7 Minuten Lesezeit 14 Februar 2019
Geschäftsmann schaut auf ein Smartphone

Wie 5G Städte intelligenter machen wird

Von George Atalla

EY Global Government & Public Sector Leader

Working with governments to address complex issues and build a better working world.

7 Minuten Lesezeit 14 Februar 2019

4G-Netzwerke führten zu einem Boom bei Smartphones; 5G soll dasselbe für intelligente Städte erreichen.

Von Lyft bis Airbnb: Mobile 4G-Netze ließen den Markt für mobile Apps explodieren und veränderten dadurch unsere Lebensweise. Sie läuteten auch die Sharing- und Gig-Economy ein.

Doch wenn 4G in der Kommunikationstechnologie einen großen Schritt nach vorne markiert, wird 5G eine Quantenverschiebung sein. Mit einer voraussichtlichen Übertragungsgeschwindigkeit von rund 20 Gbps (ein Vielfaches schneller als 4G) und  Verzögerungsraten  von weniger als einer Millisekunde wird 5G Menschen und Orte verbinden wie nie zuvor.

Und all dies auf einem Planeten, der immer urbaner wird. Bis 2050 werden knapp 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – Menschen, die Wohnungen, Arbeit, Dienstleistungen und Infrastruktur für die wachsende (und alternde) Bevölkerung benötigen. 5G liefert dabei die Konnektivität, die das Leben von Millionen und Abermillionen neuer Städter verändern wird.

Bis 2024 soll 5G die Hälfte der Weltbevölkerung erreichen. Bis 2030 werden bis zu 125 Milliarden IoT-Sensoren und -Geräte in unseren Wohnungen, Autos, Büros und und Straßen miteinander vernetzt sein, wodurch radikal neue Umgebungen entstehen, in denen wir leben und arbeiten werden.

Bei der Technologie wird es nicht mehr um die Geräte gehen, die wir tragen, sondern um die Netzwerke, die jeden Aspekt unseres Lebens umspannen. Diese Netzwerke werden Städten jeder Größe die Möglichkeit geben, zu intelligenten, lebendigen Knotenpunkten zu werden, die Menschen eine hohe Lebensqualität bieten.

Vierer-Rennen um den ersten Platz

5G lockt mit viel Potenzial: Die Länder, die diese Technologie als erste einführen, werden auch als erste davon profitieren.

Die USA waren das erste Land, in dem 4G eingeführt wurde. Als Ergebnis konnten US-Unternehmen bei der Entwicklung bis dahin nicht umsetzbarer Apps mit revolutionären Serviceangeboten die Führung übernehmen. Heute gibt es eine vierspurige Rennstrecke, auf der vier Regionen um die Implementierung der ersten 5G-Netze kämpfen.

China, USA, Südkorea und die EU haben bereits Pilotprojekte in wichtigen Städten auf den Weg gebracht.

Dass Chinas 5G-Pläne die ehrgeizigsten sind, ist angesichts der digitalen Agenda des Landes nicht verwunderlich. Die chinesische Regierung investiert Hunderte Milliarden US-Dollar in Infrastruktur und in verschiedene Branchen, um als erste die Ziellinie zu überqueren. Erste 5G-Pilotprojekte gibt es in Peking, Shanghai und einem Dutzend weiterer Städte. Mittlerweile verfügt allein Peking über mehr als 300 5G-Basisstationen.

In den USA und in Südkorea ist es die Telekommunikationsbranche, die die Umsetzung von 5G forciert. Sie kooperiert dabei eng mit Städten und Regierungen. In den USA arbeiten private Telekommunikationsunternehmen mit Städten zusammen, um mit Pilotnetzen und Innovationslabors Smart City-Lösungen zu schaffen. Verizon aktivierte eines der weltweit ersten 5G-Netze in vier Städten, dutzende sollen folgen. AT&T errichtete Netzwerke in mehr als 20 Städten. Südkoreas Telekommunikationsunternehmen arbeiten gemeinsam mit der Regierung, mit Städten und Forschungseinrichtungen daran, Netzwerke in den wichtigsten Städten des Landes zu lancieren.

Unterdessen hat die EU 20 sogenannte „Testbed“-Städte benannt, um verbraucherorientierte 5G-Anwendungen im Rahmen des Aktionsplans „5G für Europa“ zu testen. Ziel ist es, bis 2020 in jedem Mitgliedstaat eine 5G-Stadt zu haben. Eines dieser Testbeds ist Barcelona. Die Stadt startete ein Pilotprogramm für vernetzte Fahrzeuge, Gesundheitsversorgung, industrielle Anwendungen und Unterhaltung.

Die Länder, die diese Technologie als erste umsetzen, werden auch als erste davon profitieren.

Wie 5G das Leben in smarten Städten verändert:

Wie die Dampfmaschine und Elektrizität ist auch 5G eine allgemein zweckdienliche Technologie, die sich auf alle Lebensaspekte in einer intelligenten Stadt auswirken wird. Hier sind vier Möglichkeiten, wie 5G die Stadtlandschaft verändern wird – und wie die Städte bereits reagieren:

1. Sie kann Menschen dabei helfen, sich mit Leichtigkeit in überfüllten Stadtgebieten zu bewegen.

5G-Netze werden die Sensoren und Geräte antreiben, die die Mobilitätsnetze der Städte unterstützen. Daraus entstehen vernetzte, autonome Fahrzeuge und intelligente Verkehrsnetze. All dies wird die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen reduzieren.

In einigen Teilen der Welt ist diese Veränderung schon im Gange. Shanghai ist die erste chinesische Stadt, die mit 5G ein intelligentes Fahrzeugnetz aufbaut, das bis 2020 voraussichtlich 100 Quadratkilometer umfassen soll.

Andere Städte bewegen sich schon jetzt in eine Zukunft mit weniger oder gar keinen Autos. In der US-amerikanischen Stadt Phoenix hat Waymo die weltweit erste selbstfahrende Taxiflotte gestartet. Oslo wird Autos bald vollständig aus seinem Stadtkern verbannen. Berlin, Madrid, Mexiko-Stadt und weitere folgen diesem Beispiel und gestalten ihre belebtesten Straßen zusätzlich mit dem Fokus auf Fußgänger statt Autos.

2. Durch Datennutzung städtische Prozesse in neuer Dimension ausführen

5G wird Daten zahlreicher Sensoren und IoT-Netzwerke mit hoher Geschwindigkeit übertragen. Damit können Städte ihre Dienste laufend und in Echtzeit den jeweiligen Veränderungen in ihrem Umfeld anpassen.

Chicago erprobt dieses Konzept in einem viel kleineren Rahmen mit seinem urbanen „Array of Things“-Sensorprojekt. Ein Netzwerk von Sensoren sammelt zunächst Echtzeitdaten zu Dingen wie Wetter, Verkehr, Luftverschmutzung und Müllabfuhr. Anschließend erarbeitet die Stadtverwaltung gemeinsam mit Unternehmen, Bürgerorganisationen und Universitäten Reaktionen auf diese Daten und passt die städtischen Abläufe entsprechend an.

3. Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Automatisierung der Notfallmaßnahmen

In Südkorea entwickelt Mobilfunkanbieter KT gerade eine luftgestützte Plattform für Katastrophen- und Sicherheitsmanagement. Die Plattform nutzt Überwachungsdrohnen und Roboter, um Such- und Rettungsaktionen durchzuführen. Darüber hinaus tragen die Rettungskräfte Augmented-Reality-Brillen, über die sie mit Ärzten verbunden sind, die sie bei der Notfallbehandlung vor Ort unterstützen.

Das ist nur ein Beispiel der neu entstehenden Realität. Intelligente, sensorgestützte Technologien bieten noch viel mehr Möglichkeiten: von der Erkennung potenzieller Wartungsprobleme in Infrastrukturnetzen, noch bevor es zum Ausfall kommt, bis hin zur schnellen Umleitung des Verkehrs nach Unfällen und Ähnlichem. Mit der Kombination aus größeren Datenmengen, schnelleren Analysen und kürzeren Reaktionszeiten könnte 5G die Art und Weise, wie Städte funktionieren, revolutionieren.

4. Die digitale Kluft schließen

Eine der Herausforderungen der schnellen Urbanisierung besteht darin sicherzustellen, dass alle Bewohner Zugang zu den gleichen Möglichkeiten und Diensten wie Breitband, Bildung und Gesundheitsversorgung haben und außerdem in der Lage sind, Mobilitätsdienste und wirtschaftliche Chancen zu nutzen. Huawei und der kenianische Mobilfunkanbieter Safaricom arbeiten gemeinsam an 5G-Services für Nairobi und die ländlichen Gebiete um die Stadt herum. Diese werden den Menschen Zugang zu Bildung sowie zu Alphabetisierungs- und Trainingsprogrammen ermöglichen.

5G wird den Menschen auch den Zugang zur Gesundheitsversorgung mit Hilfe von Telekommunikationstechnologie ermöglichen, bei denen Sensoren ihre Vitalparameter überwachen. In den USA arbeiten Verizon und die Columbia University in New York gemeinsam an einem Pilotprojekt für Fern-Chirurgie, Physiotherapien und telemedizinische Versorgung durch 5G. Technologien wie diese versetzen Gesundheitsdienstleister in die Lage, für viele Menschen eine schnelle Versorgung zu gewährleisten und ein Altern in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen.

Wie sich Städte auf 5G vorbereiten sollten

Mit der Einführung von 5G werden Städte zu Labors für Experimente und Innovationen – mit praktisch endlosen Möglichkeiten.

Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der Bewohner Virtual Reality-Brillen tragen und mit Hilfe eines Remote-Experten ihre Geräte reparieren oder ihre Wohnräume umgestalten können. Wo Pendler mit tragbaren Geräten nahtlos vom E-Scooter auf den Hyperloop wechseln können. Und wo Bürgermeister „digitale Zwillinge“ kreieren können, um städtische Prozesse, Infrastrukturinvestitionen oder Reformen zu testen, bevor diese sie umsetzen.

Und stellen Sie sich nun vor, dass diese Städte dazu eine florierende industrielle Internetbranche beherbergen. Unternehmen können ihre eigenen 5G-Netzwerke aufbauen, um sich mit allen Teilen ihres Geschäftes, ihren Zulieferern und der gesamten Branche zu vernetzen. Dies wiederum fördert neue Geschäftsmodelle – zum Beispiel Unternehmen, die überschüssige Netzkapazitäten verkaufen, – und eröffnet neue Chancen für Unternehmer.

Es ist eine spannende Zukunft, die Herausforderungen mit sich bringen wird. Für die 5G-Technologie braucht es dichte Glasfasernetze, deren Aufbau sehr teuer ist. Vielen Städten fällt es angesichts dringender Sozialthemen nicht leicht, Budget in Netzwerke zu investieren.

Außerdem bringt der Ausbau der Netzwerke allein keine Veränderung. Die Transformation städtischer Ökosysteme wird Stadtregierungen, Unternehmen, Bürgerorganisationen und Einwohner einbeziehen, damit sie gemeinsam die Herausforderungen lösen und die Stadt zu einem besseren Lebensraum machen.

Je früher die Städte mit diesem Prozess beginnen, desto mehr werden sie – und die Menschen, die dort leben und arbeiten – davon profitieren.

Fazit

Mobile Netzwerke der fünften  Generation könnten helfen, viele urbane Herausforderungen zu meistern, und dabei gut vernetzte Gemeinschaften schaffen,  in denen  der Mensch im Mittelpunkt steht. Stadtführer müssen groß denken und zusammenarbeiten, um die transformative Kraft zu nutzen.

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Von George Atalla

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