigkeit von Unternehmen durch IT und der IT-Organisation. Familienvater, passionierter Sportler (Golf, Laufen, Taekwondo) und Coach.

4 Minuten Lesezeit 11 Mai 2021

Noch arbeiten IT und OT überwiegend getrennt voneinander. Doch mit zunehmender digitaler Transformation müssen sie enger zusammenrücken.

Überblick

  • Moderne Technologien und Sensoren sammeln Daten an Anlagen und Maschinen, die im Rahmen des Internet of Things (IoT) immer enger miteinander vernetzt sind.
  • Das führt zu neuen organisatorischen Herausforderungen, zum Beispiel Fragestellungen zum Zusammenarbeits- und Kommunikationsmodell.
  • Für das Zusammenwachsen von Information Technology und Operational Technology gibt es keine Schablone. Gefragt sind individuelle Lösungen bei den Unternehmen.

Die voranschreitende Digitalisierung und der zunehmende Einsatz von kommerziellen Technologien führen zu technologischen und organisatorischen Herausforderungen. Insbesondere die COVID-19-Pandemie hat bestätigt, dass die Industrie zunehmend digitalisiert und automatisiert werden muss, um auch in Krisenzeiten bestehen zu können. Bis 2025 sollen weltweit 21,5 Milliarden Geräte im Kontext des Internet of Things (IoT) vernetzt sein. 

Für die Produktion verspricht die Einführung der IoT-Technologie eine wesentliche Qualitätssteigerung, Kosteneffizienz und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Das führt zu der Frage, ob die traditionelle Operational Technology (OT) mit der heute als Business Enabler gesehenen Information Technology (IT) nicht nur vernetzt, sondern auch verschmolzen werden muss. In einer solchen Verschmelzung von IT/OT gehen beide Funktionen und Technologien miteinander einher.

Wie die Konvergenz von IT und OT gelingen kann

Eines ist klar: Unternehmen, die die Zusammenarbeit zwischen IT und OT nicht fördern, werden die Vorteile des Internet of Things nicht voll ausschöpfen können. Bislang arbeiten IT und OT getrennt voneinander. Die organisatorische Trennung sowie zu viele Entscheidungsträger sind zwei wesentliche Hindernisse für die IT/OT-Konvergenz. Die Zusammenführung beider Bereiche ist eine umfangreiche organisatorische Herausforderung und muss gut durchdacht sein.

Co-Autoren:
  • Can Sancakli

    Can Sancakli ist Manager im Bereich Technology Consulting. Seine Fokusthemen sind IT-Strategie, IT-Organisation, IT Enterprise Architektur und Digitale Transformation in den Sektoren Automotive und öffentliche Verwaltung.

  • Kristina Schmidt

    Kristina Schmidt ist Senior Consultant im Bereich Technology Consulting. Sie ist spezialisiert auf IT-Strategieentwicklung und Digitale Transformation von IT-Dienstleistern sowie IT-Organisationen im öffentlichen Sektor.

  • Anja Stenzel

    Anja Stenzel ist Senior Consultant im Bereich Technology Transformation/ Business Design. Ihr Fokus innerhalb der Technologie- und Organisationsberatung liegt auf der Digitalen Transformation, dem Business Development sowie agilen Methoden (Design Thinking, SCRUM, …). Zu Ihren Kunden zählen u.a. sowohl Unternehmen aus dem öffentlichen Bereich als auch globale Player der Automobilindustrie.

  • Franz Thiel

    Dr. Franz Thiel ist Senior Manager im Bereich Technology Consulting. Er ist spezialisiert auf Technologie Management, IT Service Management, IT Governance, IT Enterprise Architektur, Transition Management in den Sektoren Automotive und öffentliche Verwaltung.

Oberstes Gebot der Operational Technology: Produktionsausfälle vermeiden

Die Operational Technology umfasst laut Gartner Hardware und Software, die Änderungen in physischen Produktionsprozessen sowie Produktions- und Industrieanlagen identifiziert und vornimmt. Sie agiert meist in geschlossenen Systemen und ist unter anderem aufgrund von Sicherheitsanforderungen oft nicht mit dem Internet verbunden. Die oberste Maxime der OT ist es, die „Overall Equipment Effectiveness“ (OEE) sicherzustellen und Produktionsausfälle zu vermeiden. 

Die IT hingegen umfasst nach Gartner Technologien für den Informationsfluss und -prozess über Software, Hardware und Kommunikationstechnologien. 

Das Aufbrechen der Silos von IT und OT führt zu einer Datensynergie. Das ermöglicht die durch IoT angestrebte Effizienzsteigerung und die Generierung neuer Business Insights.

  • Wie EY Kunden bei der Umsetzung von IT/OT-Konvergenz hilft

    Eine Erfolgsgeschichte schreibt EY bei einem Kunden, für den EY Supply Chain Fachleute IT/OT-Konvergenz in der Praxis umsetzen. Auf Basis einer Ist-Analyse in der Fabrik wurden Maßnahmen für die IT/OT-Transformation abgeleitet. Die Maschinen wurden mit Technologien ausgestattet, um Signale aus der Produktionsfläche auslesen zu können und in die Azure Cloud zu laden. Das Ergebnis ist ein smartes Ökosystem, in dem alle Maschinendaten aus der OT automatisiert in die IT geladen werden und dort cloudbasiert weitere Analysen zur Leistungssteigerung gefahren werden. Dafür hat EY das Tool Smart Daily Management - EY Catalyst entwickelt. Das Tool soll die Linienmitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen und die Anwendung standardisierter Prozesse ermöglichen.

Digitale Transformation ermöglicht Innovation

Wesentliche Aspekte für die Konvergenz sind „Data Driven Enterprise“ und „Data Driven Business Models“. Technologien und Sensoren an den Maschinen generieren immer mehr Daten. Auf deren Basis können Analysen durchgeführt werden, die Optimierungspotenziale in der Produktion und neue Services für die OT aufzeigen (zum Beispiel Predictive Maintenance). Die Digitalisierung der Produktion macht neue digitale Produkte möglich, die wiederum zu neuen Geschäftsmodellen führen können.

Doch die Integration von Technologien in die Maschinen und Anlagen führt auch zu Herausforderungen bei der Informationssicherheit. Produktionsanlagen vor Cyberangriffen zu schützen muss höchste Priorität haben, denn diese können die Netzwerke des Unternehmens schnell zum Erliegen bringen. Cybersecurity und Informationssicherheit stehen weit oben auf der IT-Agenda. Arbeiten IT und OT zusammen, wird ein ganzheitlicher Cybersecurity-Ansatz nötig – auch über die OT, also alle Fabriken und Produktionsanlagen, hinaus. 

Wie sich Unternehmen für die IT/OT-Konvergenz aufstellen sollten

Eine übergreifende IT-Governance fördert die IT/OT-Konvergenz durch ein zentrales Technologie- und Datenmanagement. In Unternehmen kommen verschiedene Technologien zum Einsatz; teils unterscheiden sich diese je nach Region und Produktionsstandort. Ein zentrales Management harmonisiert die Technologielandschaft über das gesamte Unternehmen hinweg. Synergiepotenziale werden ausgeschöpft, Datensilos vermieden.

In Zukunft fallen die Grenzen zwischen Information Technology und Operational Technology weg. Sollen beide Bereiche miteinander arbeiten, werden neue Zusammenarbeits- und Kommunikationsmodelle nötig. Die Organisationseinheiten müssen einen Weg finden, um die Zusammenarbeit zu stärken und eine Strategie für die Umsetzung der Konvergenz zu verwirklichen. Das EY IT/OT-Framework fasst wichtige Elemente für eine zukunftsfähige Organisation zusammen.

Für die Umsetzung gibt es kein standardisiertes Muster, das als Schablone verwendet werden könnte. Jede Organisation muss für sich die richtige Struktur identifizieren, mit der sie die Kollaboration und Interaktion zwischen IT und OT stärken kann. Im ersten Schritt sollte ein adäquates Zusammenarbeitsmodell geschaffen werden. Darin sollten Rollen und Verantwortlichkeiten definiert, das IT-Portfolio-Management eingebunden und funktionsübergreifende IT/OT-Teams gebildet werden.

Die IT wird die OT nicht übernehmen. Sie muss die Brücke zur OT aufbauen und als Enabler agieren.

IT/OT-Konvergenz: Mitarbeiter einbinden

Es bestehen historisch bedingte kulturelle Unterschiede zwischen beiden Bereichen. Die OT hat über Jahrzehnte Maschinen und Anlagen in der Produktion koordiniert, die als geschlossenes System funktionieren. Daher müssen OT-Mitarbeiter abgeholt und eingebunden werden. Die IT wird die OT nicht übernehmen – sie muss die Brücke bauen und als Wegbereiter agieren. Ein gemeinsames IT/OT-Team hilft dabei, Ideen und Projekte agil gemeinsam umzusetzen.

Abstract big data illustration

Ein Blick auf die CIO-Agenda

Der Einsatz von Technologie und Daten beschleunigt die Unternehmenstransformation enorm – doch es braucht ein Gleichgewicht zwischen Wertschöpfung und Wertsicherung, um langfristig erfolgreich zu sein. 

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Fazit

Die IT/OT-Konvergenz muss auf die strategische Agenda jedes Unternehmens, insbesondere in produzierenden Industrien. Noch agieren IT und OT getrennt voneinander, doch in Zukunft müssen beide Bereiche verschmelzen. Durch die Konvergenz und den richtigen Einsatz von Daten ergeben sich Potenziale für Smart Products, Prozessoptimierung, digitale Services und Predictive Maintenance. Die wichtigsten Stakeholder sind das Top-Management, Geschäftsverantwortliche, Regionen, Fabriken, IT-Abteilungen, IT-Governance und IT-Security. Auch die Mitarbeiter müssen eingebunden werden. Es gibt bislang kein standardisiertes Umsetzungsverfahren für die IT/OT-Konvergenz, es ist jedoch wichtig, jedes Unternehmen individuell zu betrachten, um die richtigen Potenziale zu identifizieren und auszuschöpfen.

Über diesen Artikel

Von Marc Wennmann

Partner, EY Consulting GmbH | Deutschland

Steigert leidenschaftlich die nachhaltige Leistungsfähigkeit von Unternehmen durch IT und der IT-Organisation. Familienvater, passionierter Sportler (Golf, Laufen, Taekwondo) und Coach.