(Kein) Anwendungsbereich zur Begründung eines Betriebs gewerblicher Art aus dem Halten einer Beteiligung an einer Kapita

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat das Finanzgericht Hessen die hohen Hürden zur Begründung eines Betriebs gewerblicher Art aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nochmals bestätigt. Das Halten von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist daher grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzuordnen.

Das Urteil im Einzelnen  

Die Klägerin, eine Gemeinde, hat gemeinsam mit mehreren anderen Gemeinden/Städten eine GmbH gegründet und diese mit der Durchführung des öffentlichen Nahverkehrs der kreisangehörigen Gemeinden beauftragt (V-GmbH). Die Klägerin war mit 9 % an dieser GmbH beteiligt. Der Aufsichtsrat setzte sich unabhängig von den jeweiligen Beteiligungshöhen aus je einem Mitglied pro Gesellschafter zusammen. Überdies verpflichteten sich die Gesellschafter die V-GmbH mit Ausgleichszahlungen zu finanzieren.  

Die Klägerin behandelte die Beteiligung an der V-GmbH als Betrieb gewerblicher Art und fasste diesen nach §§ 4 Abs. 6 Nr. 3 i.V.m. 4 Abs. 3 KStG mit dem Betrieb gewerblicher Art „Wasserwerk“ zusammen. Dies begründete sie damit, dass sie aufgrund der starken Stellung des Aufsichtsrats einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der V-GmbH ausüben würde.  

Entgegen der Auffassung der Klägerin urteilte das Finanzgericht, dass die Beteiligung an der V-GmbH der Vermögensverwaltung zuzuordnen sei und somit keinen Betrieb gewerblicher Art darstelle. Das Gericht begründete dies anhand der Grundsatzentscheidung des BFH vom 30. Juni 1971 (I R 57/70 – BStBl. II 1971, 753). Hiernach ist nur in sehr engen Voraussetzungen und begründeten Ausnahmefällen das sog. Trennungsprinzip einer Kapitalgesellschaft zu durchbrechen, bei welchem Gesellschaft und Gesellschafter getrennt voneinander zur Besteuerung herangezogen werden.  

Erst ein aktives, über die Einflussnahme als Gesellschafter hinausgehendes Eingreifen in die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft kann dabei einen Betrieb gewerblicher Art darstellen. Erforderlich sei daher eine faktische Geschäftsführung, „…bei der die Kapitalgesellschaft instrumentalisiert und als ausführendes Organ für die eigene wirtschaftliche Betätigung benutzt wird“. Dies sei trotz der im Urteilssachverhalt umfangreichen Rechte des Aufsichtsrats nicht gegeben.  

Auswirkung auf die Praxis  

Für die Praxis ergeben sich aus dem Urteil keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Vielmehr zeigt sich erneut, dass die Rechtsprechung nur in sehr engen Grenzen einen Betrieb gewerblicher Art durch das Halten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft begründet sieht. Da die Gesellschafterrechte gesetzlich bereits sehr weitgehend sind (z.B. umfangreiche Weisungsrechte etc.), stellt sich die Frage, wann diese Rechte derart überschritten werden, so dass ein aktives Eingreifen in die Geschäftsführung und somit eine „Instrumentalisierung“ der Kapitalgesellschaft überhaupt gegeben ist. Entsprechend ist die praktische Anwendung der Regelung in der Praxis schon seit vielen Jahren sehr limitiert. 

Zwar wendet die Finanzverwaltung das oben erwähnte Urteil des BFH aus 1971 weiterhin an (vgl. R 4.1 Abs. 2 S. 3 KStR 2015), jedoch finden sich in der Fachwelt und teilweise auch bei Vertretern der Finanzverwaltung immer wieder Stimmen, die sich für eine Streichung dieser Richtlinienstelle aussprechen.  

Sollten Sie in diesem Zusammenhang Zweifel an dem Bestand eines solchen Betrieb gewerblicher Art haben, sprechen Sie uns gerne an. Unter Umständen gibt es Spielraum, einen zweifelhaften Betrieb gewerblicher Art durch andere steuerrechtliche Konstrukte (bspw. Betriebsaufspaltung etc.) rechtssicher zu gestalten.  

Autor:innen: RA StB Gabriele Kirchhof, RA StB Sebastian Heuser