Am 23. März 2022 hat die Europäische Kommission einen Befristeten Krisenrahmen angenommen, der die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, neuen beihilferechtlich eingeräumten Spielraum zu nutzen, um die Wirtschaft infolge der Invasion der Ukraine zu stützen und zu stabilisieren.
Dieser Befristete Krisenrahmen gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2022 und ergänzt die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, Maßnahmen im Einklang mit den geltenden EU-Beihilfevorschriften zu konzipieren. Bei dem Befristeten Krisenrahmen handelt es sich um den Dritten dieser Art, denn bereits im Jahr 2008 hatte die Europäische Kommission mit einem solchen auf die weltweite Finanzkrise reagiert und auch im Jahr 2020 nahm die EU-Kommission einen befristeten Krisenrahmen vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie an, der aufgrund mehrerer Verlängerungen aktuell noch bis zum 30. Juni 2022 gilt.
„Wir müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges abfedern und stark betroffene Unternehmen und Branchen unterstützen […] und wir müssen koordiniert vorgehen.“
(Margrethe Verstager, Exekutiv-Vizepräsidentin für Wettbewerbspolitik, 23.03.2022.)
Drei „neue“ Instrumente für die Mitgliedstaaten
Die Koordinierung ist nunmehr durch den angenommen Krisenrahmen erfolgt und sieht drei Instrumente vor, um die EU-Wirtschaft und ihre Unternehmen zu unterstützen.
Der Rahmen bietet den Mitgliedsstaaten zunächst die Möglichkeit, den Unternehmen, die von der derzeitigen Krise oder aufgrund der verhängten Sanktionen und Gegensanktionen betroffen sind, begrenzte Beihilfen zu gewähren. So können Mitgliedstaaten Regelungen auflegen, nach denen sie Unternehmen der Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur Beihilfen von bis zu 35.000 Euro und Unternehmen anderer Wirtschaftszweige Beihilfen von bis zu 400.000 Euro je Unternehmen gewähren können. Diese Unterstützung kann in jeder Form, einschließlich direkter Zuschüsse, erfolgen.
Die Mitgliedstaaten können weiterhin Liquiditätshilfen in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen vergeben. Hierfür können Sie insbesondere für Bankdarlehen staatliche Garantien gewähren oder entsprechende Regelungen einführen. Die Garantieprämien von kleinen und mittelständischen Unternehmen werden durch die Senkung des geschätzten Marktsatzes für Jahresprämien vergünstig. Ebenfalls ermöglicht wird die Gewährung von zinsvergünstigten Darlehen an Unternehmen, wobei diese zu einem Zinssatz gewährt werden dürfen, der mindestens dem risikofreien Basiszinssatz zzgl. der für KMU und nicht-KMU jeweils anwendbaren Kreditrisikomarge entspricht.
Schließlich werden die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, Unternehmen und insbesondere energieintensive Unternehmen i.S.d. Art. 17 Abs. 1 a) der Energiebesteuerungsrichtlinie teilweise für Mehrkosten zu entschädigen, die ihnen aufgrund der außergewöhnlich hohen Gas- und Strompreise entstehen. Die Gesamtbeihilfe darf sich hierbei nicht auf mehr als 30 Prozent der beihilfefähigen Kosten oder insgesamt mehr als 2 Mio. Euro belaufen. Hiervon darf abgewichen werden, wenn Unternehmen Betriebsverluste erleiden und weitere Beihilfen zur Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit erforderlich sind. In diesem Fall steigen die Obergrenzen auf 25 Mio. Euro für energieintensive Unternehmen bzw. auf 50 Mio. Euro für energieintensive Unternehmen, die in ausgewählten besonders betroffenen Wirtschaftszweigen (von der EU im Anhang des Krisenrahmens anhand des NACE-Codes aufgelistet) tätig sind.
Fazit
Die EU-Kommission erweitert somit den beihilferechtlichen Spielraum für die Mitgliedstaaten und ermöglicht ihnen insbesondere, Maßnahmen zugunsten energieintensiver Unternehmen zu erlassen, damit die teilweise dramatisch gestiegenen Energiepreise keine nachhaltige Gefahr für Wirtschaft und Unternehmen im europäischen Binnenmarkt darstellen. Die Bundesregierung hat bereits in Reaktion auf diesen Krisenrahmen einen entsprechenden Schutzschild aufgespannt, wobei zunächst liquiditätssichernde Maßnahmen eingeführt wurden und Zuschussprogramme wie auch der Ausgleichsmechanismus zeitlich nachgelagert eingeführt werden wird.
Co-Autor: RA Finn Holzky