Pressemitteilung

30 Juni 2022 Eschborn/Frankfurt (Main), DE

Flaute auf dem weltweiten Markt für Börsengänge – aber IPO-Pipeline ist gut gefüllt

Frankfurt, 30.06.2022. Angesichts sich zuspitzender geopolitischer Spannungen, steigender Zinsen und einer hohen Volatilität an den Weltbörsen lässt die Erholung auf dem weltweiten IPO-Markt weiter auf sich warten.

Verwandte Themen Börsengang (IPO)

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  • Hohe Volatilitätsniveaus lassen weltweit Zahl der Börsengänge im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent auf 305 sinken
  • Investoren werden selektiver und investieren mit 41 Milliarden US-Dollar 65 Prozent weniger als im zweiten Quartal des Rekordjahres 2021
  • China bei der Zahl der IPOs vor Europa und den USA
  • Technologie- und Energie-Börsengänge gefragt – nachhaltige und profitable Geschäftsmodelle stärker im Fokus

Angesichts sich zuspitzender geopolitischer Spannungen, steigender Zinsen und einer hohen Volatilität an den Weltbörsen lässt die Erholung auf dem weltweiten IPO-Markt weiter auf sich warten: Insgesamt wagten trotz des schwierigen Kapitalmarktumfelds im zweiten Quartal weltweit 305 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – 54 Prozent weniger als im zweiten Quartal des Rekordjahres 2021. Das Emissionsvolumen sank sogar um 65 Prozent auf 40,6 Milliarden US-Dollar.

Die Börsenplätze USA und Europa waren ähnlich stark betroffen: Im Vergleich zum zweiten Quartal des Vorjahres sank in den Vereinigten Staaten die Zahl der Börsengänge von 119 auf 30, das Emissionsvolumen schrumpfte sogar um 95 Prozent von 43 auf gut zwei Milliarden US-Dollar. In Europa ging die Zahl der Börsengänge von 166 auf 43 zurück, das Emissionsvolumen schrumpfte von 23 auf 1,5 Milliarde US-Dollar.

Deutlich geringere Einbußen zeigten sich auf dem chinesischen Markt: In China (einschließlich Hongkong) wagten im ersten Quartal 93 Unternehmen den Schritt an die Börse, das waren 43 Prozent weniger als im Vorjahr. Das Emissionsvolumen sank um ein Drittel von 31 auf 21 Milliarden US-Dollar.

Das sind Ergebnisse des aktuellen IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

„Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich, dass derzeit das IPO-Fenster für viele Unternehmen geschlossen ist und einige Unternehmen offenbar auf den richtigen Zeitpunkt möglicherweise in der zweiten Jahreshälfte warten“, sagt Dr. Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY. „Ursache dafür ist das hohe Volatilitätsniveau bei enger Marktliquidität. Investoren verhalten sich bei Börsengängen zurückhaltend oder investieren selektiver.“  Der Krieg in der Ukraine hat erheblich gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheiten zur Folge, zudem halten Lockdowns in China, die hohe Inflation und die eingeleitete Zinswende die Märkte weltweit in Atem. „Die Pipeline an Börsenkandidaten ist trotzdem nach wie vor gut gefüllt und das Interesse an einem Börsengang hoch“, betont Steinbach. „Eventuell kann auch ein Eisbrecher-Börsengang im Lauf des zweiten Halbjahres den Markt wieder für weitere Börsengänge öffnen.“ Voraussetzung sei allerdings die Auflösung der Unsicherheiten aus Investorensicht und ein Rückgang der Volatilität auf einen Indexlevel idealerweise auf 20 im VDAX.

Energie-IPOs erlösen die höchsten Summen

Die meisten IPOs wurden im zweiten Quartal in den Segmenten Technologie (61) und Rohstoffe (60) durchgeführt. Das höchste Emissionsvolumen verzeichnete allerdings der Energiesektor, in dem 25 Börsengänge insgesamt 15,6 Milliarden US-Dollar erlösten. Insgesamt genießen sektorunabhängig sogenannte Equity Storys mit Bezug zur Energiewende und rund um ESG hohe Investorenaufmerksamkeit.

„Technologieaktien haben weltweit zwar in den vergangenen Monaten teils erhebliche Kursverluste hinnehmen müssen“, sagt Steinbach. „Nach wie vor gibt es aber zahlreiche vielversprechende junge Tech-Unternehmen, die sich strategisch für einen Börsengang entscheiden und dabei derzeit schwerpunktmäßig einen asiatischen oder europäischen Börsenplatz wählen“. Von den 61 Technologie-IPOs im zweiten Quartal entfielen 42 auf Asien, 13 auf Europa und nur zwei auf Nordamerika.

Steinbach rechnet mit einer Rückkehr großer Technologie-Börsengänge, sobald sich die allgemeinen Rahmenbedingungen für IPOs wieder verbessert haben. Investoren erwarten dabei nach seiner Einschätzung einen stärkeren Fokus auf die Nachhaltigkeit und Profitabilität des Geschäftsmodells.

„In den vergangenen Jahren sind weltweit weit über hundert Startups mit Milliardenbewertungen entstanden – sogenannte Einhörner – von denen die Mehrzahl einen Börsengang anstreben dürfte“, erwartet Steinnach. „So hat Deutschland dafür Potential mit über 25 Einhörnern – und liegt damit bei der Zahl der Einhörner hinter Großbritannien und vor Frankreich. Hinzu kommen große Abspaltungen von Industriekonzernen und Konglomeraten, die ebenfalls ihren Weg an den Kapitalmarkt finden werden.“

SPAC-Emissionen sinken weiter, mehr indirekte Börsengänge möglich

Der SPAC-Boom flacht weiter ab: Nachdem im ersten Quartal des laufenden Jahres weltweit insgesamt 72 SPAC-Transaktionen gezählt worden waren, lag die Zahl im zweiten Quartal bei 26. Das Emissionsvolumen schrumpfte von 11,4 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal auf 3,1 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal.

Derzeit gibt es damit weltweit ca. 660 aktive SPACs, deren Kassen mit gut 160 Milliarden US-Dollar prall gefüllt sind, betont Steinbach: „Die Uhr tickt, denn die überwiegende Mehrheit dieser SPACs gerade aus dem Vorjahr stehen unter hohem Zeitdruck – sie müssen das eingesammelte Geld innerhalb von 24 Monaten investieren. Für Unternehmen, die den Weg an die Börse suchen, kann so ein Zusammenschluss mit einer Mantelgesellschaft ein vielversprechender alternativer Weg aufs Parkett sein – sowohl in Europa als auch den USA.“ Entscheidend für den Erfolg solcher Zusammenschlüsse werde die weitere Entwicklung in Bezug auf die Höhe der Rücknahmequoten von SPAC Investoren, der Erfolg sogenannter PIPE-Roadshows und deren Volumen sowie Zustimmungsquoten der SPAC-Aktionäre auf Hauptversammlungen sein, sagt Steinbach.

Deutscher Primärmarkt mit einem Börsengang und zwei SPAC-Emissionen

Auch in Deutschland waren die IPO-Aktivitäten im zweiten Quartal erwartungsgemäß bei hoher Marktvolatilität gering: Mit einem Börsengang eines operativen Unternehmens und der Emission von zwei Mantelgesellschaften gab es drei Erstnotizen zu vermelden: Mit dem Börsengang der Online-Immobilieninvestmentplattform EV Digital Invest AG im Scale-Segment der Frankfurter Börse wurde ein IPO an einer deutschen Börse verzeichnet. Das Emissionsvolumen lag bei gut sechs Millionen Euro. Zudem notiert seit Anfang Juni die Emission der SMG European Recovery SPAC SE im Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse. Und seit Anfang Mai ist die Fonterelli SPAC 2 AG im allgemeinen Freiverkehr in Düsseldorf gelistet.

Die größten IPOs: ein Versorger aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und ein chinesischer Ölkonzern

Der weltweit größte Börsengang im zweiten Quartal war die Erstnotiz des Versorgers Dubai Electricity & Water Authority, die 6,1 Milliarden US-Dollar erlöste. Der chinesische Ölkonzern China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) ging in Schanghai an die Börse und erzielte dabei ein Emissionsvolumen von 5,1 Milliarden US-Dollar. Auf dem dritten Platz lag die Life Insurance Corporation of India, deren Emissionsvolumen beim IPO an der National Stock Exchange of India 2,7 Milliarden US-Dollar betrug.

Von den größten zehn Börsengängen im zweiten Quartal fand kein einziger in Europa oder den USA statt: Vier entfielen auf China, jeweils zwei auf Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate, jeweils einer auf Indonesien und Kanada.

 

 

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