Please put alt text here

Fiktive unbeschränkte Steuerpflicht und Progressionsvorbehalt

Behandlung ausländischer Krankengeldzahlungen und Kapitaleinkünfte

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Behandlung von beschränkt Steuerpflichtigen als unbeschränkt steuerpflichtig erfüllt sind, dürfen ausländische Krankengeldzahlungen nicht als ausländische Einkünfte berücksichtigt werden. Sie sind jedoch ggf. in die Ermittlung des Progressionsvorbehalts einzubeziehen. Ausländische Kapitalerträge, die in Deutschland der Abgeltungsteuer unterlägen, wenn es sich um inländische Kapitalerträge handelte, bleiben dagegen beim Progressionsvorbehalt unberücksichtigt (BFH, Urteil vom 01.06.2022, I R 3/18, veröffentlicht am 13.10.2022).

  • Antragsveranlagung

    Beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen werden auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Dies setzt voraus, dass mindestens 90 Prozent ihrer Einkünfte der deutschen Besteuerung unterliegen. Die Höhe der Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachzuweisen.

    Anders als bei der „echten“ unbeschränkten Steuerpflicht umfasst die unbeschränkte Steuerpflicht nur die inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG. Die Antragsveranlagung ermöglicht unter anderem den Abzug von Werbungskosten, des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags. Ob sie vorteilhaft ist, hängt jedoch vom jeweiligen Einzelfall ab.

Ausländische Krankengeldzahlungen

Krankengeldzahlungen aus den Niederlanden wären bei unbeschränkter Steuerpflicht nach deutschem Einkommensteuerrecht grundsätzlich steuerbar, aber steuerfrei, erläutert der BFH. Die Befreiung nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG umfasste schon vor der Gesetzesänderung zum 01.01.2015 nicht ausschließlich die Zahlungen inländischer Krankenversicherungen, führt er weiter aus.

Sie sind daher für die Berechnung der Wesentlichkeitsgrenzen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 EStG) als Voraussetzung für die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht in die Ermittlung des Welteinkommens nicht einzubeziehen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 01.10.2014, I R 18/13). Damit widersprach der BFH der Finanzverwaltung, die das Krankengeld als ausländische Einkünfte berücksichtigt und die Veranlagung der Steuerpflichtigen nach den Regelungen zur fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht abgelehnt hatte.

Solche Einnahmen seien aber ggf. bei der Bemessung des Progressionsvorbehalts zur Berechnung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG). Dies hatte die Vorinstanz noch anders gesehen.

Ausländische Kapitaleinkünfte

Bei der Bemessung des Progressionsvorbehalts bleiben laut BFH nach § 2 Abs. 5b EStG ausländische Kapitaleinkünfte außer Betracht, die bei einem inländischen Sachverhalt der Abgeltungsteuer unterlägen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 12.08.2015, I R 18/14).

Handlungsempfehlung

Vor der Ausübung des Wahlrechts sollte seine Vorteilhaftigkeit genau geprüft werden. Werden im anderen Staat keine Einkünfte erzielt, kann es zudem schwierig werden, die Höhe der nicht in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte nachzuweisen. Denn manche Staaten stellen keine Nullbescheinigungen aus. Nach Auffassung des BFH können Steuerpflichtige in diesem Fall ersatzweise die Bescheinigung einer deutschen Auslandsvertretung einreichen.