7 Minuten Lesezeit 11 Jan. 2022
Jazz Musician Playing Saxophone

Bankenbarometer 2022 – Optimismus

Autoren
Patrick Schwaller

Managing Partner Audit Financial Services | Switzerland

Reliable and trusted business partner. Gets things done. Pragmatic. Enjoys mountaineering.

Olaf Toepfer

Banking & Capital Markets Leader | Switzerland

Transformation leader. Passionate about shaping the banking industry of tomorrow. Father of three kids.

Timo D’Ambrosio

Director Audit Financial Services | Switzerland

Reliable and passionate auditor. Specialized in Retail Banking. Gets things done. Loves to play tennis.

7 Minuten Lesezeit 11 Jan. 2022

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Die Schweizer Banken blicken gemäss Umfrage mit Optimismus in die Zukunft. Sie wollen das positive Momentum nutzen und den Fokus auf Wachstum legen. Euphorie wäre jedoch fehl am Platz: Es gilt weiterhin, strukturelle Herausforderungen zu meistern.

In Kürze
  • Neun von zehn Banken erwarten für das laufende Geschäftsjahr ein höheres operatives Ergebnis als im Vorjahr.
  • Zwei Drittel erwarten, dass mittel- bis langfristig die Inflation in der Schweiz nicht über 2% steigt und die Zinsen weiterhin tief bleiben.
  • In Sachen Nachhaltigkeit gibt es zwei Lager: 45% der Banken sehen in ihren nachhaltigen Anlagen, 43% in ihrem Kreditgeschäft den grössten Hebel für den Klimaschutz.  
  • Nach der bisherigen Zurückhaltung, plant mehr als die Hälfte in den nächsten 3 Jahren Anlagemöglichkeiten für Kryptowährungen anzubieten. 

Optimistischer Blick in die Zukunft – trotz Corona-Pandemie

Schweizer Banken haben in der seit beinahe zwei Jahren anhaltenden Corona-Pandemie eine beachtliche Widerstandsfähigkeit gezeigt und solide Ergebnisse erzielt. Im Schweizer Kreditgeschäft waren – auch dank beispiellosen staatlichen Stimulierungs-massnahmen für die Volkswirtschaft – bislang keine wesentlichen Ausfälle zu verzeichnen und die Banken konnten sowohl im Kommissions- als auch im Handelsgeschäft von der positiven Stimmung an den Finanzmärkten in den vergangenen Monaten profitieren. 

Die Banken blicken mit Optimismus in die Zukunft – eine Euphorie wäre aber fehl am Platz, denn die strukturellen Herausforderungen mit Margenerosion im Anlage- und Zinsgeschäft haben sich nicht in Luft ausgelöst.
Patrick Schwaller
Managing Partner Audit Financial Services | Switzerland

Zuversicht hinsichtlich der operativen Ergebnisse

Angesichts dieser Entwicklungen ist es nicht überraschend, dass die Banken selbst ihren aktuellen operativen Geschäftsgang deutlich positiver beurteilen als noch vor einem Jahr. 

Geschäftsjahr 2021

87%

der befragten Institute erwarten für das Geschäftsjahr 2021 einen Anstieg der operativen Ergebnisse.

Satte 87% der befragten Institute erwarten für das Geschäftsjahr 2021 einen Anstieg der operativen Ergebnisse, was einer markanten Zunahme von 34 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auch mit Blick auf die Zukunft zeigen sich die Banken optimistisch: 87% der befragten Institute erwarten sowohl kurzfristig als auch langfristig eine positive Entwicklung des operativen Geschäfts. 

Die Banken wollen das positive Momentum nutzen und den Fokus im kommenden Jahr auf weiteres Wachstum legen. Ob das gelingt, wird sich noch zeigen müssen.
Timo D’Ambrosio
Director Audit Financial Services | Switzerland
Black jazz performer plays the saxophone on stage

Downloaden Sie den EY  Bankenbarometer 2022 hier:

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Banken rechnen mit begrenzter Inflation und tiefen Zinsen

Der plötzliche Anstieg der Inflation – allen voran in den USA und in der EU – beschäftigt die Finanzmärkte bereits seit einigen Monaten. Die Schweiz blieb bisher von dieser Entwicklung verschont. Geht es nach den Schweizer Banken, wird sich daran auch in Zukunft nichts ändern. Zwei Drittel (66%) der befragten Banken gehen nicht davon aus, dass mittel- bis langfristig mit einer Teuerung von über 2% in der Schweiz zu rechnen ist.

Inflation

66%

der Banken erwarten, dass mittel- bis langfristig die Teuerung in der Schweiz nicht über die 2%-Marke steigen wird.

Ausgehend von dieser langfristigen Inflationserwartung überrascht es wenig, dass die Banken derzeit nicht mit einer geldpolitischen Kehrtwende beziehungsweise einem Ende der Tiefzinspolitik in der Schweiz rechnen. So bleibt die Weitergabe von Negativzinsen an die Kunden auch im Jahr 2022 ein aktuelles Thema. Denn bei nahezu einem Viertel der befragten Banken (23%) müssen Kunden mit einem Vermögen ab bereits CHF 100‘000 mit zusätzlichen Belastungen von Negativzinsen rechnen. In der Vergangenheit lag dieser Schwellenwert deutlich höher.

Tiefzinsumfeld

23%

der Banken geben an, dass ihre Kunden bereits ab einem Vermögen von 100‘000 Franken mit Negativzinsen rechnen müssen. In der Vergangenheit lag dieser Schwellenwert deutlich höher.

Der Blick auf ausländische Märkte macht den Banken aber dennoch bewusst, dass steigende Zinsen nicht nur eine theoretische Gefahr sind, sondern tatsächlich eintreten könnten. Der erhebliche Anstieg der Inflationsraten in vielen Ländern in den letzten Monaten hat bei den Banken das Gefährdungspotenzial von rasch und stark steigenden Zinsen vermehrt in den Fokus gerückt. Mehr als ein Viertel der Banken (26%), und damit deutlich mehr als im Vorjahr (13%), erkennt in einem solchen Szenario die grösste Herausforderung für das Zinsrisikomanagement der Banken.

Anlagen und Kredite für den Klimaschutz und der Wunsch nach Regulierung

Fast die Hälfte der Befragten (45%) gibt an, dass nachhaltige Anlagen die grösste Chance für sie bieten, einen effektiven Klimaschutz zu ermöglichen. Direkt an zweiter Stelle bewerten 43% der Banken das Kreditgeschäft als den grössten Hebel für den nachhaltigen Schutz des Klimas. Im Kreditgeschäft gibt knapp die Hälfte der befragten Banken an, Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Kreditvergabe an kommerzielle Kunden zu berücksichtigen. Während in den vergangenen Jahren eine rasante Veränderung hin zu einem nachhaltigeren

Kreditgeschäft zu beobachten war, scheint sich nun ein Status quo etabliert zu haben, denn wie im Vorjahr schliesst weiterhin lediglich ein Viertel der Banken die Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei der Kreditvergabe kategorisch aus.

Regulierung

44%

der befragten Banken wünschen sich bezüglich Nachhaltigkeit eine Konkretisierung bereits bestehender Regularien.

Mit klaren Positionierungen verschiedener Länder und Aufsichtsbehörden zeigt sich ein deutlicher Trend im Bereich der Regulierung. Das Bankenbarometer zeigt, dass 44% der diesjährig befragten Banken sich eine weitere Konkretisierung bereits bestehender Regularien wünschen, um den wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden, Potenziale ausschöpfen zu können und „Greenwashing“ zu vermeiden.

Die Erwartung an die Schweizer Banken, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, steigt kontinuierlich. Deswegen berücksichtigen Banken vermehrt Nachhaltigkeitskriterien in der Kreditvergabe als Hebel für eine nachhaltigere Realwirtschaft.

Mehrheit plant Anlageprodukte für Kryptowährungen

Während sich die Schweizer Banken bisher beim Angebot von Anlagemöglichkeiten in Kryptowährungen weitgehend zurückhielten, plant nun mehr als die Hälfte der befragten Banken, innerhalb der nächsten drei Jahre ein Angebot zur Investition in Kryptoanlagen zu lancieren (55%).

Kryptowährungen

55%

der befragten Banken planen innerhalb der nächsten drei Jahre Angebote zur Investition in Kryptoanlagen zu lancieren.

Dabei zeigen insbesondere die Privatbanken (68%) ein grosses Interesse an dieser neuen Anlageklasse. Mehr als die Hälfte der befragten Banken (55%) rechnet damit, dass sich Kryptowährungen langfristig auch als Anlageklassen wie Aktien und Obligationen etablieren werden. Auch die Nachhaltigkeitsziele scheinen die Banken nicht am Aufbau eines entsprechenden Krypto-Angebots zu hindern. Mehr als die Hälfte aller Banken (54%) vertritt die Auffassung, dass das Anbieten von Anlagemöglichkeiten in Kryptowährungen den Nachhaltigkeitszielen ihrer Bank nicht widerspricht.

Kunden im Mittelpunkt, um das Momentum zu nutzen

Nachdem Schweizer Banken die Krisen der vergangenen Jahre gut überstanden haben, befinden sie sich in einer Position der Stärke und zeigen sich trotz eines anspruchsvollen Umfelds optimistisch. Um künftig mit der Dynamik der Branchen-entwicklung mitzuhalten, sind weitere Veränderungen jedoch unumgänglich. 

Im Anschluss an eine Phase der Resilienz ist die entscheidende Frage für Banken, wie sie Rigidität überwinden und daraus agile Marktchancen für profitables Wachstum nutzen. Der Schlüssel könnte in der Weiterentwicklung zu kundenzentrierten Geschäftsmodellen liegen.
Olaf Toepfer
Banking & Capital Markets Leader | Switzerland

Diese Einschätzung teilen auch die befragten Institute: Um künftig verstärktes profitables Wachstum erreichen zu können, stellen die Banken auch in diesem Jahr die Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt. Sie wollen eine Systematisierung der Kundenakquisition, -entwicklung und -retention erreichen (42%), ein besseres Kundenverständnis aufbauen (38%) und das Kundenerlebnis verbessern (37%). Diesen Entwicklungen und Zielen gilt es Rechnung zu tragen, um die Wertschöpfungskraft der Banken nachhaltig zu erhalten.

Fazit

  • Unter den Schweizer Banken herrscht Optimismus.
  • Die Banken zeigten sich auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie als äusserst widerstandsfähig und wussten das günstige Marktumfeld zu nutzen.
  • Die generellen Zukunftsaussichten und der eigene Geschäftsgang werden deutlich positiver eingeschätzt als noch vor einem Jahr.
  • Die befragten Banken rechnen mit einer begrenzten Inflation und einem anhaltenden Tiefzinsumfeld in der Schweiz.
  • Nachhaltigkeit ist nach wie vor ein bestimmendes Thema für die Mehrzahl der Banken; zugleich plant über die Hälfte neue Anlageprodukte im Bereich Kryptowährungen.
  • Das positive Momentum wollen die Banken nutzen und ihre Kundinnen und Kunden mit persönlicher Beratung noch mehr in den Mittelpunkt stellen.
  • Die optimistische Grundhaltung sollte allerdings nicht zu Euphorie führen – es gilt weiterhin, strukturelle Herausforderungen mit Margenerosion im Anlage- und Zinsgeschäft, zu meistern.

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