Viele Monate lang konnten die Menschen darüber nachdenken, wie sie ihr Leben gestalten wollen oder wie es eben nicht sein soll. Sie wissen, welche Aspekte von früher sie vermissen und was sie an der neuen Situation lieber ändern würden.
Weil Telearbeit so gut funktioniert, stellen viele Unternehmen inzwischen schon die Rolle des Büros an sich infrage. Die Kosten durch einen dauerhaften Personalabbau radikal zu senken, mag vielleicht verlockend klingen. Doch bei Führungskräften und Personalfunktionen setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass die eigentliche Frage nicht lautet, ob sie Geschäftsräume brauchen, sondern wie sie sie nutzen. Um anhaltenden Erfolg und Effektivität zu gewährleisten, sollten Unternehmen auf Mikro- und individueller Ebene tätig werden. Sie sollten mit ihren Mitarbeitenden in Interaktion treten und sie fragen, was sie brauchen, um den gemeinsamen physischen Arbeitsplatz der Zukunft zu entwickeln. So wie die Lebenssituation jedes Menschen einzigartig ist, genauso sind individuell sind auch die Ansprüche an den Arbeitsplatz. Einige sehnen sich nach einem Ort der ruhigen Reflexion und Konzentration. Andere wollen einen Treffpunkt für Gespräche und Zusammenarbeit. Und nur wenige finden noch Gefallen an langem täglichem Pendeln. Diese verschiedenen Aspekte zu einem stimmigen Konzept zu bündeln, verlangt von den Unternehmen, sich verschiedene Arbeits- und Arbeitsplatzmodelle zu eigen zu machen. Die physische Infrastruktur von gemeinsam genutztem Raum, der Vernetzung, Teamarbeit oder Konzentration ermöglicht, könnte die Form von «Hub-and-Spoke»-Modellen an zentralen und anderen Standorten annehmen. Ergänzt würde dies durch flexible Arbeitswochenoptionen, sodass die Menschen befähigt wären, die Arbeit für sie passend zu gestalten.
Lohnnebenleistungen neu gestalten
Lohnnebenleistungen und Berufserfahrung werden weiterhin wichtige Elemente der Talentgewinnung und -bindung für ein Unternehmen bleiben. Mit unserer Entwicklung hin zu einer hybriden Belegschaft wird es interessant sein zu beobachten, wie Unternehmen die potenzielle Ungleichheit bei den Lohnnebenleistungen und der Berufserfahrung bewältigen. Was zählt als Lohnnebenleistung und wie – oder wo – wird eine solche Leistung geboten? Führende Unternehmen geben Mitarbeitenden das Steuer in die Hand und ermöglichen ihnen die Wahl der Lohnnebenleistungen und Arbeitsmodelle, die für sie funktionieren. Konzepte der Kundenerfahrung spiegeln sich nun auch in der Mitarbeitererfahrung wider, natürlich mit einem gewissen Grad der Segmentierung. Aber letztendlich wählen die Mitarbeitenden die Optionen, die zu ihrem Lebensstil und ihren Bedürfnissen am besten passen. Die Bedeutung des Unternehmenszwecks hat zugenommen, weil sich der Akt der Arbeit verlagert hat von einer Tätigkeit, für die die meisten Menschen das Haus verlassen, hin zu einer Tätigkeit, die zuhause oder an anderen Orten nahtlos beginnt und endet. Menschen ein Gefühl von Sinnhaftigkeit zu vermitteln, sie in die Lage zu versetzen, die Arbeit nahtlos in ihr Leben zu integrieren, ihnen die Freiheit und die Flexibilität zu geben, ihre Lohnnebenleistungen zu wählen: Das ist echte Fairness.
Erst zuhören, dann handeln – ein agiler Ansatz
Auf sich ändernde Bedürfnisse und Erwartungen von Menschen zu reagieren, bedeutet, erst zuzuhören – und dann Erkenntnisse in die Tat umzusetzen. Wirklich agile und transformative Unternehmen tauschen sich regelmässig mit ihren Mitarbeitenden aus durch Aktivitäten, die aktives und passives Zuhören ermöglichen. Danach legen sie Ansätze – statt Verfahren – fest, die sich bei veränderten Situationen und Stimmungen anpassen lassen. Echte Agilität entsteht aus flexiblen Ansätzen, bei denen die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Mitarbeitenden konsequent und konstant mit unternehmerischen Erfordernissen in Einklang gebracht werden.
Ein agiler Ansatz hat den zusätzlichen Vorteil, dass Führungskräfte ihren Kurs rasch ändern können. Als sich die Fürsorgepflicht am (externen) Arbeitsplatz zur Fürsorgepflicht für einen Pulk von Fern-Mitarbeitenden wandelte, mussten sich Unternehmen und Führungskräfte auf eine neue Rolle einstellen. Wenn die Pandemie Mitarbeitenden eines deutlich gemacht hat, dann dies, dass Führungskräfte nicht immer alle Antworten haben bzw. haben können. Trotzdem haben die Mitarbeitenden gezeigt, dass sie immer positiv auf Führungskräfte reagieren, die klare Grundsätze verfolgen, Entscheidungen auf Basis von Daten treffen, regelmässig kommunizieren, den Dialog suchen und Empathie zeigen.
In der neuen Arbeitswelt von heute zeichnen sich starke Führungskräfte durch Menschlichkeit, Mut und Fokus auf das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden aus. Sie vermitteln ihre eigenen Erfahrungen, um Vertrauen, Empathie und eine Kultur zu schaffen, die durch den Dialog von unten nach oben geprägt ist.