EU-Kommunalabwasserrichtlinie wird novelliert
In Umsetzung des "Green Deal" setzt der Aktionsplan „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“ hohe Ziele. Um diese zu erreichen, sind u. a. in der kommunalen Abwasserbehandlung erhebliche Investitionen notwendig. Tragen sollen diese Kosten auch die Arzneimittel-/Kosmetikbranche.
Die Umweltgesetzgebung auf europäischer Ebene verfolgt ambitionierte Ziele. So soll in Umsetzung des Aktionsplans „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“ etwa die Verschmutzung in den drei Bereichen so weit gesenkt werden, dass die verbleibenden Schadstoffe jedenfalls für Mensch und Umwelt nicht mehr schädlich sind. Erreicht werden soll dies bis 2050.
Im Lichte dieser Zielsetzung ist auch der aktuelle Entwurf der EU-Kommunalabwasserrichtlinie zu sehen. Der Entwurf wird derzeit in den politischen Gremien beraten und soll die bislang geltende Richtlinie aus dem Jahr 1991 ablösen. Mit der neuen Kommunalabwasserrichtlinie werden einerseits verschiedene der derzeit geltenden Vorgaben verschärft. Andererseits sieht der Entwurf neben Verschärfungen auch Neuerungen vor, wobei hier die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung hervorzuheben ist.
Die erweiterte Herstellerverantwortung soll helfen, die 4. Reinigungsstufe in Kläranlagen zu finanzieren. Die 4. Reinigungsstufe dient dem Klären von Spurenstoffen im Abwasser, die etwa auf Arzneimittel, Kosmetikprodukte oder Reinigungsmittel zurückzuführen sind. Nach dem Entwurf ist es bis Ende 2035 für Kläranlagen mit einem Einwohnerwert (EW) ab 100.000 verpflichtend, die 4. Reinigungsstufe vorzusehen. Bis Ende 2040 soll auch in Kommunen ab einem EW von 10.000 die 4. Reinigungsstufe vorgesehen sein, sofern das gereinigte Abwasser aufgrund der Einleitung in bestimmte Gebiete noch ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Umwelt darstellt.
Der finanzielle Aufwand für die Umsetzung dieser Vorgabe ist dabei erheblich und soll nach dem Entwurf der Kommunalabwasserrichtlinie nicht von den Betreibern der Kläranlagen allein getragen werden. Zur Finanzierung der 4. Reinigungsstufe sollen vielmehr gerade diejenigen herangezogen werden, die für die im Abwasser enthaltenen problematischen Stoffe verantwortlich sind. Dies entspricht dem Gedanken der Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), der das europäische und nationale Umweltrecht zunehmend prägt. Durch die EPR werden Unternehmen u.a. verpflichtet, die finanzielle Verantwortung für die Umweltfolgen zu übernehmen, die ihre Produkte hervorrufen. Konkret sollen daher die Kosten der 4. Reinigungsstufe durch die Unternehmen der Arzneimittel-/Kosmetikbranche getragen werden.
Weiter nimmt der Entwurf der EU-Kommission den Energieverbrauch im Bereich der Abwasserbehandlung in den Blick. Vorgesehen ist, dass Kläranlagen ab 100.000 EW bis Ende 2025 und Kläranlagen ab 10.000 EW bis Ende 2030 regelmäßigen Energieprüfungen unterzogen werden.
Nach den Erfahrungen aus der Corona-Pandemie benennt der Richtlinienentwurf zudem ein regelmäßiges Monitoring von Gesundheitsparametern im Abwasser als Werkzeug zur Erkennung von Gesundheitsrisiken, etwa der Antibiotikaresistenz.
Wird der Entwurf in seiner jetzigen Form wirksam, bedeutet dies für die Arzneimittel-/Kosmetikbranche einen erheblichen finanziellen Aufwand. Für die Betreiber der Kläranlagen wiederum verbinden sich mit dem aktuellen Entwurf erhebliche neue technische und organisatorische Anforderungen. Da der Gesetzgebungsprozess aktuell noch läuft, bleibt abzuwarten, in welchem Umfang noch Änderungen in den Entwurf einfließen werden.
Der Entwurf der Kommunalabwasserrichtlinie ist für Betreiber von Kläranlagen sowie die Arzneimittel-/Kosmetikbranche gleichermaßen relevant. Die weitere Entwicklung sollte engmaschig verfolgt werden. Gerne informieren wir Sie über den weiteren Gesetzgebungs- und Regelungsprozess.
Autoren: Prof. Dr. Sven-Joachim Otto, Dr. Simon Meyer, Director, Dr. René Schmelting