Gemeinnützigkeit auf dem Prüfstand: BFH thematisiert Verlustverrechnung und Dauerverlust im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb

In einer aktuellen Entscheidung äußert sich der BFH zum Umfang des Zweckbetriebs und grenzt diesen vom steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ab. Im Rahmen der Urteilsbegründung nimmt er sich dem Thema der Gewinnverrechnungen im steuerpflichtigen Bereich an und nennt die Gefahr von Dauerverlusten in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb für die Gemeinnützigkeit der gesamten Einrichtung. Dies birgt Risiken für alle gemeinnützigen Einrichtungen mit einem negativen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb! Daher sollten auch öffentliche Träger ihre steuerbegünstigten Einrichtungen und Beteiligungen dahingehend unter die Lupe nehmen. 

Im konkreten Fall hatte der BFH zum einen zu beurteilen, ob Erträge eines gemeinnützigen Krankenhauses, die aus der Personal- und Sachgestellung an angestelltes ärztliches Personal resultierten, dem steuerbegünstigten Krankenhauszweckbetrieb (§ 67 Abs. 1 AO) oder dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 1 AO) zuzurechnen sind. Zum anderen war strittig, ob die im Zusammenhang mit der verbilligten Abgabe von Speisen und Getränken an das Krankenhauspersonal stehenden Betriebsausgaben dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zuzu-ordnen sind.

Wenig überraschend entschied der BFH mit Urteil vom 14.12.2023 (V R 28/21), dass die Erträge eines Krankenhauses aus der Gestellung von Personal- und Sachmitteln an sein angestelltes ärztliches Personal für deren genehmigte ambulante Tätigkeit als Teil des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes einzustufen sind. Er widersprach damit der Auffassung des erstinstanzlich entscheidenden FG Münster.

Im zweiten Teil seiner Urteilsbegründung zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung von Mitarbeitercafeterien, die aus arbeitsrechtlichen Gründen defizitär betrieben werden, befasste sich der BFH neben der grundsätzlichen Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb sowie der Zuordnung von Betriebsausgaben mit dem grundsätzlichen Thema eines Dauerdefizits in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Er führt in diesem Zusammenhang an, dass die Ergebnisverrechnung der einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe eine Auslegung der Finanzverwaltung darstellt. Seine Einstellung hierzu lässt sich durch sein Schweigen erahnen. Noch wesentlicher jedoch ist der Aufgriff des Themas „Dauerverlustbetriebe“ in seiner Begründung. Der BFH zitiert Fachliteratur, nach der ein Dauerverlustbetrieb trotz eines Ausgleichs mit Gewinnen anderer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe die Gemeinnützigkeit der gesamten Einrichtung gefährdet.

Auch wenn der BFH keine eindeutige Position bezogen hat und das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen wurde, zeigt die Urteilsbegründung, dass sich nicht nur Krankenhäuser zeitnah mit diesem Thema beschäftigen sollten, sondern auch andere Einrichtungen, die wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dauerhaft defizitär betreiben. Steuerbegünstigte Einrichtungen sind nicht nur in den Bereichen der Mitarbeiterversorgung (Verpflegung, Parkplätze, Wohnen), sondern auch in anderen Bereichen mit negativen Ergebnissen einzelner steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe konfrontiert. Negative Ergebnisse können beispielsweise aus einer klassischen Fehlkalkulation in Verbindung mit langjährigen Verpflichtungen resultieren. In der Praxis trifft man zudem häufig auf verlustige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die der Werbung in eigener steuerbegünstigter Sache dienen oder auch auf Randerscheinung der begünstigten Tätigkeit, für die die Finanzverwaltung eine Zuordnung zum Zweckbetrieb verneint. Sollte sich die Auffassung des BFH verfestigen, droht allen gemeinnützigen Einrichtungen mit dauerverlustigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – unabhängig von den Gründen - der Verlust der Gemeinnützigkeit. Dies zeigt die Sprengkraft dieses BFH-Urteils!

Da auch öffentliche Träger entweder selbst steuerbegünstigte Einrichtungen betreiben oder Beteiligungen an steuerbegünstigten Gesellschaften halten, sollten auch diese (neben Stiftungen, Vereinen, Genossenschaften, kirchlichen Trägern u. a.) ein Augenmerk auf eventuell bestehende negative wirtschaftliche Geschäftsbetriebe legen und hinterfragen, ob ein Handlungsbedarf besteht.

Autoren: StB Tobias Kreiter, StB Sven Riedel