BFH äußert sich zur Rückkehrabsicht
Die Wegzugsbesteuerung entfällt rückwirkend, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht innerhalb von sieben (im Streitfall noch fünf) Jahren nach dem Wegzug wieder begründet wird. Die Finanzverwaltung und Teile der Literatur verlangen zusätzlich, dass im Zeitpunkt der Wohnsitzaufgabe bzw. der Beendigung des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland eine Rückkehrabsicht bestand. Der Bundesfinanzhof ist dem in seinem neu veröffentlichten Urteil vom 21.12.2022 (I R 55/19) entgegengetreten.
Wegzug nach Dubai
Im Streitfall war der Kläger an mehreren GmbHs beteiligt. Er gab seinen deutschen Wohnsitz zum 01.03.2014 auf und bezog in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Eigentumswohnung. Sein Prozessbevollmächtigter teilte dem Finanzamt mit, der Kläger wolle 2016 sein Vermögen abwickeln, damit er seinen Wohnsitz zum 01.01.2017 dauerhaft in die VAE verlegen könne.
Rückkehr nach Deutschland
Ab dem 01.01.2016 war der Kläger wieder unter einer deutschen Anschrift gemeldet; zum 19.12.2016 meldete er sich aus Deutschland in die VAE ab und zum 01.08.2017 meldete er den Rückzug aus den VAE nach Deutschland an.
Wegzugsbesteuerung ausgelöst
Das Finanzamt verneinte eine Rückkehrabsicht und setzte für das Streitjahr (2014) steuerpflichtige Veräußerungsgewinne für die Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG an. Das Finanzgericht Münster bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung. Der Steuerpflichtige legte Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ein.
Fiktive Veräußerung
Wenn eine natürliche Person mindestens zehn Jahre in Deutschland steuerpflichtig war und ihren Wohnsitz (bzw. gewöhnlichen Aufenthalt) im Inland aufgibt und daher ihre unbeschränkte Steuerpflicht endet, fingiert § 6 Abs. 1 AStG die Veräußerung von Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG.
Beendigung und Neubegründung der unbeschränkten Steuerpflicht
Der Kläger hat im März 2014 seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt beendet und war danach in Deutschland nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig. Ob es dadurch zu einer Beschränkung des inländischen Besteuerungsrechts gekommen ist, spielt laut BFH keine Rolle, so bereits das Senatsurteil vom 08.12.2021 (I R 39/19).
Allerdings wurde der Kläger 2016 und damit innerhalb von fünf Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig. Daher sei die Wegzugsbesteuerung mit Wirkung auf das Streitjahr entfallen. Der Kläger war nur vorübergehend abwesend im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG, erläutert das Gericht.
Subjektive Rückkehrabsicht
In der Literatur wird teilweise die Meinung vertreten, dass eine subjektive Rückkehrabsicht erforderlich ist, damit die Wegzugsbesteuerung rückwirkend entfällt. Auch das Bundesministerium der Finanzen hält dieses Kriterium für erforderlich (BMF-Schreiben vom 14.05.2004, Tz. 6.4.1 und 6.4.2). Dieser Auffassung hat der BFH in seiner Urteilsbegründung eine Absage erteilt.
Das Gericht hält es für ausreichend, wenn die steuerpflichtige Person tatsächlich innerhalb von fünf Jahren zurückkehrt. Eine Rückkehrabsicht sei nicht zusätzlich nachzuweisen. Damit schließt sich der BFH den Verfechtern einer (eingeschränkten) objektiven Auslegung des Begriffs der vorübergehenden Abwesenheit an. Das Gesetz verlange eine Rückkehrabsicht erst für die Verlängerung der Fünfjahresfrist (nach neuem Recht Siebenjahresfrist) durch die Finanzbehörde (§ 6 Abs. 3 Satz 2 AStG a. F. bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 AStG n. F.).