Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit bei der Verpachtung von Sportanlagen

BFH, Beschluss vom 31.08.2023 - XI B 89/22

Die Verpachtung von Sportanlagen ist nur dann ausnahmsweise nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn neben der Überlassung der Sportanlage als solchen und ggf. von Betriebsvorrichtungen keine weiteren Leistungen ausgeführt werden.

Sachverhalt

Im Urteilsfall verpachtet eine GmbH & Co KG eine Golfanlage an einen als Verein organisierten Golfclub. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist unter anderem der Betrieb von Sportanlagen, näher der Erwerb, die Fertigstellung, Unterhaltung und der Betrieb der vom Golfclub genutzten und der Klägerin gehörenden Golfanlage. Dabei wird die Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen Golfplatzes an den Verein angestrebt, dessen Mitglieder mehrheitlich Gesellschafter der Klägerin sind. Entsprechend dem Nutzungsvertrag zwischen der KG und dem Golfclub darf dieser die Anlage mit Ausnahme eines „Shops“ und der Gaststätte gegen Entgelt nutzen. Daneben hat die Klägerin Anspruch auf Einnahmen aus Greenfees, Driving-Range, Ballverkauf, Schrankvermietung, "Einladungsturnieren" und Werbung.

In den im Urteilsfall strittigen Jahren 2014 - 2017 behandelte die Klägerin die Verpachtung der Gaststätte und des Shops sowie die Überlassung der Boxen, der Driving-Range, der "Golfcars" und der Werbeleistung als umsatzsteuerpflichtig. Die Überlassung der Golfanlage als solchen an den Golfclub (etwa 73 % der Gesamtzahlung) behandelte sie als umsatzsteuerfreien Umsatz.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Verpachtung der Sportanlage an den Verein eine einheitliche steuerpflichtige Leistung darstellt. Dementsprechend seien sämtliche Ausgangsleistungen der GmbH & Co. KG umsatzsteuerpflichtig. Dem schloss sich das FG Hessen an und wies mit Urteil vom 09.08.2022, 1 K 506/20 die Klage ab. Dabei gelangte es in seiner Entscheidung zu der Auffassung, dass die KG die Golfanlage betrieben, sie unterhalten sowie die Pflicht zur Verkehrssicherung und die öffentlichen Lasten und Abgaben getragen hat.

Entscheidung des BFH

Der BFH beanstandet die Entscheidung des FG Hessen revisionsrechtlich nicht. Der Rechtsprechung beider Umsatzsteuersenate des BFH folgend, sei die Vermietung von Sportanlagen nur dann gemäß § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn abgesehen von der Überlassung der Sportanlage und von Betriebsvorrichtungen keine weiteren Leistungen ausgeführt werden. Diese weiteren, vorliegend schädlichen Leistungen der Klägerin seien vom FG vorhergehend unstrittig festgestellt worden.

Es könne daher auch dahinstehen, ob die Überlassung der Sportanlage nur im Rahmen eines langfristigen (mehrjährigen) Vertrags ohne Kündigungsmöglichkeit prägend sei.

Betreffend die etwaige Aufteilung der Leistungen verweist der BFH auf die Entscheidung des EuGH vom 04.05.2023 - C-516/21. Dem EuGH folgend sei Art. 135 Abs. 2 S. 1 Buchst. c MwStSystRL nicht bei der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen anzuwenden, wenn deren Vermietung eine Nebenleistung zur Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes sei, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht werde, und diese Leistung eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilde.

Praxishinweis

Umfasst ein Umsatz mehrere Einzelleistungen und Handlungen, ist zunächst im Wege der Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob getrennte Leistungen vorliegen oder ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt. Eine einheitliche Leistung ist dann anzunehmen, wenn die einzelnen Handlungen oder Tätigkeiten für den Empfänger so eng miteinander verknüpft sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Dienstleistung darstellen, deren Aufteilung wirklichkeitsfremd wäre. Dies ist regelmäßig gegeben, wenn ein Umsatz aus einer Hauptleistungen und einer oder mehrere Nebenleistungen besteht. Nebenleistungen entfalten für den Empfänger dabei keinen eigenen Zweck und sind dann gegeben, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich sind, mit ihr eng zusammenhängen und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommen.

Bei der Verpachtung eines Gebäudes mit Betriebsvorrichtungen stellt die Gebäudeverpachtung als solche regelmäßig die Hauptleistung dar, während die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen als unselbständige Nebenleistung zurücktritt, EuGH vom 04.05.2023, C-516/21 und nachfolgend BFH vom 17.08.2023 - V R 7/23.

Bei der Verpachtung von Sportanlagen ist diese Abgrenzung jedoch häufig deswegen schon nicht vorzunehmen, da die Überlassung lediglich in Ausnahmefällen ohne weitere Dienstleistungen erfolgt, die dazu führen, dass eine umsatzsteuerpflichtige Leistung besonderer Art vorliegt. Denn den Benutzern einer Sportanlage kommt es darauf an, ihre sportliche Betätigung ausüben zu können. Die in Anspruch genommene Leistung umfasst daher mehr als nur eine bloße Überlassung eines Grundstücks und ist daher nicht mehr nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerbefreit, vgl. auch BFH vom 21.06.2018 -V R 63/17 und vom 12.10.2016 - XI R 5/14. Der Betrieb einer Sportanlage beinhaltet häufig eine Reihe weiterer Dienstleistungen wie Aufsicht, Verwaltung und ständige Wartung, die über eine passive Bereitstellung hinausgehen und somit einer Umsatzsteuerbefreiung entgegenstehen. Daher sind Steuerpflichtige, die Sportanlagen zur Nutzung überlassen, angehalten, eine bisher angewandte Umsatzsteuerbefreiung zu überprüfen.

Autor/innen: StB Sebastian Heuser, StB Annika Wölky