Menschen in Konferenzraum

Hybrides Arbeiten und Remote Work im Ausland

Handhabung in der Praxis und Verbesserungsvorschläge für Gesetzgeber und Verwaltung

Hybrides Arbeiten und Remote Work stellen nicht nur deutsche Arbeitgeber vor vielfältige Herausforderungen. Das Amt für Steuervereinfachung (Office of Tax Simplification, kurz OTS) im Vereinigten Königreich hat im Rahmen einer umfangreichen Befragung die neuesten Trends analysiert und untersucht, ob die derzeit geltenden Regelungen flexibel genug sind, um der neuen Arbeitswelt gerecht zu werden. Die Ergebnisse weisen große Parallelen zu der Lage in Deutschland auf. Der folgende Beitrag erläutert die Ergebnisse der Untersuchung des OTS insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitendes Arbeiten und geht auch auf die Situation in Deutschland ein. 

Jede große Reform hat nicht darin bestanden, etwas Neues zu tun, sondern etwas Altes abzuschaffen.
Henry Thomas Buckle (1821-1862)
englischer Historiker und Schachspieler

Hybrides Arbeiten und Remote Work im Ausland

Der Bericht des OTS konzentriert sich auf zwei Bereiche:

  • Hybrides Arbeiten: Hier üben die Beschäftigten ihre Arbeit teilweise an ihrem Arbeitsplatz beim Arbeitgeber und teilweise an einem anderen Ort aus (in der Regel zu Hause, aber manchmal auch in einem anderen Land als dem, in dem sie normalerweise arbeiten).
  • Remote Work im Ausland: Hier arbeiten die Beschäftigten dauerhaft in einem anderen Land als dem Standort des Unternehmens.

Entsendungen werden ausdrücklich nicht behandelt.

Wie regeln Arbeitgeber hybrides Arbeiten und Remote Work?

Die befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass sich das hybride Arbeiten durchsetzen wird, und planen entsprechend – obwohl viele der Meinung sind, dass sich die Handhabung der verschiedenen Arbeitsformen noch weiterentwickeln wird.

Fast alle Unternehmen, die das OTS befragte, bieten ihren Beschäftigten an, einen Teil der Zeit zu Hause zu arbeiten. Arbeit im Ausland wird üblicherweise zweimal im Jahr für insgesamt 10–30 Arbeitstage erlaubt. Der Verwaltungsaufwand ist allerdings in der Regel erheblich.

Einige Arbeitgeber schließen Personen, bei denen ein Betriebsstättenrisiko bestehen könnte, von der Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten, aus. Auch die im Ausland erlaubten Tätigkeiten werden reguliert – ebenfalls um ein Betriebsstättenrisiko zu vermeiden. So schränken einige Arbeitgeber den Aufenthalt auf Firmengeländen oder das Treffen von (Management-)​Entscheidungen ein.

Manche Arbeitgeber haben Listen von zulässigen Ländern erstellt, die auf ihren Nachforschungen über die lokalen Gesetze und Vorschriften (einschließlich Steuern) basieren.

Neben dem Arbeitsrecht und der persönlichen Sicherheit gibt es noch weitere nichtsteuerliche Faktoren, auf die die Unternehmen achten: persönliche Sicherheit, Datenschutz, Arbeitgeberhaftpflichtversicherung, Krankenversicherung, Gesundheit sowie IT- und Datensicherheit.

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    Wir freuen uns, Sie zur Veranstaltung begrüßen zu dürfen, und auf einen spannenden Austausch.  

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Verbesserungspotenzial

Werbungskosten und Erstattung von Aufwendungen

Die Arbeitgeber fordern eine Überprüfung der steuerlichen Regelungen zu Kostenerstattungen und Werbungskosten, da viele Konzepte an traditionellere Arbeitsweisen anknüpfen. Die Einführung zusätzlicher Steuererleichterungen wäre mit Kosten für die Staatskasse verbunden. Doch die Anpassung der steuerlichen Regelungen für Arbeitnehmer an die geänderten Gegebenheiten muss nicht automatisch den Staatshaushalt belasten.

Die Regierung sollte nicht nur eine Änderung der Regelungen in Erwägung ziehen, sondern auch die Finanzbehörde auffordern, die Richtlinien zu verbessern, um sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zu helfen; derzeit gibt es nur wenige Hinweise zum hybriden Arbeiten bzw. zu Remote Work für einen ausländischen Arbeitgeber.

Sorgenkind Betriebsstättenrisiko

Beim grenzüberschreitenden Arbeiten bereitet insbesondere größeren Unternehmen das Betriebsstättenrisiko die meisten Sorgen. Auch wenn langfristig betrachtet eine Lösung auf OECD-Ebene erforderlich ist, wünschen sich die Arbeitgeber von ihrer Regierung, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht. Konkret sollte es für kurzfristige Aufenthalte im Zusammenhang mit Urlaubsreisen Erleichterungen geben, gegebenenfalls nur für Beschäftigte aus Staaten, die im Hinblick auf mögliche Compliance-Risiken als „sicher“ angesehen werden.

Auch längerfristige und dauerhafte Aufenthalte von Mitarbeitenden, generieren nicht immer eindeutig eine Betriebsstätte. Die befragten Unternehmen halten es für notwendig, für diese Fälle die Voraussetzungen zu überprüfen, unter denen ein fester Geschäftssitz vorliegt. So ist zu klären, ob ein Homeoffice oder ein Hotelzimmer einen festen Geschäftssitz darstellen können und ob Backoffice-Funktionen wie etwa die Personalabteilung als „vorbereitend und unterstützend" anerkannt werden können (und daher keine Betriebsstätte begründen).

Einige multinational tätige Unternehmen versuchen, das Betriebsstättenrisiko zu vermeiden, indem sie in Großbritannien tätige Mitarbeitende bei einer lokalen Gesellschaft anstellen und die Kosten weiterbelasten. Hier sind (Safe-Harbour-)Leitlinien zu den Transfer-Pricing-Regelungen gefragt, damit die Unternehmen sicherstellen können, dass sie die entsprechenden Vorschriften einhalten.

Grenzüberschreitendes Arbeiten außerhalb von Entsendungen

Das Angebot, für kurze Zeit im Ausland zu arbeiten, wird bisher nur von wenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Anspruch genommen. Die Unternehmen gestatten auch einer kleinen Anzahl von Personen, langfristig im Ausland zu leben und zu arbeiten, während der Nutzen ihrer Tätigkeit hauptsächlich einem anderen Land zugutekommt. Die Unternehmen gehen davon aus, dass hier die Nachfrage steigen wird.

Viele Arbeitgeber gestatten ihren Beschäftigten für kurze Zeit im Ausland zu arbeiten, um Personal zu gewinnen und zu halten.

Die Unternehmen wünschen sich eindeutige Regelungen zu den Folgen der grenzüberschreitenden Arbeit von Beschäftigten, die sich aus eigenem Antrieb dafür entschieden, im Ausland zu arbeiten. Die Auswirkungen auf die Sozialversicherung und die Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie auf ein eventuelles Betriebsstättenrisiko und Verrechnungspreise wurden von den Unternehmen als unklar empfunden.

Der Grund dafür ist, dass die Rechtsvorschriften und bilaterale Abkommen in der Regel darauf basieren, dass ein Arbeitnehmer in das andere Land entsandt wird. Multinationale Unternehmen erhoffen sich, dass das Vereinigte Königreich hier eine Führungsrolle übernehmen wird. Außerdem solle das Vereinigte Königreich nach Möglichkeit einseitige, klar verständliche Leitlinien vorgeben.

Sowohl bei der grenzüberschreitenden Lohn- und Gehaltsabrechnung als auch bei der Sozialversicherung wünschen sich die Unternehmen bessere Prozesse der Verwaltung, kürzere Bearbeitungszeiten, mehr Erleichterungen und eine bessere Anleitung.

Kurze Aufenthalte

Für kurze Aufenthalte von Mitarbeitenden im Vereinigten Königreich wurde häufig vorgeschlagen, dass diese bis zu einem bestimmten Schwellenwert (etwa 60 Tage oder weniger) keine Steuer- und Sozialversicherungspflicht und auch keine Betriebsstätte auslösen sollen. Dies würde den Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verringern.

  • Große Resonanz

    Der Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen stieß auf großes Interesse. Der Bericht spiegelt das Feedback aus 39 Sitzungen und 50 schriftlichen Antworten wider. Die Umfrage wurde von 425 Personen, hauptsächlich Arbeitnehmern, ausgefüllt.

    Wegen des verkürzten Zeitrahmens brachte das OTS keine eigenen Empfehlungen ein, sondern griff die Verbesserungsvorschläge von Unternehmen und anderen Teilnehmern auf.

Den vollständigen Bericht „Hybrid and distance working report: exploring the tax implications of changing working practices” finden Sie hier.

Verbesserungspotenzial in Deutschland

Die im Bericht aufgeführten Vorschläge zur Entschärfung der Betriebsstättenproblematik sind zu begrüßen. Es bleibt zu hoffen, dass die OECD diese oder ähnliche Regelungen empfehlen wird und dass Deutschland und andere Staaten ihnen folgen. Noch besser wären unilaterale Maßnahmen von deutscher Seite, die zeitnah für mehr Rechtssicherheit und weniger Verwaltungsaufwand sorgen könnten.

Erfreulich wäre es, wenn es auch in Deutschland klare Leitlinien und Vorgaben und eine einheitliche Handhabung gleicher Sachverhalte durch die Verwaltung gäbe. Dies gilt nicht nur im Zusammenhang mit hybridem Arbeiten oder Remote Work, sondern etwa auch bei Entsendungen.

Ein Beispiel dafür ist das Kindergeld: So vertreten teilweise immer noch Familienkasse und Finanzamt unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob noch ein Wohnsitz gegeben ist. Dies führt zu der abstrusen Situation, dass die Familienkasse die Gewährung von Kindergeld ablehnt und die Finanzbehörde dennoch einen Anspruch unterstellt und die Einkommensteuer entsprechend höher ansetzt.

Verbesserungspotenzial auf internationaler Ebene

Wünschenswert wäre eine einheitliche Grenze von „unschädlichen“ Tagen bei Remote Work im Ausland. Diese Grenze sollte im Idealfall nicht nur steuerlich, sondern auch für die Sozialversicherung und arbeitsrechtlich gelten – was vermutlich die Kompetenzen der OECD übersteigt.

Eine Lösung auf europäischer Ebene wäre sicherlich leichter und schneller zu erreichen und sollte unseres Erachtens daher angestrebt werden. Bisher hat Deutschland nur mit Österreich und Tschechien eine Rahmenvereinbarung zur grenzüberschreitenden Telearbeit in bestimmten Situationen getroffen. Diese ermöglichen einen Anteil von Telearbeit von bis zu 40 Prozent im Wohnsitzstaat, ohne dass es zur Anwendung des Sozialversicherungsrechts des Wohnsitzstaates des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin kommt. Unseren Alert zu der Vereinbarung mit Österreich finden Sie hier.

Weitere bilaterale Vereinbarungen zwischen den EU-Staaten im Bereich der Sozialversicherung sind zu erwarten bzw. wurden bereits geschlossen. Eine Änderung der EG-Verordnung würde Rechtssicherheit schaffen und die (sozialversicherungsrechtliche) Handhabung innerhalb der EU erheblich vereinfachen. Der Handlungsbedarf wurde hier zwar erkannt, doch die Umsetzung verzögert sich.

Auf steuerlicher Ebene wird derzeit ein bilaterales Abkommen mit den Niederlanden verhandelt. Solange keine einheitlichen Regelungen vorliegen, müssen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Berater weiterhin mit einem Flickenteppich kämpfen.

Handlungsempfehlung

Deutsche Arbeitgeber bzw. Stammhäuser können sich dem Trend zu hybridem Arbeiten und zum Remote Work ebenfalls nicht verschließen. Die Compliance-Risiken können begrenzt werden, indem – wie im Bericht des OTS dargestellt – Risikogruppen (CEOs, zum Vertragsabschluss berechtigte Personen …) identifiziert und diesen grundsätzlich das Arbeiten im Ausland untersagt wird. Ebenso sollten bestimmte kritische Tätigkeiten im Ausland beschränkt bzw. verboten werden. Empfehlenswert ist auch die Beschränkung auf bestimmte Staaten, wenn die Verwaltungs- und Beratungskosten begrenzt werden sollen. Folgt Großbritannien den Empfehlungen des OTS, könnte es einer der besonders attraktiven Staaten für Remote Work werden.

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