3 minute read 24 Nov 2022
Vermögensverwalter blicken weiter nach Luxemburg

Vermögensverwalter blicken weiter nach Luxemburg

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Adriana Boixados Prio

EY Luxembourg Tax Partner, Private Equity

Jesus Orozco

EY Luxembourg Assurance Real Estate Partner

Married and father of two kids assurance professional with over 17 years of experience. Passionate about playing golf.

3 minute read 24 Nov 2022

Wie sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Großherzogtum und Deutschland in Krisenzeiten entwickeln können 

Luxemburg ist ein beliebtes Ziel für deutsche Vermögensverwalter. Der Erfolg der langjährigen Partnerschaften zwischen den Finanzzentren beider Länder lässt sich auf die Ähnlichkeiten in Bezug auf Kultur, Wirtschaft und Anlagepräferenzen zurück­führen. Vor der Covidkrise wuchs das alternative Anlagengeschäft (bestehend aus illiquiden Anlagen jeglicher Art) rasant. Vermögensverwalter sahen eine vielversprechende Investitionsmöglichkeit, um ihre gewünschten Renditen zu erreichen, und das Kapital der Anleger wartete nur darauf, in alternative Strategien investiert zu werden.

Die Frage ist jetzt nicht nur, was heute geschieht, sondern vor allem, was in den kommenden Monaten und Jahren passieren wird, da sich dunkle Wolken über der Weltwirtschaft abzuzeichnen scheinen. Inwiefern und in welchem Ausmaß, wird also die Alternativbranche weiterhin die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen?

Ähnliche Marktlage

Es ist nicht zu leugnen, dass viele Indikatoren auf eine angespannte Weltwirtschaft hindeuten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 27. Oktober 2022 ihre drei Leitzinsen um 75 Basispunkte erhöht: Refinanzierungsgeschäfte, Spitzenrefinanzierungsfazilität und Einlagefazilität sind auf respektiv 2 %, 2,25 % und 1,5 % gestiegen. Die jährliche Inflationsrate der Europäischen Union (EU) hat sich im September auf 10,9 % erhöht, gegenüber 3,6 % im Jahr zuvor. Globale Lieferketten sind angespannt, was durch den anhaltenden Krieg in Europa noch verschärft wird, und das relativ neue Konzept des „großen Kündigen“ bereitet den Personalverantwortlichen Kopfzerbrechen.

Nach der Finanzkrise von 2008 wurde der Markt neu verteilt. Die Vermögensverwalter, die die Krise überwunden haben und heute noch existieren sind solche, die damals die begehrten Renditen dank Strategien realisierten, die das Vertrauen der Anleger behielten. Man kann davon ausgehen, dass sich in den kommenden Jahren ein ähnliches Muster herausbilden wird: Diejenigen, die ohne die nötige Erfahrung, das erforderliche Wissen und eine angemessene Unternehmensführung auf den Markt gekommen sind, werden sich unter den derzeitigen Marktbedingungen schwertun. Andererseits werden etablierte, professionelle Fondsmanager, die sowohl mit ihren Geschäfts- als auch Vergütungsplänen eine langfristige Strategie verfolgen, nicht nur überleben, sondern wahrscheinlich sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Auf der Anlegerseite ist zu erkennen, dass immer mehr Investoren von traditionellen Vermögenswerten und dem Aktienmarkt auf alternative Anlagen umsteigen – insbesondere auf Private Equity, Hedgefonds, Immobilien und andere strukturierte Produkte –, um die Diversifizierung zu erhöhen, sich gegen Abwärtsrisiken zu schützen und die Aussetzung an den öffentlichen Märkten zu verringern.

Nach einem Rückgang im Jahr 2020 nimmt die Mittelbeschaffung durch Private Equity in Deutschland wieder zu. Während das Jahr 2021 mit 4,8 Mrd. Euro abgeschlossen wurde, ist das Niveau von vor der Pandemie (6 Mrd. Euro 2019) noch nicht wieder erreicht, so der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK e.V.).

Prognosen für das Jahr 2022 sind aufgrund der derzeitigen makroökonomischen und geopolitischen Lage schwierig. Angesichts des bisherigen Finanzierungsvolumens ist mit einem weiteren stetigen Wachstum und stabilen Buy-out-Aktivitäten zu rechnen. Jedoch traten zu Beginn des Jahres 2022 neue, unvorhersehbare Risiken auf, die das Wachstum der alternativen Investmentfonds weltweit gefährden könnten. Die aktuelle Marktlage ist von geopolitischen Bedenken geprägt, die als Konsequenz eine Dämpfung der Risikobereitschaft mit sich bringen. Durch die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und die gestiegenen Energiekosten sind die Lieferketten angespannt und weltweit gebremst. Die Konsequenz dazu ist eine hohe Inflation, die Zentralbanken zu einer strafferen Geldpolitik zwingt.

Die Branche der alternativen Investmentfonds ist zwar nicht immun gegen diese Turbulenzen, aber ihre Fähigkeit, sich angesichts des schnellen Wandels anzupassen und die sich bietenden Chancen zu ergreifen, könnte es ihr ermöglichen, diesen potenziellen Gegenwind wirksam zu meistern. Und das bedeutet neue Ansätze für Wachstum – in Deutschland und weltweit.

Europäische Kommanditisten (LPs – Limited Partnerships) haben sich langsam, aber sicher von Fondsstrukturen und -produkten außerhalb der EU abgewandt, was auf verstärkte Meldepflichten und die Bemühungen innerhalb der EU im Bereich der steuerlichen Zusammenarbeit zurückzuführen ist. Die deutsche Fondsindustrie hat von dieser Abwanderung aus außereuropäischen Fondsprodukten profitiert und konnte einen – wenn auch bescheidenen – Anstieg sowohl der deutschen offenen Investmentfonds als auch der registrierten Verwaltungsgesellschaften für alternative Investmentfonds verzeichnen.

Fondsstrukturierung im Fokus

Deutsche Vermögensverwalter richten ihre Augen weiterhin auf Luxemburg, insbesondere wenn es um die Strukturierung ihrer Fonds geht.
Luxemburger Fonds eignen sich sehr gut für den Vertrieb in Deutschland und den nordeuropäischen Ländern. Letztere stellen die Mehrheit der deutschen Assetmanager-Kunden dar, zu denen insbesondere die Anleger der deutschen Versicherungsgesellschaften gehören, die nach den deutschen institutionellen Anlegern (73 % des deutschen Marktes) weiter die wichtigste Anlegerkategorie darstellen.

Dennoch werden deutsche Spezialfonds, das Vehikel für alternative Fondsstrategien in Deutschland, im Inland nach wie vor bevorzugt, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass diese Spezialfonds eine besondere Struktur („ein Kunde, eine Investition“) aufweisen, die sich von den typischen Luxemburger Private-Equity-Fonds deutlich unterscheidet. Auch wenn diese Bevorzugung in der Vergangenheit sehr präsent war, bietet Luxemburg flexible alternative Investmentfondsvehikel an und verfügt über eine ständig wachsende Palette maßgeschneiderter Fondsvehikel und -produkte – von transparenten bis hin zu intransparenten, regulierten bis zu nichtregulierten und sogenannten semiregulierten Fonds (solche, die nur „managerreguliert“ sind). Die luxemburgische Fondsindustrie entwickelt sich ständig weiter, um den Bedürfnissen der in Deutschland ansässigen Unternehmen gerecht zu werden.

Von der Regulierungsseite wird erwartet, dass das Großherzogtum die Alternative Investment Fund Managers Directive 2 (AIFMD 2) ohne „Goldplating“ umsetzen wird, daher sind von deutschen Vermögensverwaltern mit keinen „bösen Überraschungen“ zu rechnen. Die Regulierungsbehörde arbeitet auch an der Neugestaltung der Eltif-Verordnung (European Long-Term Investment Fund), die eine weitere Reihe geeigneter Alternativen für Kleinanleger mit sich bringen wird – von denen ein Großteil aus Deutschland auf den europäischen Markt kommen wird.

Die überarbeitete Eltif-Verordnung wurde von der Assetmanagement-Gemeinschaft einhellig begrüßt und wird als der fehlende Teil der Verordnung angesehen, der die Lücke zwischen der AIFM-Verordnung (Vertrieb von AIF an professionelle Anleger) und der OGAW-Verordnung (Vertrieb von Nicht-AIF an Kleinanleger) schließt. Kurz gesagt, öffnet sie die Tür für den Vertrieb von alternativen Strategien an Kleinanleger.

Die überarbeitete Eltif-Verordnung wurde von der Assetmanagement-Gemeinschaft einhellig begrüßt und wird als der fehlende Teil der Verordnung angesehen, der die Lücke zwischen der AIFM-Verordnung (Vertrieb von AIF an professionelle Anleger) und der OGAW-Verordnung (Vertrieb von Nicht-AIF an Kleinanleger) schließt. Kurz gesagt, öffnet sie die Tür für den Vertrieb von alternativen Strategien an Kleinanleger.

Akzeptanz noch ungewiss

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Vermögensverwalter bereit sein werden, auf regulierte Strukturen zurückzugreifen, um ihren Kundenstamm zu erweitern (das heißt Kleinanleger anzuziehen), nachdem sie sich an die leichteren „managerregulierten“ Fondssysteme (das sogenannte „Reserved Alternative Investment Fund Regime“ oder „RAIF-Regime“) gewöhnt haben, die in den vergangenen Jahren einen massiven Boom erlebten. Die Vielzahl unterschiedlicher luxemburgischer Rechtsformen für Eltifs – erleichtert durch die bekannte und etablierte „luxemburgische Toolbox“, mit der der Eltif kombiniert werden kann – wird dem Großherzogtum in Verbindung mit der umfassenden Fondsexpertise auf der Ebene der Dienstleister und der lokalen Aufsichtsbehörden sicherlich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, der es ermöglicht, weiterhin einen Großteil der deutschen Vermögensverwaltungsbranche, einschließlich ihrer Private-Equity-Komponenten, zu absorbieren.

Bei den weltweit führenden Vermögensverwaltern, die im Bereich der alternativen Investmentanlagen tätig sind und schwierige Zeiten gestärkt überstanden, sind ähnliche Muster zu erkennen. Einerseits gelang es ihnen sich an die Bedürfnisse und Wünsche der modernen Anleger anzupassen, die sich infolge globaler „Vermögensverwalter, denen es gelungen ist, ihre Organisation mit der entsprechenden dynamischen, flexiblen und agilen Unternehmenskultur zu durch­dringen, werden in der Lage sein, ihre Strategien umzusetzen, die erwarteten Renditen zu erzielen und letztlich das Vertrauen ihrer Anleger auch in Zukunft behalten.“

Ereignisse (zum Beispiel Pandemie und deren Folgewirkungen) und Trends (zum Beispiel Digitalisierung, „Retailisierung“, ESG – Environment Social Governance) verändert haben. Vermögensverwalter, denen es gelungen ist, ihre Organisation mit der entsprechenden dynamischen, flexiblen und agilen Unternehmenskultur zu durchdringen, werden in der Lage sein, ihre Strategien umzusetzen, die erwarteten Renditen zu erzielen und letztlich das Vertrauen ihrer Anleger auch in Zukunft behalten.

This article was published in Börsen-Zeitung

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Luxemburg ist ein beliebtes Ziel für deutsche Vermögensverwalter. Der Erfolg der langjährigen Partnerschaften zwischen den Finanzzentren beider Länder lässt sich auf die Ähnlichkeiten in Bezug auf Kultur, Wirtschaft und Anlagepräferenzen zurück­führen.

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Jesus Orozco

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Married and father of two kids assurance professional with over 17 years of experience. Passionate about playing golf.