Der Bedarf an schnellem Internet steigt stetig an – die Pandemie hat einmal mehr gezeigt wie unabdingbar ein leistungsfähiges Breitbandnetz ist. Und dort kommen die bestehenden VDSL- und Koax-Netze bekanntlich an ihre Grenzen.
Ausgangssituation
Die Lösung ist bekannt: FTTH – „Fibre to the Home“, Glasfaser bis ins Gebäude. Aber das Verlegen von Glasfaser ist teuer und langwierig. Daneben ist aber auch die bestehende Infrastruktur für viele Ausbauvorhaben ein verzögernder Faktor. Wenn Nutzer nicht zeitnah auf die neue Infrastruktur wechseln, fehlen Erlöse, was die Refinanzierung und den weiteren Ausbau verzögert.
Städtischer Ausbau
Sind Gebiete, die mit Glasfaser ausgebaut werden könnten, parallel noch mit Koax-Netzen erschlossen, sind die Endkunden häufig nicht wechselbereit. Gerade in Städten liegt die Abdeckung mit Koax-Netzen häufig bei mehr als 80%. Koax-Netze konnten bisher über TV-Versorgungsverträge durch die Wohnungswirtschaft auf die Nebenkosten umgelegt werden (Stichwort „Gemeinschaftsantenne“). Diese Anreizsystem, einst erdacht, um die Versorgung von Mietern mit Fernsehsignal zu verbessern, wurde nun, wie von die EU gefordert, durch den nationalen Gesetzgeber angepasst, um die Wahlfreiheit der Kunden zu gewährleisten. Der Mieter soll selbst entscheiden können, ob er ein TV-Signal wünscht; in jedem Fall muss der Mieter seinen Provider selbst auswählen dürfen (Open Access). Mit der Novelle des TKG, am 22. April 2021 vom Bundestag beschlossen, werden die Rahmenbedingungen an die technischen Notwendigkeiten des Glasfaserausbaus angepasst. Die Umlage von Kosten für die Erschließung mit Infrastruktur umfasst nur noch FTTH.
TKG-Novelle als Chance für Stadtwerke als City-Carrier
Die Nebenkostenprivilegierung in bestehenden TV-Versorgungsverträgen der Koax-Netzprovider mit der Wohnungswirtschaft läuft nach einem Übergangszeitraum aus. Damit öffnet sich ein Fenster für die Erschließung der Gebäude mit FTTH. Durch den Wegfall des Nebenkostenprivilegs wird für die Mieter ein Anreiz geschaffen, die Angebote der Provider zu vergleichen, da die bisherigen „Grundkosten“ für die TV-Versorgung wegfallen und sich darüber ein Wechsel zu einem anderen Provider lohnen kann. Die Nachfrage nach Alternativen wird damit steigen. Die TKG-Novelle sieht die Nutzung des Nebenkostenprivilegs auch nur noch für FTTH-Anschlüsse vor. Nur wer einen FTTH-Anschluss anbietet, kann Teile der Investitionen innerhalb des Gebäudes weiterhin auf die Nebenkosten der Mieter umlegen. Stadtwerke als City Carrier könnten damit in Mehrfamilienhäusern den FTTH-Anschluss (bis in die Wohnung) anbieten und damit eine völlig neue Versorgungsstruktur erschließen. Damit könnte der entscheidende Teil der Wertschöpfungskette besetzen werden: Der letzte Meter zum Endkunden. Dabei gilt es viele erfolgskritische Hebel zu beachten, die hier nur stichwortartig genannt seien:
- Geschäftsmodellentwicklung - Strategie, Wertschöpfung, Marktanalyse, Regulatorik
- Ausbau- und Erschließungskonzept - Clusteranalysen, Trassenplanung, Phasen, Technische Ausgestaltung
- Kooperationsmodelle und Verhandlungsbegleitung - Wohnungswirtschaft, Open-Access-Partner, Dienstleister
- Wirtschaftlichkeitsbetrachtung - Business-Case, Szenarien, Finanzierung
- Organisations- und Prozesssteuerung - Definition, Schnittstellen, Tools, Monitoring
- Rechtliche Begleitung - Vertragsgestaltung, regulatorische Beratung, Ausschreibungsberatung
Autoren: Korbinian Kraus, RA Christoph Fabritius