Weiträumiges Tätigkeitsgebiet


Tätigwerden in mehreren ortsfesten betrieblichen Einrichtungen

Die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, in dem der Arbeitnehmer typischerweise an jedem Arbeitstag seine Tätigkeit ausübt, können nur mit der Entfernungspauschale steuerlich berücksichtigt werden. Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten auszuüben hat. So der Bundesfinanzhof in seinem am 01.06.2023 veröffentlichten Urteil vom 15.02.2023 (VI R 4/21).

Einsatz an vier verschiedenen Orten

Der Kläger war als Hafenarbeiter beschäftigt und wurde im Streitjahr (2015) an vier verschiedenen Orten innerhalb des Gebiets des Hamburger Hafens eingesetzt. Die Fahrten zum Hafengelände legte er mit dem eigenen Auto zurück. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer beantragte der Kläger den Ansatz der tatsächlichen Kosten für diese Fahrten. Der Arbeitgeber bescheinigte, dass der Kläger keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet war. Das Finanzamt berücksichtigte allerdings lediglich die Entfernungspauschale. Die dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Niedersachen blieb ohne Erfolg.

Aufhebung der Vorentscheidung

Dem ist der BFH entgegengetreten. Er hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Denn nach den bindenden Feststellungen des FG sei der Kläger nicht auf einer festgelegten Fläche, sondern aufgrund (tagesaktueller) Weisungen in ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von (vier) Kunden seines Arbeitgebers tätig geworden.

Kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten auszuüben hat. Der BFH beruft sich hierzu unter anderem auf namhafte Stimmen in der Fachliteratur und auf das BMF-Schreiben vom 25.11.2020.

Daraus ergibt sich, dass Arbeitnehmer, die ihrer eigentlichen Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung nachgehen, nicht von den Regelungen zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet erfasst werden. Dies gelte auch dann, wenn ihnen ein bestimmtes Tätigkeitsgebiet zugewiesen sei und sie dort in verschiedenen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen tätig seien (so auch BMF-Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 42)

Ansatz der tatsächlichen Fahrtkosten

Darauf, dass sich alle Einsatzorte des Klägers auf dem Gebiet des Hamburger Hafens befinden, komme es insoweit nicht an. Die strittigen Fahrten waren daher mit den tatsächlichen Kosten und nicht nur in Höhe der Entfernungspauschale abzugsfähig.


Handlungsempfehlung

Für Arbeitgeber ist das Urteil in vergleichbaren Fällen insbesondere dann interessant, wenn sie den betreffenden Beschäftigten einen Dienstwagen zur Verfügung stellen. Liegt kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet (und auch keine erste Tätigkeitsstätte) vor, ist für die betreffenden Fahrten kein geldwerter Vorteil zu versteuern. Es empfiehlt sich daher zu prüfen, ob hier Korrekturbedarf besteht. Im Zweifelsfall ist eine Lohnsteueranrufungsauskunft ratsam.