Wenn die gesetzlichen Krankenversicherungen nicht an Bedeutung verlieren wollen, müssen sie sich wandeln, neue, digital unterstützte Wertschöpfungsmodelle erschließen und ihr Rollenverständnis ändern: vom passiven „Payer“ zum aktiven „Player“.
Dafür sollten die GKV den Versicherten in ihren Digitalisierungsstrategien stärker in den Mittelpunkt rücken und sich am Bild des einzelnen, souveränen Kunden orientieren. Dieser erwartet kontextsensitive, personalisierte Angebote, also Angebote, die helfen, die medizinische Behandlung an den individuellen Erfordernissen auszurichten und situativ durch mögliche Therapiepfade zu navigieren. Das Ziel: den Einzelnen in seiner persönlichen Situation spürbar unterstützen und ihm so eine auf ihn zugeschnittene Versorgung ermöglichen. Ein Beispiel für ein solches Angebot könnte ein digitales Interface sein, mit dessen Hilfe der Versicherte eine geeignete Reha-Einrichtung auswählt – basierend auf einem Matching der individuellen Therapieerfordernisse und der Spezialisierung von Kliniken. Über dieses Tool könnte der Versicherte den Platz online buchen und per Klick relevante Entlassungsdokumente an die Reha-Einrichtung übermitteln.
Die effektive Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems ist nicht alleinige Aufgabe der GKV. Dazu haben sie auch gar nicht das Mandat. Aber als zentrale Akteure mit Schnittstellen zu allen wichtigen Teilnehmern – Patienten, Ärzten, Apotheken, Pharmaunternehmen, Politik, Therapeuten, Arbeitgebern – sind die GKV einzigartig positioniert, um den Takt der Digitalisierung mitzubestimmen: als Pacemaker. Dazu sollten sie als ersten Schritt eine sichtbarere Rolle gegenüber dem Versicherten einnehmen. Die Einwilligung des Versicherten vorausgesetzt, können sie ihm helfen, Informationen zu finden und zu vernetzen, und ihm so als aktiver Gesundheitspartner zur Seite stehen.
Co-Autoren: Sophie Charlott Krause-Hassenstein, Matthias Frey
Fazit
Regulatorik, Zeitgeist und nicht zuletzt Patienten selbst fordern mehr Digitalisierung im deutschen Gesundheitssystem. Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) können eine umfassende digitale Transformation nicht allein stemmen. Als Schnittstelle können sie die Digitalisierung aber mitgestalten und vorantreiben. Der Fokus sollte dabei auf individuellen Lösungen liegen, die den Versicherten Gesundheitsvorsorge und etwaige Therapien leichter machen.