- Nach rechtssicherer Entbindung umfassende Aussage möglich
- EY unterstützt Vorgehen des PUA Sekretariats zur Klärung der Rechtslage
- Höchstrichterliche Entscheidung angestrebt
Die drei als Zeugen geladenen EY Mitarbeiter sind am Donnerstag vor den 3. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages getreten. Dr. Christian Orth berichtete den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses in einem ausführlichen Eingangsstatement über Möglichkeiten und Grenzen der gesetzlichen Abschlussprüfung. Darüber hinausgehend können EY Vertreter derzeit aufgrund der bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtung keine Angaben machen.
Deutsche Wirtschaftsprüfer unterliegen strengen Verschwiegenheitspflichten. Jede Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann für die Mitarbeiter erhebliche strafrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen haben. Voraussetzung für umfassendere Aussagen auch zu konkreten Vorgängen bei Wirecard und zu einzelnen Prüfungshandlungen ist daher eine rechtssichere Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht. EY begrüßt in diesem Zusammenhang die erfolgten Entbindungen durch den Insolvenzverwalter und zwei Vorstände sowie den Aufsichtsrat von Wirecard. Nach der Rechtsauffassung der Zeugenbeistände der vom Untersuchungsausschuss geladenen EY-Mitarbeiter reichen diese Entbindungen jedoch nicht aus, um die EY-Mitarbeiter wirksam von erheblichen persönlichen Rechtsrisiken zu befreien. Damit folgen sie der aktuellen Rechtsauffassung mehrerer Oberlandesgerichte sowie der hier für die Strafverfolgung zuständigen Berliner Gerichte. Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer hat angesichts der unklaren Rechtslage bereits in der Vergangenheit im Kontext berufsrechtlicher Änderungsvorschläge den Wunsch auf Klarstellung geäußert.
Uns ist bewusst, dass diese komplizierte Rechtslage bzgl. der Verschwiegenheitspflicht angesichts der außergewöhnlichen Tragweite des Falles Wirecard auf Unverständnis in der Öffentlichkeit stößt. Die strittige Frage nach einer wirksamen Entbindung muss höchstrichterlich geklärt werden.
Vor diesem Hintergrund unterstützt EY voll die derzeitig laufenden Schritte zur rechtssicheren Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, um möglichst bald eine umfassende Aussage von EY-Mitarbeitern zu den Vorgängen bei Wirecard zu ermöglichen. Mit dieser Zielsetzung sind die Rechtsbeistände der EY Zeugen bereits vergangene Woche auf das Sekretariat des Untersuchungsausschusses zugegangen, um einen Weg zur wirksamen Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht zu finden.
In diesem Kontext verhängte der Parlamentarische Untersuchungsausschuss heute ein Ordnungsgeld gegen die betreffenden Mitarbeiter von EY. Dagegen werden die EY-Mitarbeiter nun Rechtsmittel einlegen, was eine Klärung der Sachlage zur rechtssicheren Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bundesgerichtshof (BGH) zur Folge haben wird. Je nach Entscheidung des BGH könnten EY-Mitarbeiter dann auch vor dem PUA zu Details der Prüfungshandlungen bei Wirecard sprechen, wobei die Entscheidung über eine mögliche Aussage selbstverständlich nicht von EY, sondern von den als Zeugen geladenen EY-Mitarbeitern, beraten von ihrem jeweiligen Rechtsbeistand, getroffen wird.
Angesichts des ungeheuerlichen Umfangs und der erheblichen Tragweite des Falles Wirecard versteht EY, dass die Frage gestellt wird, warum mutmaßliche betrügerische Handlungen nicht früher aufgedeckt wurden. In Anbetracht der Dimension des Falls teilt EY die Erschütterung, die er in der Öffentlichkeit hervorgerufen hat.
Nach unserem Erkenntnisstand haben die Mitarbeiter von EY die Prüfungshandlungen professionell und nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt. Letztlich waren es die Prüfer von EY, die den Betrug mit außergewöhnlichen Methoden aufgedeckt haben.
Der Fall Wirecard zeigt, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Durchführung von Abschlussprüfungen bei Gesellschaften von öffentlichem Interesse nicht ausreichen, um einen komplexen, vorsätzlichen Bilanzbetrug aufzudecken.