Zollanmelder
Zugelassene Zollanmelder sollen ab 2026 jeweils bis zum 31. Mai des Folgejahres eine Grenzausgleichserklärung abgeben, in der – ähnlich wie in der Übergangsphase – die in den Einfuhrwaren enthaltenen Emissionen berechnet werden. Diese sind durch vorab unterjährig erworbene CBAM-Zertifikate auszugleichen. Diverse Details sind noch zu klären. Nach aktuellem Sachstand soll es möglich sein, bis zu einem Drittel der im Vorjahr erworbenen Zertifikate an die CBAM-Behörde zurückzugeben. Darüber hinaus würden überschüssig erworbene CBAM-Zertifikate verfallen. Sofern in der EU bestimmte Industriezweige vorerst noch von der kostenfreien Zuteilung von Emissionszertifikaten profitieren, wird dies bei der Berechnung der erforderlichen CBAM-Zertifikate reduzierend berücksichtigt.
Bewertung von einfach bis komplex
Für einfache Waren sehen die Pläne vor, den Wert der Emissionen anhand einer simplen Division zu berechnen. Im Zähler sollen die der Ware zugeordneten Emissionen stehen, im Nenner die Aktivitätsrate der Waren. Letzteres soll definiert werden als die Menge der im Berichtszeitraum in der Anlage hergestellten Waren. Bei komplexen Waren soll eine modifizierte Gleichung anzuwenden sein: In dieser Formel wird im Zähler die Summe der eingebetteten Emissionen der im Produktionsprozess verbrauchten Einsatzstoffe hinzuaddiert. Diese Formel kommt zur Anwendung, wenn bei der Produktion der in die EU eingeführten Waren Material von Vorlieferanten verwendet wird.
Auch wenn die Verordnung zum zukünftigen Grenzausgleichsmechanismus noch politisch diskutiert wird, empfiehlt es sich, umgehend die Hersteller von CBAM-betroffenen Waren zu identifizieren, um Informationen zu den entsprechenden Emissionen zu erlangen. Liegen die nach EU-Standard ermittelten und durch Prüfer abgenommenen tatsächlichen Emissionswerte dem zugelassenen Anmelder bei der Einfuhr nicht vor, kann – soweit verfügbar – nach einem komplexen Regelwerk auf zuverlässige Länderkennzahlen zurückgegriffen werden, wobei gerade in diesem Bereich Details noch durch Begleitverordnungen zu ergänzen sind. Liegen die länderspezifischen Benchmarks nicht vor, sollen „Standardwerte“ angewendet werden, die sich an den 10 Prozent der emissionsträchtigsten Herstellungsanlagen in der EU zuzüglich eines Aufschlags orientieren sollen
Möglichkeiten zur Kostenreduktion
Bei der Einfuhr von Waren, die nach zollrechtlichen Regelungen als Rückwaren gelten, soll keine Grenzausgleichsabgabe anfallen. Bei Inanspruchnahme des Zollverfahrens der aktiven Veredelung zur Verarbeitung von CBAM-unterliegenden Veredelungswaren in der EU kann die Pflicht zum Erwerb von CBAM-Zertifikaten vermieden werden. Korrespondierend soll das Zollverfahren der passiven Veredelung die Möglichkeit bieten, bei der Wiedereinfuhr die Emissionen der zuvor aus der EU ausgeführten Vorprodukte gegenzurechnen. Perspektivisch ist aufgrund arbeitsteiliger Prozessketten zu erwarten, dass die Abwicklung von Zollverfahren zur Reduzierung von CBAM-Kosten in Zukunft immer häufiger unternehmensübergreifend im Industrieökosystem stattfinden wird. Auf die damit einhergehenden organisatorisch-prozessualen Herausforderungen sind nur wenige Unternehmen vorbereitet. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Zollverfahren bereits erfüllt sind, und bei Bedarf zu handeln.
Einbindung von Prüfinstanzen
Zu beachten ist, dass die Ermittlung der Emissionsdaten ab 2026 stets durch Prüfinstanzen („accredited verifier“) bestätigt werden muss. Die individuelle Ermittlung der Emissionswerte ist insbesondere dann sinnvoll, wenn bei der Herstellung (möglicherweise) weniger Emissionen anfallen, als bei Anwendung der „Benchmark-Werte“ angesetzt würden. Auch zur Bestätigung von Emissionskosten („carbon cost“), die im Ursprungsland erhoben werden und bei der Berechnung erforderlicher CBAM-Zertifikate als Minderungsbetrag geltend gemacht werden, ist die Einbindung unabhängiger Zertifizierer erforderlich. In diesem Zusammenhang verbleibt aktuell zu klären, wie sich die beim COP26 in Glasgow getroffenen Vereinbarungen zur Schaffung eines internationalen Emissionshandels (Art. 6) auf das CBAM-Konzept auswirken.
Strafen
Wer falsche Angaben macht oder die CBAM-Zertifikate nicht bis zum 31. Mai für die im Vorjahr eingeführten Waren verrechnet, muss in Zukunft mit empfindlichen Strafzahlungen rechnen. Das gilt auch, wenn zollrechtliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit CBAM-belegten Waren auftreten und hierdurch Einfuhrabgaben entstehen. Neben den Strafzahlungen sind die erforderlichen CBAM-Zertifikate nachzukaufen und zu verrechnen. Außerdem dürfen Verfahrensverstöße ergänzend nach nationalen bußgeld- bzw. strafrechtlichen Regelungen verfolgt werden. Im Detail kommt es bei den Sanktionsregelungen sicher noch zu Anpassungen am Rechtstext.
Ausblick und Handlungsbedarf
Auch wenn die Regelungen zum Grenzausgleich noch in der politischen Diskussion sind und zumindest im Detail Änderungen zu erwarten sind, dürften die skizzierten Maßnahmen insgesamt umgesetzt werden. Schon die Berichtspflichten ab 2023 werden viele Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen, da Daten zu erheben, zu organisieren und in das Berichtswesen einzubringen sind. Es ist zu erwarten, dass nicht alle heutigen Importeure die Anforderungen des CBAM-Berichts erfüllen können oder wollen, sodass die Arrangements zur Einfuhr solcher Waren in die EU zu überprüfen sind. Entscheidend ist es nun, die Hersteller betroffener Waren in den Drittländern zügig zu identifizieren und die in den Produkten enthaltenen Emissionen zu berechnen. Dabei sollten modellhaft auch die verfügbaren Benchmark-Daten zu den Emissionen geprüft werden. Auf dieser Basis lässt sich die zukünftige Belastung durch die EU-Grenzausgleichsabgabe indikativ ermitteln. Es ist zu erwarten, dass die Kosten für viele Produkte in der EU (teilweise erheblich) ansteigen. Das gilt nicht nur für den Import von Waren, die der Grenzausgleichsabgabe unterliegen, sondern auch für Waren, die in der EU hergestellt werden, da auch hier umfangreiche Änderungen, u. a. in Bezug auf den Emissionshandel und die Energiebesteuerung, anstehen. Die Mehrkosten beim Einsatz fossiler Brennstoffe treibt die Transformation zu einer grünen Wirtschaft, die durch neue Technologien und großtechnisch angewandte Verfahren wettbewerbsfähig wird.