Auf den Gesellschafter entfallende Einkünfte können auch demjenigen zuzurechnen sein, dem ein Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil eingeräumt ist. Der BFH äußert sich nun zu den Voraussetzungen einer Zurechnung beim Quotennießbrauch am Anteil eines Gesellschafters einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft.
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind grundsätzlich demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand des § 21 EStG persönlich verwirklicht. Grundsätzlich ist das derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Bei über eine Personengesellschaft gemeinschaftlich erzielten Vermietungseinkünften sind die Einkünfte den Gesellschaftern grundsätzlich anteilig zuzurechnen, auch wenn sie zivilrechtlich nicht unmittelbar aus dem Vertrag verpflichtet oder berechtigt sind. Der BFH hatte nun zu klären, wem bei einem bestehenden Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden GbR die über die GbR (Grundstückseigentümerin und als Vermieterin nach außen auftretend) erzielten Vermietungseinkünfte zuzurechnen sind. In seinem Urteil äußert sich der BFH zunächst zur Behandlung eines (direkt) am Grundstück bestehenden Sachnießbrauchs und eines Treuhandverhältnisses sowie zu Fällen einer treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an einer die Vermietungseinkünfte erzielenden Personengesellschaft und Fällen eines Nießbrauchs an einem Mitunternehmeranteil.
Nach Auffassung des BFH ist für den Fall eines Quotennießbrauch am Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zunächst zu prüfen, wer das Außenverhältnis bzw. das Leistungsverhältnis „Vermietung“ beherrscht. Beherrscht der einzelne Gesellschafter das Nutzungsüberlassungsverhältnis nicht allein (sondern nur gemeinschaftlich mit anderen Gesellschaftern), kommt es darauf an, ob und inwieweit der Nießbraucher insgesamt (oder beim Quotennießbrauch "teilweise") anstelle des Gesellschafters die diesem in der Gesellschaft zustehenden wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben kann, so dass er den Gesellschafter bei der Mitwirkung an der Willensbildung in der Gesellschaft (auch in sog. Grundlagengeschäften) wirksam beschränken kann und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung selbst (gegebenenfalls „anteilig“) als Gesellschafter anzusehen ist. Dabei stellt der BFH vorrangig auf die Vertragslage ab. Da Stimmrechte laut BFH nicht teilbar sind, sei entscheidend, wie der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung nach vorhergehender interner Beratung mit dem Nießbraucher abstimmen kann bzw. muss oder ob der Nießbraucher eine Abstimmung gegen den Gesellschafter durchsetzen oder wenigstens blockieren kann. Ist der Nießbraucher als Gleichberechtigter zu sehen, können ihm die Einkünfte entsprechend seines Quotennießbrauchs zugerechnet werden. Da es im konkreten Fall jedoch an der Berechtigung des Quotennießbrauchers fehlte, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken, verneinte der BFH eine (anteilige) Zurechnung der Einkünfte zum Quotennießbraucher (BFH-Urteil vom 15.11.2022, IX R 4/20).
Auch wenn der II. BFH-Senat wohl eine Aufteilung der Stimmrechte im Bereich einer Mitunternehmerschaft für möglich hält (siehe BFH-Urteil vom 16.05.2013, II R 5/12), sah der IX. BFH-Senat von einer Anfrage an den II. BFH-Senat ab. Da in diesem Fall sowohl andere Vorschriften als auch mit der Mitunternehmerschaft ein anderes Rechtsinstitut betroffen sei, sieht der IX. Senat keine für eine Anfrage erforderliche abweichende Rechtsprechung.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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