Umsatzsteuerbefreiung von Kostenteilungsgemeinschaften – Entwurf eines BMF-Schreibens

Die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder nach § 4 Nr. 29 UStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2019 zum 1. Januar 2020 neu eingeführt. Erwartungsgemäß gehen mit der Neuregelung einige Auslegungs- und Detailfragen einher. Anfang November 2021 hat das Bundesministerium der Finanzen den seit langem erwarteten Entwurf eines Anwendungsschreibens veröffentlicht. Hierzu liegt nun auch eine gemeinsame Stellungnahme von VKU und kommunalen Spitzenverbänden vor.

Inhalt des § 4 Nr. 29 UStG

Mit der Vorschrift des § 4 Nr. 29 UStG wurde die Steuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften nach Art. 132 Abs. 1 Buchstabe f MwStSystRL fast wortgleich in nationales Recht umgesetzt. Befreit sind Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder, wenn die Mitglieder diese Leistungen unmittelbar zur Ausübung von Tätigkeiten verwenden, die dem Gemeinwohl dienen. Voraussetzung ist zudem, dass der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern "lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten" fordert und dass mit der Steuerbefreiung keine Wettbewerbsverzerrung einhergeht. Auch im kommunalen sowie im gemeinnützigen Bereich kommt eine Anwendung des § 4 Nr. 29 UStG damit grundsätzlich in Betracht.

Rechtsform des Zusammenschlusses

Im Hinblick auf den personellen Anwendungsbereich stellt das BMF in dem Entwurf klar, dass der Zusammenschluss selbständig sein und aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen muss. Auf die Rechtsform des Personenzusammenschlusses kommt es hierbei nicht an. So können laut BMF neben Personen- und Kapitalgesellschaften insbesondere auch Einrichtungen der öffentlichen Hand, wie Zweckverbände, Anstalten öffentlichen Rechts oder gemeinsame Kommunalunternehmen, unter die Begünstigung fallen.

Begünstigte Tätigkeiten der Mitglieder

Nach dem Gesetzeswortlaut muss das die Leistung empfangende Mitglied insoweit dem Gemeinwohl dienende nicht steuerbare Leistungen oder genau bestimmte steuerfreie Leistungen nach § 4 UStG erbringen. Zu der Frage, inwieweit hoheitliche Tätigkeiten von Kommunen, Ländern und Bund zu den „dem Gemeinwohl dienenden nicht steuerbaren Leistungen“ gehören, hat das BMF zwei alternative Formulierungen in den Entwurf aufgenommen. Dabei erwägt das BMF, den Anwendungsbereich der Norm auf solche hoheitlichen Tätigkeiten zu beschränken, die im Rahmen der Wahrnehmung der in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL gewährten Befreiungen erbracht werden.  
   
Diese Überlegung hat seitens des VKU und der kommunalen Spitzenverbände Kritik hervorgerufen. Eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Rechtsprechung. In der Folge hätte § 4 Nr. 29 UStG bei der öffentlichen Hand praktisch keinen Anwendungsbereich. Den Verbänden ist darin zuzustimmen, dass sämtliche hoheitliche Tätigkeiten der Kommunen dem Gemeinwohl dienen und daher begünstigt sein sollten.

Unmittelbarkeit

Der Begriff der Unmittelbarkeit wird vom BMF weit ausgelegt. Ein wichtiger Anwendungsfall für die Praxis ist die Bereitstellung von IT-Infrastruktur, welche befreit sein soll, wenn sie auf die Mitglieder zugeschnitten ist. Dienen Leistungen nur mittelbar den Tätigkeiten der Mitglieder, ist die Befreiung hingegen ausgeschlossen (allgemeine Verwaltungsleistungen, z. B. Buchführung, Rechtsberatung, Personalgestellung).  

Keine Wettbewerbsverzerrung

Auch das Wettbewerbskriterium wird seitens des BMF eher großzügig ausgelegt. Insbesondere soll eine Wettbewerbsverzerrung dann nicht vorliegen, wenn der Zusammenschluss sicher sein kann, dass die Kundschaft seiner Mitglieder unabhängig von jeder Besteuerung oder Befreiung erhalten bleibt. Zudem stellt das BMF klar, dass der Wettbewerbsbegriff des § 2b UStG für Zwecke des § 4 Nr. 29 UStG ohne Bedeutung ist. VKU und kommunale Spitzenverbände begrüßen dies, da ein Ausschluss der Steuerbefreiung aufgrund einer Wettbewerbsverzerrung demnach eher die Ausnahme sein sollte.

Fazit

Ohne Frage bietet die Kostenteilungsgemeinschaft für die öffentliche Hand und für gemeinnützige Einrichtungen eine interessante Strukturierungsoption. Gerade vor dem Hintergrund der restriktiven Lesart des § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG durch die Finanzverwaltung lassen sich ggf. hiermit Umsatzsteuerbelastungen der interkommunalen Zusammenarbeit vermeiden. Auch sollte die Bildung einer Kostenteilungsgemeinschaft geprüft werden, wenn eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht begründet werden kann. Gerne unterstützen wir bei Fragen zur Anwendbarkeit des § 4 Nr. 29 UStG bei bestehenden oder neu aufzusetzenden Strukturen. Augenmerk sollte auch auf die genaue Erstattung der Kosten und deren Nachweis gelegt werden.   
 
Autoren: RA StB Dr. Erik Ohde, RA StB Dr. Carolin Rublack