4 Minuten Lesezeit 5 Oktober 2021

Die NPL-Quoten steigen – dennoch stehen die deutschen Banken mit der Digitalisierung ihrer Transaktionsprozesse erst am Anfang.

Person, die sich Daten auf einem Smartphone ansieht

Non-Performing Loans: Welche Chancen digitale Transaktionen bieten

Autoren
Tobias Stockstrom

Partner, EMEIA Financial Services - Strategy and Transactions - Restructuring, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Über 20 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungssektor, einschließlich Private Equity; Familienmensch, der Sport und Grillabende liebt und begeistert davon ist, mit seinem Team neue Wege zu gehen

Thomas Koß

Leiter Strategy and Transactions im Bereich Financial Services | Deutschland

Ansprechpartner für Strategen und Finanzinvestoren im gesamten Lebenszyklus von M&A-Transaktionen im Financial-Services-Sektor. Familienvater, Ausdauersportler und Bücherenthusiast.

4 Minuten Lesezeit 5 Oktober 2021

Weitere Materialien

  • COVID-19 und NPL: Routine nimmt zu, Anspannung lässt nach

Die NPL-Quoten steigen – dennoch stehen die deutschen Banken mit der Digitalisierung ihrer Transaktionsprozesse erst am Anfang.

Überblick

  • In der aktuellen EY-Kurzumfrage erwartet die Mehrheit der Bankmanager  weiter steigende NPL-Quoten und -Transaktionen.
  • Allmählich lässt die Sorge der Banken über die Auswirkungen der Pandemie nach – die Routine im Umgang mit NPL nimmt zu. 
  • Weniger als die Hälfte der Institute planen einen Risikotransfer, die meisten sind technisch kaum darauf vorbereitet.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind für die deutschen Banken längst nicht ausgestanden. Die Bestände an Non-Performing Loans (NPL) in den Kreditportfolien der Häuser wachsen. Deswegen dürften NPL-Transaktionen mittel- bis langfristig deutlich zulegen. 

Die aktuelle EY-Kurzumfrage von August 2021 zeigt zudem, dass die anfänglich große Unsicherheit der Branche über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die NPL-Entwicklung langsam verfliegt. Die Mehrheit der Befragten geht mittlerweile davon aus, dass sich die Covid-19-Krise wenig bis gar nicht auf die NPL-Quote ihres Instituts auswirken wird.

Weitere Materialien

  • EY Spotlight zum NPL-Markt, August 2021 │ Covid-19 und NPL: Routine nimmt zu, Anspannung lässt nach

Dennoch bleibt der Abbau von Kreditrisiken in den Portfolien eine der Hauptaufgaben, auf die sich die Geldhäuser zeitnah vorbereiten sollten. Digitale NPL-Transaktionsprozesse sorgen für das erforderliche Tempo und ermöglichen zusätzliche Einsparungen. 

Neukreditvergabe steigt wieder 

Die Anspannung durch die Corona-Krise legt sich allmählich: 84 Prozent der befragten 100 Bankmanager rechnen im zweiten Quartal 2021 mit weiter steigenden NPL-Quoten. Im ersten Quartal taten dies noch 90 Prozent. In der aktuellen Kurzstudie erwartet keiner der Befragten mehr starke Auswirkungen der Pandemie auf die NPL-Quote, knapp 30 Prozent gehen von einem mittleren und 55 Prozent nur noch von einem geringen Effekt aus.

Lediglich 36 Prozent der Bankmanager sehen eine weiter rückläufige Neukreditvergabe. 43 Prozent der Befragten erwarten vielmehr, dass sie künftig wieder mehr neue Darlehen ausreichen werden. 

Am stärksten betroffen von Kreditausfällen bleiben – wie bereits in den Vorgängerstudien –  Finanzierungen von Unternehmen und Gewerbeimmobilien. Zudem werden Verbraucherkredite, Kreditkartenforderungen und Autodarlehen zunehmend als gefährdet eingestuft.

EY Spotlight NPL-Markt

78 %

erwarten, dass Unternehmensfinanzierungen an der Spitze der Kreditausfälle stehen.

Transaktionszahlen legen kräftig zu – Institute warten ab

In den kommenden 12 bis 18 Monaten rechnen 83 Prozent der Befragten (Q1: 80 Prozent) mit einer wachsenden Zahl von NPL-Transaktionen. Dennoch planen 60 Prozent der Entscheider derzeit noch keinen Kreditrisikotransfer für ihr Institut. Lediglich 40 Prozent bereiten einen Risikotransfer vor, 22 Prozent davon streben einen hauseignen Workout an.

Entsprechend zögerlich laufen in den Instituten die technischen Vorbereitungen für Risikotransfers: Nur 15 Prozent wollen langfristig die erforderlichen prozessualen Voraussetzungen für NPL-Transaktionen schaffen, erst ein Drittel hat bereits entsprechende Strukturen implementiert. 

Vier von fünf Befragten haben nicht vor, in ihren Häusern Strukturen zu implementieren, die einen Verkauf von Kreditrisiken langfristig vereinfachen und auf einem höheren Niveau digitalisieren würden.

Geringes digitales Know-how 

60 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass ihre Bank bereits prozessual angemessen auf eine externe Übertragung von Kreditrisiken vorbereitet ist. 71 Prozent erklären, dass ihre Häuser über die erforderliche aktuelle und digitalisierte Datenbasis verfügen. Das deutet darauf hin, dass viele Bankmanager nicht wissen, welche digitalen Lösungen zur Neuausrichtung und Beschleunigung von NPL-Transaktionen zur Verfügung stehen.

Viele Bankmanager wissen nicht, welche digitalen Lösungen zur Neuausrichtung und Beschleunigung von NPL-Transaktionen zur Verfügung stehen.

Ein erfolgreicher Risikotransfer erfordert eine umfassende Digitalisierung der Transformationsprozesse. Infolge der wachsenden Anonymisierung von Kundenkontakten wird die Datenbeschaffung immer komplexer. Beispiele dafür sind die Bereiche „Know Your Customer“ (KYC) sowie die zunehmenden regulatorischen Anforderungen zur Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung. 26 Prozent der Befragten bewerten den Digitalisierungsgrad der KYC-Bearbeitung in ihrem Institut bislang als gering, 52 Prozent als mittelmäßig.

Zu früh für eine Entwarnung 

Die Alarmbereitschaft unter den deutschen Bankmanagern angesichts der steigenden Kreditausfälle infolge der Corona-Krise weicht allmählich einer Routine im Umgang mit Kreditrisiken. Doch kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Im Gegenteil: Angesichts der wachsenden NPL-Bestände in den Kreditportfolien der Institute und einer sich wandelnden NPL-Landschaft sollten die Institute zeitnah ihre NPL-Transaktionsprozesse digitalisieren. 

Die zu erwartende steigende Zahl notleidender Kredite und die verschärften regulatorischen Vorgaben für das Risikomanagement stellen die Branche langfristig vor die Herausforderung, NPL häufiger und in größerem Ausmaß zu veräußern. Der Aufbau einer digitalen Systembasis für NPL-Transaktionen ist dabei kein Einzweckwerkzeug, sondern verspricht Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile für das gesamte Kreditmanagement.

Co-Autoren: Sven Bivour, Katharina Bästlein

 

Fazit

Die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bleibt eine enorme Herausforderung für die deutschen Banken. Doch signalisieren in der aktuellen EY-Kurzumfrage inzwischen mehr Institute, dass sie den Umgang mit den Non-Performing Loans (NPL) in ihren Kreditportfolien immer besser in den Griff bekommen. Die anfänglich großen Sorgen der Bankmanager über die Folgen der Pandemie lassen nach, der Umgang mit NPL-Beständen wird routinierter. Dennoch erwarten fünf von sechs Instituten weiter steigende NPL-Quoten. Die Mehrzahl der Befragten rechnet kurz- bis mittelfristig mit einer wachsenden Zahl von NPL-Transaktionen. Mithilfe digitaler Prozessinnovationen lassen sich komplexe Risikotransfers effizient und kostengünstig abwickeln.

Über diesen Artikel

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Tobias Stockstrom

Partner, EMEIA Financial Services - Strategy and Transactions - Restructuring, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Über 20 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungssektor, einschließlich Private Equity; Familienmensch, der Sport und Grillabende liebt und begeistert davon ist, mit seinem Team neue Wege zu gehen

Thomas Koß

Leiter Strategy and Transactions im Bereich Financial Services | Deutschland

Ansprechpartner für Strategen und Finanzinvestoren im gesamten Lebenszyklus von M&A-Transaktionen im Financial-Services-Sektor. Familienvater, Ausdauersportler und Bücherenthusiast.