Arbeitgeber dürfen laufende Betriebsrenten durch einmalige Kapitalzahlungen ersetzen – unter bestimmten Bedingungen!

In der Begründung zu seinem Urteil vom 17.01.2023 (3 AZR 501/21) hat sich das Bundesarbeitsgericht ausführlich mit der Zulässigkeit der Auszahlung von Kapitalleistungen anstelle von Renten in der betrieblichen Altersversorgung auseinandergesetzt. Entschieden ist die Sache damit noch nicht, denn das BAG hat den Fall an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen, damit es noch eine angemessene Interessenabwägung vornimmt. 

Versorgungszusage

Im vorliegenden Fall hatte der klagende Arbeitnehmer eine Versorgungszusage auf eine lebenslange Betriebsrente von der Arbeitgeberin erhalten. Die Arbeitgeberin hatte sich nach der ursprünglichen Fassung und einem konkretisierenden Nachtrag das Recht vorbehalten, anstelle einer lebenslangen Rente eine einmalige Kapitalleistung auszuzahlen. Diese sollte dem Barwert der künftigen Versorgungsansprüche, berechnet nach den Rechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG, entsprechen. Später wurde dann in einem undatierten und nicht unterzeichneten Anhang zum Dienstvertrag die Auszahlung als Einmalkapital nicht mehr erwähnt.

Arbeitgeberin besteht auf Einmalzahlung

Die beklagte Arbeitgeberin bestand nun im Leistungsfall auf Auszahlung als einmalige Kapitalleistung und machte geltend, dass dies aufgrund des ursprünglichen Vorbehalts in ihrem freien Ermessen stehe. Der Kläger verlangte die lebenslange Rente, unterlag jedoch mit dieser Forderung vor dem Arbeitsgericht wie auch vor dem LAG. Die Revision des Klägers vor dem BAG führte indes zur Aufhebung des Urteils des LAG Hamm und zur Zurückverweisung der Sache zur Verhandlung und Entscheidung.

BAG: keine Benachteiligung

Das BAG führte aus, dass die infrage stehenden Klauseln in der Versorgungszusage bzw. ihren Nachträgen der Beklagten grundsätzlich wirksam die Möglichkeit der Zahlung eines Einmalkapitals anstelle einer lebenslangen Rente eröffnen. Es handle sich dabei jedoch nicht, wie das LAG meinte, um eine Wahlschuld, sondern um eine Ersetzungsbefugnis, die als allgemeine Geschäftsbedingung am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB zu prüfen sei. Die hiernach erforderliche Zumutbarkeit für den Kläger sei vorliegend durch die Zusage gewahrt.

Interessenabwägung notwendig

Der Senat führte aus, eine Benachteiligung des Klägers sei aufgrund der Festlegung einer wertgleichen Kapitalleistung (Barwert der künftigen Versorgungsleistungen) grundsätzlich nicht zu befürchten, einmalige Kapitalzahlungen seien anerkanntermaßen grundsätzlich ebenso geeignete Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wie laufende Renten. Jedoch müsse die Entscheidung der Beklagten auch billigem Ermessen gemäß § 315 BGB entsprechen und sei nicht, wie die Beklagte meinte, nach freiem Ermessen möglich. Offen bleibe daher im konkreten Fall noch eine angemessene Interessenabwägung, insofern sei die Sache zur Entscheidung zurückzuverweisen.

Praxishinweis

Arbeitgebern ist zu raten, ihre Versorgungszusagen auf die Ausgestaltung der Leistung und diesbezüglicher Wahlrechte zu überprüfen.

Für den Fall, dass sich Arbeitgeber einseitig vorbehalten, anstelle einer lebenslangen Rente eine einmalige Kapitalleistung zu erbringen, legt das BAG nach der hier besprochenen Entscheidung besonderen Wert auf eine konkrete Interessenabwägung. Dabei nennt der Senat mehrere Bespiele: Beim Arbeitnehmer sei die finanzielle Situation und dessen Bedarf an einer kontinuierlichen Einkommensquelle zu berücksichtigen. Für den Arbeitgeber könne sprechen, dass der Verwaltungsaufwand der Zusage unvorhersehbar gestiegen sei, er seinen Betrieb einstellen, übergeben oder stilllegen möchte oder aufgrund wirtschaftlicher Probleme eine Verbesserung der Bilanzierung angestrebt werde. Auch könne eine Erhöhung der Kapitalleistung auf einen Betrag oberhalb des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der laufenden Leistung zugunsten des Arbeitgebers berücksichtigt werden.

Dies ist insbesondere deshalb interessant, da der im vorliegenden Fall konkret gewählte, vom BAG als wertgleich bezeichnete Kapitalbetrag als eher niedrig eingestuft werden muss. Die Berechnung der Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG bedeutet, dass ein Rechnungszins von 6 Prozent angewendet wird, also ein Zins, der weit über einem realistischen Marktzins (etwa knapp unter 1 Prozent) aus dem Jahr 2020 liegt. Dies führt zugunsten des Arbeitgebers zu einer relativ niedrigen Einmalzahlung, die das BAG hier als wertgleich „durchwinkt“, ohne dies zu problematisieren. Es bleibt abzuwarten, wie das LAG die Sache entscheidet.