Nach Auffassung des BFH ist im Rahmen der sog. erweiterten Grundstückskürzung für die Frage, wann beim heterogenen Formwechsel unter dem gemeinen Wert der betreffende Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG in das Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, die Besitzzeit der übertragenden Gesellschaft anzurechnen.
Im Streitfall war die Anwendung des Ausnahmetatbestands nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG, der die erweiterte Grundstückskürzung versagt, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung solcher stillen Reserven aus Grundbesitz enthält, die innerhalb von drei Jahren vor ihrer Aufdeckung zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden sind, in Bezug auf einen stattgefundenen Formwechsel einer KG in eine GmbH strittig.
Der BFH entschied, dass bei der vorliegenden Umwandlung, dem heterogenen (identitätswahrenden) Formwechsel, die Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ normspezifisch auszulegen seien (BFH-Urteil vom 27.10.2021, I R 39/19). Er unterstellt dabei, dass auch der heterogene Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft gewerbesteuerrechtlich zu einer Übertragung von Wirtschaftsgütern, d.h. zu einem Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang, führe. Für den BFH sei der durch das UmwStG 2006 fingierte Vermögensübergang nicht allein auf das UmwStG beschränkt und entfalte nicht nur für umwandlungssteuer(ordnungs)rechtliche Zwecke Geltung. Damit widerspricht er der herrschenden Auffassung in der Literatur, wonach sich die Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ am einkommensteuerrechtlichen Verständnis orientieren und einen Rechtsträgerwechsel mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums voraussetzen würden. Die Entscheidung des BFH geht insoweit über die Frage der erweiterten Grundstückskürzung hinaus und ist allgemein von Bedeutung. Zur Begründung führt der BFH aus, dass nicht erkennbar sei, warum sich die umwandlungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion nach § 25 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 5 UmwStG 2006 auf die Ermittlung der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen auswirken solle, während dies für den in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 verankerten Rechtsgrundverweis auf die §§ 20 bis 23 UmwStG 2006 und die dort geregelte Fiktion einer Vermögensübertragung nicht gelten solle. Insoweit ist es nach u.A. konsequent und erfreulich, dass der BFH sodann die Bestimmungen zur Besitzzeitanrechnung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 in die Beurteilung der erweiterten Grundstückskürzung einbezieht, sofern der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.
Im Streitfall hat der Formwechsel gemäß den §§ 25, 20 ff. UmwStG 2006 zu Buchwerten und damit unter dem gemeinen Wert stattgefunden, sodass über die Verweisung in § 23 Abs. 1 UmwStG die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 für die Frage des Zeitraums der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen zur Anwendung gelangen konnten. Für die Frage, wann der betreffende Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs gelangt ist, sei daher der Zeitraum der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der übertragenden (formwechselnden) Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger anzurechnen (Besitzzeitanrechnung).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.
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