Aktuelles BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Biogasanlagen und der Erzeugung von Energie aus Biogas

Nachdem das Vorgängerschreiben vom 6. März 2006 im Jahr 2020 von der Positivliste der anzuwendenden BMF-Schreiben gestrichen wurde, veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Datum vom 11. April 2022 ein aktualisiertes Schreiben zur Besteuerung von Biogasanlagen. Hierin wird insbesondere die Abgrenzung der in Zusammenhang mit der Biogasanlagen erzielten Einkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (LuF, § 13 EStG) bzw. zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) thematisiert (vgl. auch R 15.5 EStR). Zudem wird die Abschreibungsdauer der Anlagen und Infrastruktur im Zusammenhang mit Biogasanlagen näher geregelt. Die Grundzüge des aktuellen BMF-Schreibens werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Biogasanlagen als Teil eines land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs 

Wird die für den Betrieb der Biogasanlage benötigte Biomasse selbst erzeugt und die daraus gewonnene Energie (also Strom und Wärme) überwiegend selbst genutzt, ist dies als Teil der Tätigkeit des land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs anzusehen. Hingegen liegt bei Veräußerung der mit der Biogasanlage erzeugten Energie unabhängig vom Umfang zwingend ein Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1, 2 EStG) vor. Bei Nutzung der Biomasse aus dem LuF-Betrieb im Rahmen des Gewerbebetriebs ist die Überführung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich gemäß § 6 Abs. 5 S. 1 EStG zu Buchwerten möglich. 

Biogasanlagen als Teil eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs 

Ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt vor, wenn überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Biomasse be- oder verarbeitet wird und die dabei gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind. Die Verwertung stellt in diesen Fällen die erste Stufe der Be- und Verarbeitung im Rahmen der LuF dar. Auch Umsätze aus der Übernahme der Biomasse stellen Einkünfte aus LuF dar, wenn das gewonnene Biogas nahezu ausschließlich im LuF-Betrieb eingesetzt wird. 
 
Bei Zukauf von Biomasse ist die Abgrenzung zu einem Gewerbebetrieb demnach anhand eines Mengenvergleichs der verwendeten Rohstoffe vorzunehmen. Hierzu veröffentlicht das BMF erstmals eine Übersichtstabelle mit dem Biogasertrag verschiedener Substrate bzw. Nutzung. 
 
Die Erzeugung von Biogas kann einen Nebenbetrieb des LuF darstellen, wenn die o.g. Voraussetzungen erfüllt sind. Der Absatz der mit der Biogasanlage erzeugten Energie, also des Stroms und der Wärme, ist allerdings immer eine gewerbliche Tätigkeit, die einen Gewerbebetrieb außerhalb des Nebenbetriebs begründet. 

Betrieb der Biogasanlage durch einen Personenzusammenschluss (Mitunternehmerschaft) 

Beteiligt sich eine im land- und forstwirtschaftlichen Bereich tätige Person an einem Zusammenschluss von Personen (Mitunternehmerschaft) zur gemeinsamen Erzielung von Einkünften aus einer Biogasanlage, wird die Person grundsätzlich Mitunternehmer. Bei Verkauf der mit dem Land- und Forstbetrieb selbst erzeugten Biomasse und deren Transport an die Mitunternehmerschaft liegen allerdings Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor und keine gewerblichen Sonderbetriebseinnahmen aus der Mitunternehmerschaft. Lediglich wenn beispielsweise weitere Transportdienstleistungen für die Mitunternehmerschaft aufgrund eines gesonderten schuldrechtlich vereinbarten Vertrags erbracht werden, liegen hieraus Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers vor. 

Nutzungsdauer und Abschreibung

Für den Betrieb einer Biogasanlage werden bestimmte Wirtschaftsgüter benötigt. Hierzu zählen u.a. der Gärbehälter mit der dazugehörigen Technik. Diese Wirtschaftsgüter sind unselbständige Bestandteile der Biogasanlage, da sie mit dieser in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und als Folge daraus zusammen einheitlich über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach § 7 EStG von 16 Jahren abzuschreiben sind. Die Wirtschaftsgüter, die neben der Biogasanlage selbständig genutzt werden können, sind gesondert über deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Dies trifft beispielsweise auf ein Blockheizkraftwerk zu, das zusammen mit einer Biogasanlage betrieben wird. 

Bewertung 

Die Vorräte an Biomasse sind grundsätzlich mit deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 und 2 EStG) bzw. bei Erfüllung der Voraussetzungen mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten. Das fertig erzeugte Biogas sowie der Inhalt im Fermenter und im Nachgärer stellen Umlaufvermögen dar. Zum Bilanzstichtag erfolgt die Bewertung als unfertige Erzeugnisse mit den Herstellungskosten. 
 
Die Entnahme von Energie (Strom und Wärme) aus der Biogasanlage hat mit dem Teilwert (§ 6 Absatz 1 Nummer 4 EStG) zu erfolgen. Soweit kein niedrigerer Marktpreis vorliegt, sind die anteiligen Bruttoherstellungskosten heranzuziehen. 

Bildung einer Rückstellung für Rückbauverpflichtung 

Das BMF führt zudem aus, dass die Vorgabe einer Rückbauverpflichtung (§ 35 Absatz 5 Satz 2 BauGB) die Verpflichtung noch nicht ausreichend konkretisiert, so dass steuerlich keine Rückstellung gebildet werden darf. Ist dagegen beispielsweise eine Baulast in das Grundbuch eingetragen oder liegt eine Bankbürgschaft in Höhe der geplanten Beseitigungskosten vor, liegt eine ausreichende Konkretisierung der Verpflichtung vor und die Bildung einer Rückstellung für Rückbauverpflichtungen ist zulässig. Zu beachten ist, dass die Rückstellung über die Laufzeit ratierlich anzusammeln ist und eine Abzinsung für steuerliche Zwecke vorzunehmen ist, sofern die Restlaufzeit über ein Jahr beträgt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a Buchst. d und e EStG). 

Anwendung und Hinweise 

Die Regelungen des neuen BMF-Schreibens vom 11. April 2022 finden grundsätzlich auf Wirtschaftsjahre Anwendung, die nach Veröffentlichung der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien am 25. März 2013 begonnen haben. Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25. März 2013 und vor dem 31. Dezember 2018 begonnen haben, können wahlweise noch die Regelungen des alten BMF-Schreibens vom 6. März 2006 in Übereinstimmung mit dem neuen BMF-Schreiben weiter angewendet werden. Für Wirtschaftsjahre ab dem 1. Januar 2019 ist ausschließlich das aktuelle BMF-Schreiben anzuwenden. 
 
Insgesamt ist das neue BMF-Schreiben gegenüber dem Vorgängerschreiben deutlich detaillierter und sollte daher zu mehr Rechtssicherheit für die Erzeuger von Biogas führen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei unverändert die Abgrenzung des LuF-Betriebs zum Gewerbebetrieb und diese sollte im Einzelfall genau geprüft werden. 

Autor:innen: StB Tobias Kreiter, StB Bianca Sparacio