Keine ermäßigte Besteuerung bei Zahlung in zwei Veranlagungszeiträumen
Eine einheitliche Entschädigung, die in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ausgezahlt wurde, kann vorliegen, wenn alle Teilbeträge auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sind. Dies gilt auch, soweit eine Teilentschädigung dafür geleistet wird, dass der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis bei der Transfergesellschaft vorzeitig kündigt, weil er eine neue Stelle gefunden hat (BFH/NV vom 06.12.2021, IX R 10/21). Im Streitfall waren diese Bedingungen erfüllt, was die (günstigere) Besteuerung nach der „Fünftelregelung“ vereitelte.
Kündigung aufgrund von Umstrukturierung
Der Kläger war über 20 Jahre bei seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, beschäftigt. Aufgrund von Maßnahmen zur Umstrukturierung und zum Abbau von Arbeitsplätzen schlossen er und die GmbH unter Beteiligung einer Transfergesellschaft einen dreiseitigen Vertrag. Teil 1 des Vertrags betraf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der GmbH und Teil 2 einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft.
Abfindung, Zusatzabfindung und Startprämie
Dem Kläger wurde eine Abfindung in Höhe von 115.700 Euro (§ 4 Nr. 1 des Vertrags) zugesagt. Sofern er frühzeitig eine neue Arbeitsstelle antreten würde, ohne in die Transfergesellschaft A einzutreten, würde er eine Zusatzabfindung von 30.000 Euro erhalten. Wenn er – ggf. nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses in der Transfergesellschaft A – von einer befristeten Beschäftigung in der Transfergesellschaft B absehen würde, sollte er eine Zusatzabfindung in Höhe von 40.000 Euro erhalten. Schließlich war für jeden vollen Monat der Nichtinanspruchnahme der Leistungen der Transfergesellschaft eine Startprämie vorgesehen. Sie belief sich bei Ausscheiden innerhalb der ersten vier Monate der Beschäftigung auf 1.750 Euro pro Monat.
Finanzamt versagt Tarifermäßigung
2015 wurde dem Kläger die Abfindung in Höhe von brutto 115.700 Euro überwiesen. 2016 erhielt er weitere 59.250 Euro (40.000 Euro + 1.750 Euro × 11 Monate). Das Finanzamt unterwarf die Beträge der tariflichen Einkommensteuer. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger die Anwendung der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG durchsetzen wollte, blieben erfolglos.
Zahlungen betrafen den Verlust des Arbeitsplatzes
Der BFH wies die Revision gegen die Vorentscheidung zurück. Alle drei Entschädigungsleistungen wurden nach Auffassung des Gerichts für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt. Sowohl die Sozialplanabfindung als auch die Zusatzabfindung betrafen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die verschiedenen vertraglichen Bestandteile seien im Streitfall untrennbar verbunden sowie aufeinander abgestimmt und können nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Dazu zählen sowohl die Möglichkeit der befristeten Weiterbeschäftigung in den Transfergesellschaften A und B als auch die finanziellen Anreize für einen vorzeitigen Ausstieg aus den Gesellschaften.
Keine isolierte Betrachtung
Auch wenn die Startprämie nur gezahlt wurde, weil der Kläger den Vertrag mit der Transfergesellschaft A gekündigt hat, ist sie doch zusammen mit der „Zusatzabfindung“ ein Bestandteil der sozialverträglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der GmbH.
Der BFH schloss sich damit der Vorinstanz an, die eine isolierte Betrachtung der verschiedenen Zahlungen abgelehnt hatte, da sie weder ihrer arbeitsrechtlichen noch ihrer wirtschaftlichen Zielsetzung gerecht wird. Die Option, Arbeitsverhältnisse mit der Transfergesellschaft A und B abzuschließen, sollte dem Mitarbeiter lediglich Zeiten der Arbeitslosigkeit ersparen, die Übergangszeit möglichst effektiv gestalten und es ihm ermöglichen, sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus zu bewerben.
BFH verneint Geringfügigkeit
Der BFH stimmt mit dem Finanzgericht auch darin überein, dass die Zusatzabfindung und die Startprämie nicht als Leistungen der sozialen Fürsorge oder als unschädliche geringfügige Teilleistungen im Verhältnis zur Sozialplanabfindung anzusehen sind. Die Höhe der Zusatzabfindung und der Startprämie sprechen gegen die Annahme begünstigungsunschädlicher geringfügiger Teilleistungen.