Im am 15.10.2021 vorgestellten Sondierungspapier treffen SPD, Grüne und FDP eine Reihe von steuerpolitischen Vorfestlegungen. Hervor sticht ein weitgehender Verzicht auf Steuererhöhungen. Breite Steuersenkungen sind jedoch ebenfalls nicht vorgesehen. Noch keine Aussage treffen die angehenden Koalitionäre, welche der Parteien das Finanzministerium übernehmen soll.
Die steuerpolitischen Aussagen und Zielsetzungen des Sondierungspapiers im Detail:
- Keine neuen Substanzsteuern, keine Erhöhung von Steuern, wie z.B. Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer. Damit dürfte die Vermögensteuer vom Tisch sein. Inwieweit die Formulierung eine Erhöhung der Erbschaftsteuer zulässt, bleibt vorerst offen.
- Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung.
- Für den Klimaschutz sollen auch der nationale Emissionshandel (Brennstoffemissionshandelsgesetz) sowie der EU-Emissionshandel überarbeitet werden.
- Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis soll im Laufe der Legislaturperiode beendet werden.
- Die Länder sollen die Grunderwerbsteuer flexibler gestalten können, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern. Dies könnte auf persönliche Freibeträge hinauslaufen. Die Gegenfinanzierung ist beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) vorgesehen. Eine erneute Gesetzesanpassung der Grunderwerbsteuer ist demnach wahrscheinlich.
- Intensivierung des Kampfes gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Steuervermeidung, aktiver Einsatz für die Einführung der globalen Mindestbesteuerung.
- Spürbare Verringerung der Steuerbürokratie, beispielsweise durch höhere Schwellenwerte und volldigitalisierte Verfahren.
- Prüfung des Haushalts auf überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen – dies wird ggf. einen Abbau steuerlicher Vergünstigungen enthalten.
- Anhebung des Sparerpauschbetrags auf 1.000 Euro.
- Attraktivere Mitarbeiterkapitalbeteiligung, u.a. durch eine weitere Anhebung des Steuerfreibetrags
- Bessere Gründungsförderung und Abbau unnötiger Bürokratie, darunter könnten z.B. auch steuerliche Maßnahmen fallen.
- Schaffung neuer Unternehmensformen, wie z.B. Sozialunternehmen oder Gesellschaften mit gebundenem Vermögen. Dabei sollen aber Steuersparkonstruktionen vermieden werden.
- Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit (und damit wohl auch entsprechenden Steuervorteilen) will die Ampel den Bau bezahlbaren Wohnraums unterstützen.
- Die angekündigte Bemühung um fairen Wettbewerb zwischen Geschäftsmodellen digitaler Großunternehmen und lokal verwurzelten Unternehmen könnte als Hinweis verstanden werden, dass die Ampel über eine sog. Paketsteuer o.ä. nachdenkt.
- Eine Senkung der Unternehmensteuern, eine verbesserte Verlustverrechnung oder die Abschaffung des Rest-Solidaritätszuschlags werden in dem Papier dagegen nicht erwähnt.
Da das Sondierungspapier lediglich die Kernforderungen der potenziellen Koalitionäre aufgreift, dürften im finalen Koalitionsvertrag etliche weitere steuerlich relevante Aussagen enthalten sein. Es bleibt daher abzuwarten, wie die einzelnen, im Sondierungspapier vereinbarten Punkte in den in dieser Woche in 22 Arbeitsgruppen beginnenden Koalitionsverhandlungen ausgestaltet werden. Auch ist damit zu rechnen, dass zahlreiche Punkte neu hinzukommen werden, die noch nicht Gegenstand der Sondierungen waren. Überraschungen – positive wie negative – sind bis zum Abschluss der Verhandlungen möglich.
Auch die Frage, wer das Finanzministerium übernimmt, wird richtungsweisend für die Interpretation und Umsetzung der Verhandlungspunkte sein. Mit den finalen Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen ist schätzungsweise bis Ende November zu rechnen. Mit der gesetzgeberischen Umsetzung ihrer Vorhaben dürfte die Ampelkoalition, sofern sie zustande kommt, aber erst im kommenden Jahr 2022 beginnen.
Mehr erfahren Sie unserer Tax & Law Hörfunk Folge "Ende der Sondierung - Welche Klima- und Steuerpolitik ist zu erwarten?". Verfügbar auf u.a. Spotify und Apple Podcasts.
Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen.
Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.