Klimaschutzverträge: BMWK forciert Transformation und Dekarbonisierung

Um die Dekarbonisierung der Industrie voranzubringen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Förderinstrument bekanntgegeben, mit dem es mit großen CO2-Emittenten in der Industrie Klimaschutzverträge schließen will. Unternehmen, die im ersten Gebotsverfahren ein Gebot abgeben möchten, müssen am vorbereitenden Verfahren teilnehmen.

Nach der großen Welle an Förderprojekten im Bereich Dekarbonisierung und Wasserstoff (u.a. im Rahmen von IPCEI Wasserstoff) startet nun das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das vorbereitende Verfahren für das neue Förderinstrument „Klimaschutzverträge“ nach dem Konzept der Carbon Contracts for Difference (CCfDs), um die Transformation der energieintensiven Wirtschaftszweige in Richtung klimafreundliche Verfahren zu beschleunigen. Verfahrenstechnisch ist eine Vergabe von Klimaschutzverträgen auf Basis von Gebotsverfahren vorgesehen, welchen ein verpflichtendes vorbereitendes Verfahren vorgeschaltet ist. Letzteres wurde am 06.06.2023 bekannt gegeben und die Abgabefrist auf den 07.08.2023 datiert.

Hintergrund

Die Industrie mit ihrem starken gesamtwirtschaftlichen Einfluss auf Bruttowertschöpfung und Arbeitsplätze, zeichnet für etwa 22 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Entsprechend kann das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bei gleichzeitigem Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des Wohlstandes in Deutschland nur gemeinsam mit der Industrie erreicht werden.

Jedoch ist insbesondere zum gegenwärtigen Zeitpunkt für viele Unternehmen der energieintensiven Industrien eine Umstellung auf notwendige, transformative Produktionsprozesse im Vergleich zu konventionellen und CO2-intensiven Verfahren immer noch zu teuer und insofern unwirtschaftlich, als dass eine Umstellung nur mit massiven Wettbewerbsnachteilen zu bewältigen wäre.

Dies begründet sich vor allem durch die u.a. durch hohe Energiepreise getriebenen operativen Kosten solcher Prozesse. Allgemeine Preisrisiken auf beiden Seiten der Supply Chain sowohl im Einkauf von v.a. Energie/Energieträgern als auch in Bezug auf Produkte am Markt und dem damit verbundenen „Green Premium“ für CO2-arme oder -neutrale Produkte verstärken diese Thematik noch.

Zu den stärksten Preis- bzw. Kosteneinflussfaktoren auf einen Business Case eines transformativen Verfahrens wird in Zukunft die fortschreitende Reduktion der CO2-Zertifikate sowie der dadurch getriebene CO2-Preis gehören. Die Bepreisung des CO2-Ausstoßes zielt darauf ab, den Business Case eines transformativen Verfahrens zunehmend attraktiv zu gestalten, jedoch ist dieser CO2-Preis den Marktregeln unterworfen und daher schwer zu prognostizieren (für Details siehe EU ETS: Wie stark steigen die CO₂-Preise bis 2030?).

Klimaschutzverträge

Um die Transformation der energieintensiven Wirtschaftszweige in Richtung klimafreundliche Verfahren zu beschleunigen, plant das BMWK eine kombinierte CAPEX- und OPEX-Förderung im Rahmen des zurzeit in Abstimmung mit der EU-Kommission befindlichen Förderinstrumentes der „Klimaschutzverträge“. Die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 05.06.2023 beschreibt hierbei klar, dass die Klimaschutzverträge privatwirtschaftlichen Hedging-Verträgen nachempfunden sind, die Unternehmen hinsichtlich bestimmter Preisentwicklungen, beispielsweise für Energieträger wie Wasserstoff, finanzielle Planungssicherheit geben sollen. Es zeigt sich somit ein gewisser Fokus auf den Aspekt der Betriebskostenförderung dieses Förderinstruments. Auf Basis der Klimaschutzverträge sollen Mehrkosten für Projekte aus energieintensiven Industriebranchen ausgeglichen werden, welche durch die Errichtung (CAPEX) und den Betrieb (OPEX) von transformativen Anlagen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren entstehen. Über einen Zeitraum von 15 Jahren wird das Unternehmen so vor Preisrisiken geschützt.

Durch die geplante Doppelwirksamkeit des Projektes ist im Rahmen des geplanten Förderinstruments ein Mechanismus vorgesehen, der bei zunehmender Wirtschaftlichkeit des transformativen Verfahrens eine entsprechende Überschusszahlung zurück an den Fördermittelgeber festlegt. Hierdurch stellt die Bundesregierung sicher, dass es zu keiner dauerhaften und übergebührlichen Belastung der staatlichen Budgets durch die zu erwartenden hohen Fördersummen der nächsten Jahre kommt.

Wer ist antragsberechtigt?

Im Fokus der geplanten „Klimaschutzverträge“ stehen Projekte zur Transformation der energieintensiven Branchen wie bspw. Glas, Keramik, Grundstoffe, Zement, Kalk und Stahl. Ferner liegt der Schwerpunkt insbesondere auf Branchen bzw. auf der Herstellung von Produkten, die heute dem EU ETS unterliegen.

Dabei muss das Projekt im letzten Jahr der Laufzeit des Klimaschutzvertrages 90 Prozent mehr CO2 einsparen als das Referenzsystem (die aktuell dominierende Produktionstechnologie). Ebenfalls von Relevanz ist eine bestimmte Anlagengröße – Projekte, deren Referenzsysteme weniger als 10 kt CO2-Äquivalent im Jahr ausstoßen, sind nicht antragsberechtigt. Die Projekte sollen dabei – nach heutigem Wissensstand – 36 Monate nach Erhalt des Zuwendungsbescheides in Betrieb gehen (Verlängerung auf 48 Monate möglich).

Wie lange läuft ein Klimaschutzvertrag?

Ein Klimaschutzvertrag soll über eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren Mehrkosten abfedern und das Unternehmen vor Preisrisiken schützen.

Welche Förderquoten sind im Rahmen der Klimaschutzverträge zu erzielen?

Grundsätzlich soll der Klimaschutzvertrag die Mehrkostenlücke zwischen konventionellem Verfahren und transformativen Verfahren schließen. Da diese Mehrkosten über die Laufzeit der Änderung bestimmter Preisparameter unterworfen sind, wird die Auszahlungssumme auf Basis bestimmter dynamisierter Parameter jährlich neu kalkuliert. Der Zuwendungsbescheid legt die maximale jährliche Fördersumme sowie die maximale gesamte Fördersumme fest.

Wie werden die Fördergelder vergeben?

Die Fördermittel in Form von Klimaschutzverträgen werden im wettbewerblichen Verfahren vergeben. Der Antragssteller (in diesem Fall: der Bieter) berechnet hierbei seine Förderlücke, indem er die betriebswirtschaftliche Kalkulation der transformativen Projektanlage mit der betriebswirtschaftlichen Kalkulation der konventionellen Referenzanlage vergleicht. Die dabei maßgeblichen Bewertungskriterien umfassen die Fördermitteleffizienz (EUR / t CO2-Äquivalent) und die relative Treibhausgasemissionsminderung im Vergleich zum konventionellen Referenzsystem.

Die Basis zur Ermittlung der Fördermitteleffizienz stellen hierbei die Mehrkosten pro vermiedener Tonne CO2 dar.

Verfahrenstechnisch ist eine Vergabe von Klimaschutzverträgen auf Basis von Gebotsverfahren vorgesehen, wobei zunächst ein Förderaufruf geplant ist. Dem Fördermittelgeber bleiben bei der konkreten Ausgestaltung des Gebotsverfahrens hohe Freiheitsgrade, welche die Anpassungsfähigkeit des Förderinstrumentes an die Anforderungen der verschiedenen Industrien garantieren sollen (vorbehaltlich etwaiger Impulse aus dem noch laufenden Notifizierungsverfahren). Zur Vorbereitung auf das Gebotsverfahren wird ein sogenanntes vorbereitendes Verfahren durchgeführt, um das Gebotsverfahren effektiv und bedarfsgerecht zu gestalten. Unternehmen, die am späteren Gebotsverfahren teilnehmen möchten, sind verpflichtet, zuerst das vorbereitende Verfahren zu durchlaufen. Dieses beginnt ab dem 06.06.2023 mit Abgabefrist zum 07.08.2023.