Dienstleistungskonzession oder Dienstleistungsauftrag bei Carsharing

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Oliver Wittig

Die Unterscheidung zwischen einer Dienstleistungskonzession und einem Dienstleistungsauftrag ist im vergaberechtlichen Kontext in vielerlei Hinsicht relevant. Insbesondere ist die Unterscheidung von Bedeutung für die Anwendung des maßgeblichen Vergaberechtsregimes.

Einführung

Das bereits im Jahre 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharings (Carsharinggesetz – CsgG) soll eine nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität fördern. So sieht es vor, die entsprechenden Stellflächen diskriminierungsfrei und transparent zu vergeben. Die vergaberechtliche Einordung dieser neuen Mobilitätsform ist herausfordernd. Mit seiner aktuellen Entscheidung (Urteil vom 10. November 2022 – C-486/21) hat der EuGH nun dargelegt, unter welchen Voraussetzungen Carsharing-Modelle als Dienstleistungskonzessionen einzuordnen sind.

Definition und Rechtsrahmen

Nach allgemeinem Vergaberecht ist ein „öffentlicher Auftrag“ ein entgeltlicher Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen, der die Beschaffung von Leistungen, die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat.

Eine „Dienstleistungskonzession“ ist hingegen anzunehmen bei einem entgeltlichen Vertrag, mit dem ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen mit der Erbringung und Verwaltung von Dienstleistungen betraut, wobei die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht. Dabei hat der Konzessionsnehmer das Betriebsrisiko zu tragen. Nach § 105 Abs. 2 GWB soll unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet sein, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten wieder erwirtschaftet werden können und der Konzessionsnehmer daher Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist.

Die Abgrenzung ist nicht ganz einfach, so dass dies letztlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Relevant sind hierbei z.B. das Risiko der Konkurrenz durch andere Wirtschaftsteilnehmer, das Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit derjenigen, die die Bezahlung der erbrachten Dienstleistungen schulden und das Risiko einer nicht vollständigen Deckung der Betriebsausgaben durch die Einnahmen. Verkürzt kann man sagen: Je begrenzter die staatliche Ausgleichsgewährung und je höher das Risiko des Unternehmens ist, sich aus den Entgeltzahlungen der Kunden befriedigen zu können, umso mehr gerät der zu prüfende Vertrag in die Nähe einer Dienstleistungskonzession.

Inhalt und Gegenstand der EuGH-Entscheidung

Durch die aktuelle Entscheidung des EuGHs wird diese Abgrenzung für Carsharing-Modelle weiter konkretisiert.

Im Fall führte die slowenische Hauptstadt Ljubljana ein Verfahren zur Vergabe einer Konzession zum Zwecke der Einrichtung und Verwaltung eines öffentlichen Systems des Mietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen durch. Der Konzessionsnehmer sollte im Vertragszeitraum alle technischen, technologischen und finanziellen Risiken im Zusammenhang mit der Durchführung von Investitions- und anderen Maßnahmen, einschließlich des Risikos der Rentabilität der getätigten Investitionen, selbst tragen. Auch das Nachfragerisiko sollte bei dem Konzessionsnehmer liegen.

Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einem öffentlichen Auftrag und einer Dienstleistungskonzession stellte der EuGH dabei maßgeblich auf die Beurteilung des dem Auftragnehmer obliegenden Betriebsrisikos ab und führte eine eingehende Prüfung anhand der getätigten Investitionen und Kosten durch.

Nach den Ausführungen des EuGHs werde aufgrund der Ausgestaltung des vorliegenden Carsharing-Modells das Betriebsrisiko auf den Konzessionsnehmer übertragen, so dass eine Konzession vorliegt. Zwar habe Ljubljana auf Parkgebühren für die Stellplätze verzichtet und auch die regelmäßige Instandhaltung der Stellplätze übernommen. Dennoch vermag dieser städtische Beitrag nicht das Betriebsrisiko des Auftragnehmers zu beseitigen. Vielmehr könne der Auftragnehmer die getätigten Investitionen und die angefallenen Kosten nur mit erheblichen Einnahmen aus den Gebührenzahlungen der Nutzer amortisieren.

Fazit

Die Umsetzung dieser und ähnlicher Modelle zur Förderung nachhaltiger Mobilitätsformen und umweltfreundlicher Mobilität bleibt eine Herausforderung der kommenden Jahre. Im ländlichen Raum könnte sich beispielsweise die recht neue Idee des sog. Linien-E-Carsharing durchsetzen.

Autor:innen: RA Dr. Oliver Wittig, RA Regina Dembach