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Alle Menschen sollen Zugang zur Nachhaltigkeit erhalten.

Christoph Jenny

Christoph Jenny ist einer der vier Gründer des Start-up Planted und Mitglied der Geschäftsleitung. Weil sie sich für den Klimawandel, unsere Gesundheit sowie den Tierschutz einsetzen  möchten, haben sie 2019 mit der Entwicklung sowie Produktion von pflanzlichem Fleisch ohne Zusatzstoffe gestartet. Mittlerweile zählt Planted über 200 Mitarbeitende und ist das schnellst wachsende Start-up im Bereich der alternativen Proteine in Europa. Christoph Jenny hat einen Master in Finance von der Universität Zürich. Er begann seine Karriere im Asset Management bei der Credit Suisse und war vor der Gründung von Planted bei der Jacobs Holding tätig.

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Die Klimakrise hat Christoph Jenny zusammen mit drei Freunden Planted gründen lassen – kurz vor der Pandemie. Krisen begleitet das Unternehmen seit Tag eins. Wie das Zürcher Start-up dem aktuellen Strommangel und Lieferengpässen begegnet und welche Rolle die Unternehmenskultur dabei spielt? Mitgründer Christoph Jenny hat mit uns über schwierige Zeiten und rosige Zukunftsaussichten gesprochen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir aus? 

Ich starte meinen Arbeitstag mit einem kurzen Austausch mit der Geschäftsleitung um 8 Uhr. Gemeinsam gehen wir die Tagespunkte durch. Danach folgen etliche Einzel- und Team-Meetings. Weil wir so schnell wachsen, brauchen wir momentan viel Zeit für die Kommunikation, um sicherzustellen, dass sich alle in die gleiche Richtung bewegen. Zudem nehme ich viele öffentliche Termine wahr. Unsere Vision, die Ernährung der Menschen fundamental zu verändern, erfordert Aufklärungsarbeit. Unser Ziel ist es, eine bessere und nachhaltigere Ernährung zu erreichen, die es den Menschen erlaubt, Fleisch ohne schlechtes Gewissen und ohne schlechte Nebenwirkungen zu konsumieren. Wir streben eine Ernährung an, die sich an potenziell 10 Milliarden Menschen richtet, ohne dass jemand hungern muss.

Welche unterschiedlichen Aspekte der Nachhaltigkeit adressiert das Geschäftsmodell von Planted?

Erst einmal muss das Kundenbedürfnis nachhaltig sein. Unser Produkt – sein Geschmack, seine Zusammensetzung und das Erlebnis, das es bietet – muss besser sein, als was sich die Konsumentinnen und Konsumenten heute gewohnt sind. Entscheidend ist auch der Preis. Wir müssen günstiger werden als das tierische Äquivalent. In der Schweiz haben wir diesbezüglich momentan eine Parität, jedoch mit dem Potenzial, die Preise stetig senken zu können. Daran halten wir auch in Zeiten der Inflation fest. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist die Gesundheit. Die Coronapandemie hat uns alle gelehrt, welch grosses Privileg sie ist. In unseren Produkten gibt es keine Antibiotikarückstände oder sonstige schlechte Inhaltsstoffe, sondern nur gute. Fleisch liefert viele essenzielle Nährstoffe wie beispielsweise Eisen oder Vitamin B12. Um unserem Gesundheitsversprechen nachzukommen, müssen wir deshalb sicherstellen, dass unser Produkt dies auch kann. Einige unserer Produkte haben sogar einen höheren Proteingehalt wie tierisches Fleisch. Hinsichtlich CO2-Ausstosses sind wir heute schon klar besser als das tierische Äquivalent. Bei Poulet sparen wir beispielsweise 74 Prozent CO2 ein, bei anderen Produkten sogar bis zu 86 Prozent. Indem wir den Konsumentinnen und Konsumenten transparent darlegen können, dass wir besser sind als tierisches Fleisch und unser Werteversprechen auch erfüllen, tragen wir dazu bei, den CO2-Ausstoss und das Tierleid zu reduzieren – und zwar mit einem Produkt, das im Alltag Spass macht und gut schmeckt.

Unser Ziel ist es, eine bessere und nachhaltigere Ernährung zu erreichen, die es den Menschen erlaubt, Fleisch ohne schlechtes Gewissen und ohne schlechte Nebenwirkungen zu konsumieren

Wie wirkt sich die Klimakrise auf euer Unternehmen aus?

Die Klimakrise ist der Grund für unser Dasein. Die Leute sind sich bewusst, dass wir so nicht weitermachen können. Das ist sehr positiv. Jetzt liegt es an uns, ein Produkt zu liefern, das die Leute so begeistert, dass sie wirklich auch Taten folgen lassen. Wir alle haben es selbst in der Hand, einen Unterschied zu machen. Mit dem Wechsel von tierischem auf pflanzliches Fleisch kann jede und jeder einen Beitrag leisten.


Die Klimakrise ist der Grund für unser Dasein.
Wie begegnet ihr den Schwierigkeiten in den Lieferketten?

Wir kennen es nicht anders. Wir haben Planted im Sommer 2019 gegründet. Ein halbes Jahr später kam Corona. Wir haben gelernt, damit umzugehen. Wir planen frühzeitig und haben grössere Lager, damit wir Nachbestellungen jederzeit garantieren können. Gerade die Gastronomiebetriebe bestellen heute viel kurzfristiger als früher, um nicht auf Beständen sitzenzubleiben.

Wie trifft euch die Energiekrise?

Natürlich spüren auch wir die höheren Energiekosten. Wir haben aber eine sehr effiziente Produktion mit internen Kühlkreisläufen. Die Abwärme nutzen wir, um die Büros zu heizen. In der Logistik sieht es etwas anders aus. Hier haben wir grosse Distanzen zu überwinden. Das Protein beziehen wir aus  Europa. Zudem exportieren wir in die europäischen Märkte. Das ist sicherlich eine Herausforderung. Im Hinblick auf den CO2-Ausstoss haben wir seit Beginn versucht, diese Prozesse stark zu optimieren. Heute kommt es uns doppelt zugute, dass wir unseren Fussabdruck immer sehr bewusst gemanagt haben. 

Heute kommt es uns doppelt zugute, dass wir unseren Fussabdruck immer sehr bewusst gemanagt haben.
Welche generellen Nachhaltigkeitstrends verzeichnet ihr?

Nachhaltigkeit ist wichtig, aber nicht um jeden Preis. Die Leute machen nicht gerne grosse Kompromisse. Das ist auch wieder ein Grund, warum es uns gibt. Durch die jüngsten Krisen hat man gesehen, dass es auch andere Themen gibt, die die Leute beschäftigen – insbesondere jetzt mit der Inflation. Damit müssen wir als Gesellschaft umgehen können und einen fairen und ehrlichen Dialog führen. Alle Menschen sollen Zugang zur Nachhaltigkeit erhalten. Hier spielt wieder die Preispolitik herein und warum es uns so wichtig ist, günstiger zu werden. Die Demokratisierung der Nachhaltigkeit sehen wir als einen der ganz grossen und wichtigen Punkte. 


Die Demokratisierung der Nachhaltigkeit sehen wir als einen der ganz grossen und wichtigen Punkte.
Welche Hebel setzt ihr in Gang, um noch nachhaltiger zu werden?

Wir beziehen immer mehr lokale Rohmaterialien. Ein Teil unserer Gelberbsen beispielsweise erhalten wir mittlerweile aus der Schweiz. Wir haben zwei Jahre dafür gekämpft, dass die Schweizer Bäuerinnen und Bauern ihre Subventionen nicht verlieren, wenn sie an uns liefern. Bis zum 2. November 2022 bezahlte der Bund die Gelder nur, wenn das Rohmaterial an Tiere verfüttert wurde. Um unsere Lieferkette zu lokalisieren, gibt es noch zahlreiche weitere Hindernisse, die wir aus dem Weg räumen müssen. Dann setzen wir auch beim Verarbeitungsgrad an – wie können wir die Mühle optimal einsetzen – und bei den Transportwegen. Dafür schauen wir, wo die Rohstoffe herkommen und wo sich unsere Konsumentinnen und Konsumenten befinden, um die Fabriken ideal zu positionieren. Und dann ist sicherlich auch Plastik ein grosses Thema. Im Kampf gegen Food Waste ist es die effizienteste Lösung. Es ermöglicht eine viel längere Haltbarkeit. Bedeutend weniger Essen geht dadurch kaputt. Auf der anderen Seite ist Plastik sehr problematisch für unsere Umwelt. Wir schauen deshalb gezielt, welches Plastik wir wofür verwenden und wie wir den Einsatz optimieren können. Wir binden auch recyceltes Plastik ein und haben sogar ein Forschungsprojekt mit dem Ziel einer essbaren Verpackungshülle.   

Auf welchen Werten basiert eure Unternehmenskultur?

Man erwartet immer, dass ein Start-up eine coole Unternehmenskultur hat. Das ist aber nicht gegeben. Ich glaube, die Unternehmenskultur ist die Summe der Beziehungen, die die Leute untereinander haben. Diese Beziehungen wachsen erst über die Zeit. Wir können noch so viele Werte an die Wand schreiben und Stunden darüber reden. Am Ende muss man sie leben. Und genau darin liegt die grosse Herausforderung: In sehr kurzer Zeit gilt es die Beziehungen möglichst gut aufzubauen. Dafür setzen wir auf kollaboratives und inklusives Arbeiten. Wir bemühen uns, 80 Prozent der Entscheidungen im Team zu treffen. Entscheidet die Geschäftsleitung allein, ist es uns extrem wichtig, unserem Team zu erklären, wieso wir so gehandelt haben. Wir lassen unsere Leute Teil haben und binden sie ein. Ist das Verständnis vorhanden, lässt sich eine Entscheidung auch viel einfacher umsetzen. Unsere Art und Weise der Zusammenarbeit ist zudem positiv. Wir gehen immer davon aus, dass das Gegenüber nach bestem Wissen und Gewissen handelt. Wir agieren nicht eigenmächtig, sondern immer für das Team. Das ist insbesondere wichtig, weil wir eine grosse Fehlerkultur haben. Fehler müssen oft zusammen gelöst werden. Das ist herausfordernd. Man hat selbst schon genug auf dem Tisch und muss dann noch anderen helfen. Ganz wichtig dabei ist uns auch die Transparenz. Wir pflegen einen ehrlichen und offenen Umgang miteinander. Wir reden über die Fehler und analysieren sie. Dadurch bauen wir ein kollektives Gedächtnis, eine kollektive Kultur auf und können verstehen, was funktioniert und was nicht. 

Die Unternehmenskultur ist die Summe der Beziehungen, die die Leute untereinander haben.
Wo steht Planted in zehn Jahren?

Ich glaube, wir werden erheblich grösser sein. Und ich wünsche mir, dass es unsere Industrie in den Massenbereich schafft. Im Moment bedienen wir noch sehr viele Idealistinnen und Idealisten sowie Early Adopters. Das soll und muss sich ändern. Zeit bleibt uns nicht mehr viel. Betrachten wir die Klimabilanz, stehen wir jedes Jahr schlechter da. Diesen Hebel müssen wir umlegen. 15 Prozent der CO2-Emmissionen stammen von der Landwirtschaft. Das können wir ändern und ich hoffe, dass wir uns bis in zehn Jahren diesbezüglich massgeblich verbessert haben. 

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