Update Photovoltaikanlagen in der Umsatzsteuer: Finanzverwaltung ändert den Umsatzsteuer-Anwendungserlasserlass

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Gabriele Kirchhof

Um den Einsatz von erneuerbaren Energien und die Transformation hin zur Klimaneutralität weiter voranzubringen, setzte der Gesetzgeber mit dem neuen Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen im Jahressteuergesetz (JStG) 2022 einen entscheidenden Anreiz.  Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit seinem Schreiben vom 27.02.2023 die umsatzsteuerlichen Regelungen praxisdienlicher ausgestaltet und einige Vereinfachungen und Klarstellungen vorgenommen. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wird ergänzt und um einen neuen Abschnitt 12.18 erweitert.

BMF-Schreiben vom 27.02.2023 und A 12.18 UStAE

Definition des Begünstigungsbereichs

Grundsätzlich ist Voraussetzung zur Anwendung des Nullsteuersatzes eine Lieferung von Solarmodulen, eines Speichers oder wesentlicher Komponenten an den Betreiber einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf oder in der Nähe eines begünstigten Gebäudes.

In den Anwendungsbereich des Nullsteuersatzes fallen demnach auch Leistungen, die keinen eigenen Hauptzweck haben und unmittelbar dem Betrieb der Anlage dienen. Das BMF nennt in seinem Schreiben einige Beispiele. Zu diesen Nebenleistungen zählen sowohl die Lieferungen von Gegenständen wie z.B. Wechselrichter oder die Erbringung von sonstigen Leistungen (z.B. Installationsarbeiten). Auch die Anmeldung der Anlage im Marktstammdatenregister unterliegt somit dem Nullsteuersatz.

Weitergehend wird lediglich die Lieferung an den Betreiber selbst begünstigt - Lieferungen an einen Zwischenhändler, Leasinggeber oder Mietkäufer unterliegen nicht dem Nullsteuersatz. Betreiber ist, wer im Marktstammdatenregister eingetragen ist oder zukünftig voraussichtlich eingetragen werden muss.

Das BMF definiert zudem klare Belegenheitsvoraussetzungen für die PV-Anlage. Demnach muss die PV-Anlage in der Nähe von Privatwohnungen oder auf öffentlichen und anderen Gebäuden, die dem Gemeinwohl dienen, errichtet werden. Das BMF-Schreiben stellt klar, dass diese Voraussetzungen auch bei Containern (z.B. Schulcontainern) erfüllt sein können. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Container zur Erfüllung von hoheitlichen Zwecken, wie beispielsweise dem Schulunterricht, eingesetzt werden.

Weitere Vereinfachungsregelungen

Bei kleineren PV-Anlagen mit einer Bruttoleistung bis 30 kW (peak) gelten die Belegenheitsvoraussetzungen für Gebäude grundsätzlich als erfüllt, sofern auch eine Eintragung in das Marktstammdatenregister erfolgt ist. Diese PV-Anlagen fallen somit unter die Begünstigung des Nullsteuersatzes, sofern die Leistungsgrenze einheitenbezogen nicht überschritten wird. Wird diese Grenze durch eine nachträgliche Erweiterung der PV-Anlage überschritten, findet der Nullsteuersatz lediglich auf die Erweiterung keine Anwendung.

Wird das Gebäude auch für „schädliche“ unternehmerische Zwecke verwendet, kann im Einzelfall dennoch von einem begünstigten Gebäude ausgegangen werden. Sobald jedoch der unschädlichen Nutzung kein eigener Zweck zukommt oder die unschädliche Nutzung weniger als 10% der Gesamtnutzfläche beträgt, kommt der Nullsteuersatz nicht zu Anwendung.

Die Nachweispflicht über die Erfüllung der benötigten Voraussetzungen des Nullsteuersatzes liegt beim leistenden Unternehmer. Diese Pflicht kann allerdings unkompliziert über eine vertragliche Erklärung des Erwerbers, z.B. über die AGB, erfüllt werden.

Als weitere Praxisvereinfachung gilt die Herabsetzung der Leistungsgrenze zur Begünstigungsfähigkeit der Solarmodule von 500 W auf nun 300 W. Das BMF führt in seinem aktuellen Schreiben zudem aus, dass bei einer Anlagenleistung von unter 600 W die Nachweispflicht des leistenden Unternehmers über die Begünstigungsvoraussetzungen und die Betreibereigenschaft entfällt.

Beurteilung einer unentgeltlichen Wertabgabe bei Altanlagen

Nach der alten Rechtslage bis zum 31.12.2022 konnte ein Unternehmer eine bis dahin erworbene PV-Anlage voll seinem umsatzsteuerlichen Unternehmensbereich zuordnen, sofern er auf die Option zum Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG verzichtete. Der selbst verbrauchte Strom ist in diesem Fall weiterhin als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Um dies zu vermeiden, könnte eine Entnahme aus dem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen in Frage kommen. In diesem Fall unterliegt eine Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer PV-Anlage, die vor dem 01.01.2023 erworben wurde und zumindest teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung.

Eine Entnahme der PV-Anlage ist nur zulässig, sofern die nichtunternehmerische Nutzung des erzeugten Stroms über 90% beträgt. Diese Voraussetzung gilt auch als erfüllt, wenn zukünftig geplant ist mehr als 90 % des erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu nutzen. Als Vereinfachungsregelung sieht die Finanzverwaltung dieses Kriterium als erfüllt an, sofern der erzeugte Strom z.B. in einen Stromspeicher eingespeist wird oder eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung von über 90% für unternehmensfremde Zwecke vorsieht. Eine teilweise Entnahme aus dem Unternehmensvermögen ist hierbei nicht möglich.

Fazit und Praxisausblick

Mit dem aktuellen BMF-Schreiben und insbesondere den umfangreichen Ausführungen und Praxisbeispielen des A 12.18 UStAE wurden weitere Klarstellungen für die umsatzsteuerliche Praxis geschaffen. Derzeit liegt noch eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Geschäftsmodellen vor, da Leasing- und Mietkaufmodelle nicht vom neuen Nullsteuersatz profitieren. Ebenso wirft die begünstigungsfähige Entnahme von Altanlagen, welche das Vorliegen eines Speichers voraussetzt, Fragen auf. Zukünftig könnte diese Voraussetzung zu einer vermehrten Nachrüstung von Speichern führen. Die öffentliche Hand als Betreiber von PV-Anlagen sollte im Einzelfall prüfen, welche Umsätze im Einzelnen aus ihren PV-Anlagen erzielt werden und ob die Erleichterungen des BMF-Schreibens Anwendung finden.

Autor/innen: StB Tobias Kreiter, StB Bianca Sparacio