Umfang der Gewerbesteuerbefreiung für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen

Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG erfasst nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nur die Gewinne, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Übt der Träger der Einrichtung daneben Tätigkeiten aus, die nicht vom Zweck der Steuerprivilegierung gedeckt sind, unterfällt der daraus erzielte Gewinn der Gewerbesteuer (Urteil v. 1. September 2021, Az. III R 20/19).

Problemstellung

Schon seit Jahren greifen die Finanzverwaltungen im Rahmen von Betriebsprüfungen das Thema des Umfangs der Gewerbesteuerbefreiung bei den tätigkeitsbezogen steuerbefreiten Gesellschaften wie Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen auf.

Streitfall

Im Streitfall hatte das Finanzamt Zinserträge sowie Provisionen aus altenheimnahen Sachverhalten ebenfalls als steuerpflichtig angesehen.

Die GmbH hatte Klage erhoben und ausgeführt, dass diese Leistungen keinen eigenständigen und der Gewerbesteuer zu unterwerfenden Gewerbebetrieb neben der Pflegeeinrichtung begründen würden. Das FG Brandenburg hatte diese Auffassung in der ersten Instanz bestätigt.

Das Finanzamt hatte dagegen argumentiert, dass die Annahme einer die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG ausschließenden Tätigkeit nicht voraussetzt, dass die Tätigkeit die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd § 14 S. 1 AO erfüllt.

Außerhalb des eigentlichen Betriebs anfallende, trennbare Erträge

Der BFH hat sich in der Urteilsbegründung der Auffassung des Finanzamtes angeschlossen und klargestellt, dass es genügt, dass der Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können. Die Annahme eines gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeitsbereichs der Einrichtung setzt nach Auffassung des BFH nicht voraus, dass dieser Tätigkeitsbereich die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt. Der BFH hat in früheren Urteilen (u.a. BFHE 233, 551, BStBl. II 2011, 892) zwar im konkreten Einzelfall auf das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs abgestellt. Hieraus kann nach Ansicht des BFH jedoch nicht gefolgert werden, dass eine nach § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG begünstigte Einrichtung nur dann gewerbesteuerpflichtige Gewinne erzielen kann, wenn die Tätigkeit die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt.

Der Tätigkeitsbereich muss auch nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung verlassen, da für die Beurteilung der Gewerbesteuerbefreiung der Schutz des steuerlich unverzerrten marktwirtschaftlichen Wettbewerbs nicht relevant ist. Daher kann das Kriterium mangelnder Wettbewerbsrelevanz der ausgeübten Tätigkeit nicht dazu genutzt werden, eine nicht zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen und zur Entlastung der Sozialversicherungsträger geeignete und damit nicht vom Privilegierungszweck des § 3 Nr. 20 GewStG erfasste Tätigkeit in den Kreis der begünstigten Tätigkeiten aufzunehmen.

Zudem hat der BFH das vom FG behauptete Erfordernis der besonderen organisatorischen Vorkehrungen beanstandet. Stattdessen soll eine trennbare, partiell gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit bereits dann angenommen werden, wenn dieser Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können.

Reichweite des Urteils

Der BFH hat erneut unterstrichen, dass die tätigkeitsbezogene Steuerbefreiung eng auszulegen ist und dass sämtliche Erträge, die nicht unmittelbar der begünstigten Tätigkeit unterfallen, separat der Gewerbesteuer zu unterwerfen sind.

Praxisempfehlung

Den gewerbesteuerpflichtigen Erträgen können damit zusammenhängende Aufwendungen gegenübergestellt werden. Sind diese nicht separat gebucht oder dokumentiert, sollte eine verhältnismäßige Aufteilung bzw. eine hilfsweise Ermittlung im Schätzweg erfolgen. In der Praxis nimmt die Ermittlung und Zuordnung der Aufwendungen einen immer größeren Anteil in den Diskussionen mit der Betriebsprüfung ein. Dies gilt insbesondere für die sachgerechte Zuordnung von Personalkosten, die bei tätigkeitsbezogenen steuerbefreiten Gesellschaften wie Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen regelmäßig die größten Aufwandspositionen darstellen.


Autor:innen: RA StB Christiane Freund, StB Sven Riedel