Beim Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung ist für die Bestimmung des schenkungsteuerlichen Freibetrags und der Steuerklasse auf den „entferntest Berechtigten“ zum Schenker abzustellen. Das ist laut BFH auch derjenige, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Für die Besteuerung (Anwendung des maßgeblichen Freibetrags und des maßgeblichen Steuersatzes) ist dabei nicht auf das Verhältnis zur Stiftung, sondern auf den „entferntest Berechtigten“ zum Schenker (bzw. Erblasser) abzustellen, § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG (sog. Steuerklassenprivileg für Familienstiftungen).
Im konkreten Fall errichtete ein Ehepaar eine Familienstiftung. Laut Stiftungssatzung (und Stiftungsgeschäft) hat die Familienstiftung den Zweck einer angemessenen Versorgung der Eheleute, der angemessenen finanziellen Unterstützung der Tochter der Stifter sowie weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation. Die Errichter der Stiftung wollten der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis zur Tochter (Freibetrag 400.000 Euro) zugrunde legen, das Finanzamt dagegen das zur potenziellen Urenkelgeneration (mit Freibetrag von nur 100.000 Euro und höherem Steuersatz).
Der BFH gab dem Finanzamt Recht und stellte ebenfalls auf die potenzielle Urenkelgeneration ab (BFH-Urteil vom 28.02.2024, II R 25/21). „Entferntest Berechtigter" sei stets derjenige Berechtigte, für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt. Wer bei der jeweiligen Familienstiftung als „entferntest Berechtigter" anzusehen ist, ist laut BFH der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu entnehmen. Dabei bezieht der BFH auch die potenziell (nach der Stiftungssatzung möglichen) Berechtigten ein (und nicht nur die sofort Bezugsberechtigten). Für den BFH ist dabei sowohl unerheblich, dass eine Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren ist. Ebenso unerheblich sei, ob diese jemals geboren und auch tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen wird.
Der BFH weist dabei darauf hin, dass wegen des Abstellens in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auf die Stiftungsurkunde es der Stifter selbst in der Hand habe, diese Begünstigung so zu nutzen, wie er es für am besten für seine Familie hält. Die von den Stiftungserrichtern aufgeworfene Frage, ob im Fall, dass keine Enkel und Urenkel geboren werden, Steuer zu erstatten ist, ließ der BFH offen.
Die Frage, ob das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auch auf ausländische Familienstiftungen anwendbar ist, liegt derzeit beim EuGH Az. C-142/24, vgl. zum Vorlagebeschluss des FG Köln EY-Steuernachricht vom 14.03.2024).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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