Die Geschäftsführung hat gegenüber dem obersten Organ eine Bringschuld für zusätzliche Informationen, das oberste Organ gegenüber der Geschäftsführung eine Holschuld.
Die Geschäftsführung hat gegenüber dem obersten Organ eine Bringschuld, indem sie die zusätzlichen Informationen bündelt und in die Führungsgremien einbringt. Auf der Gegenseite ist das oberste Organe im Sinne einer Holschuld gefordert, seine Bedürfnisse und Anforderungen an die Geschäftsführung zu konkretisieren.
Abgeleitet vom Strukturmodell der Vorsorgeeinrichtung werden die notwendigen Überwachungskontrollen ergänzt. Relevant sind die Ebenen, denen die versicherungs- und anlagetechnischen Risiken zugeordnet sind. Die höchste Stufe an Komplexität mag bspw. eine Sammelstiftung sein, welche ihren risikotragenden Vorsorgewerken die freie Wahl der Umwandlungssätze und die Wahl von Anlagelösungen überträgt.
Es liegt nahe, dass eine derartige Vorsorgeeinrichtung höhere Anforderungen an die finanzielle Führung und an die interne Kontrolle verlangt als eine Gemeinschaftsstiftung mit einem einzigen Vorsorgeplan und einer einheitlichen Anlagestrategie.
An dieser Stelle ist zu verdeutlichen, dass selbst bei Übertragung von Kompetenzen an die Solidargemeinschaften und Vorsorgewerke die Gesamtverantwortung nach Art. 51a BVG nach wie vor beim obersten Organ der Vorsorgeeinrichtung bleibt. Entscheidend ist, dass die Kompetenzen und Aufgaben in einem Organisationsreglement oder im Anschlussvertrag definiert sind und dass die internen Kontrollen auf allen Ebenen der Vorsorgeeinrichtung nachweislich gelebt werden.
Die Ausgestaltung der internen Kontrollen auf allen Ebenen bewirken, dass die Entscheidungsträger u.a.
- ausreichend über die relevanten Risiken informiert sind, um die zeitnahe und effektive Überwachung und Steuerung sicherzustellen;
- die Interessenskonflikte kennen, um allfällige Massnahmen einzuleiten;
- die bedeutenden Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden kennen, um die Marktkonformität zu beurteilen;
- lediglich Anlageprodukte und -strategien zulassen, die nach dem Anlagereglement auf Stufe der Vorsorgeeinrichtung erlaubt sind;
Aus obigen Anforderungen an die interne Kontrolle ergeben sich etliche Umsetzungsfragen:
Komplex ausgestaltete und bedeutende Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen werden gefordert sein, die zusätzlichen Informationen den obersten Organen für die ausgeweitete finanzielle Führung zur Verfügung zu stellen. Automatisierte Prozesse und moderne Informationssysteme werden unausweichlich sein, um fehleranfällige, manuelle Prozesse für die Informationsaufbereitung weitmöglichst zu ersetzen. Letzlich geht es darum, den obersten Organen griffige und zeitgerechte Führungsinstrumente zur Verfügung zu stellen. Effiziente Abwicklungsprozesse und Management-Informations-Systeme sind die kritischen Erfolgsfaktoren für die Stiftungsräte. Die den OAK-Weisungen unterliegenden Vorsorgeeinrichtungen sind gut beraten, die Übergangsphase bis Ende 2022 entsprechend zu nutzen, um ihre Systeme und Kontrollen entsprechend auszubauen.
Dieser Artikel erschien erstmals in leicht abgeänderter Form in der Zeitschrift "Schweizer Personalvorsorge", Ausgabe 08/21
Fazit
Mit der Einführung der neuen Weisungen der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge haben sich die Führungsaufgaben der obersten Organe primär von Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen verschärft. Der Stiftungsrat tut gut daran, vorab die Systeme der internen Kontrolle flott zu machen. Das oberste Organ wird seine Führungsinstrumente und internen Kontrollen ausbauen müssen, um seine Verantwortung auf allen Ebenen der Vorsorgeeinrichtung sicherzustellen.