6 Minuten Lesezeit 3 März 2022
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Digital Assets – rechtliche Einordnung und Nutzen für die Geschäftsmodelle der Finanzinstitute

Von Martin Hanzl

Experte Digitalisierung, Head of New Technologies | EY Law Österreich – Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH*

Tolle Ideen und Innovationen verdienen bestmöglichen Schutz. Wir helfen Ihnen dabei Ihr (digitales) Geschäftsmodell bestmöglich abzusichern.

6 Minuten Lesezeit 3 März 2022

„Digital Assets“ war und ist eines der Buzzwords schlechthin in den letzten Jahren.

Überblick
  • Analyse von Digital Assets aus rechtlicher Perspektive anhand des bestehenden Rechtsrahmens
  • Digital Assets sind mehr als nur ein Buzzword. Wir behandeln im Folgenden konkrete neue Geschäftsmodelle für Banken und Start-ups und deren rechtliche Einordnung
  • Ausblick: Die baldige (europäische) Regulierung soll mehr Rechtssicherheit bringen und Innovationstreiber werden

Dennoch sind die Potenziale im Zusammenhang mit Digital Assets bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Es zeigt sich deutlich, dass immer mehr Unternehmen, allen voran Finanzdienstleister, Digital Assets für sich entdecken und einsetzen.

Die Regulierung als Spannungsfeld zwischen Innovation und Sicherheit

Das Anwendungsgebiet von „Digital Assets“ ist divers. Es gibt bereits vieles als Digital Asset, ob es nun eine (fast schon „klassische“) dezentrale Kryptowährung wie Bitcoin, Ethereum & Co., der „erste Tweet“ als NFT oder der neueste Hype, ein Grundstück im völlig digitalen Metaverse, ist.

Technisch sind der Digitalisierung von Assets kaum Grenzen gesetzt. Woran heute noch kaum jemand gedacht hätte, könnte morgen schon Realität sein.

Der (europäische) Gesetzgeber sowie Aufsichtsbehörden müssen mit diesen rasanten technischen Entwicklungen mithalten. Dabei bewegen sie sich im Spannungsfeld, einerseits ein innovationsförderndes Umfeld schaffen zu wollen, um neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen, und andererseits die Sicherheit von Mensch und Wirtschaft durch angepasste Regulierung gewährleisten zu müssen. Der Schwierigkeit, dieses Spannungsfeld auszubalancieren, ist es wohl auch geschuldet, dass derzeit manche Bereiche im Zusammenhang mit neuen Technologien noch nicht abschließend geregelt sind.

In unserer Praxis sehen wir, dass sich sowohl etablierte Player auf dem Markt, etwa Banken und Wertpapierunternehmen, als auch Start-ups nach mehr Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Digital Assets sehnen. Unserer Erfahrung nach können die allermeisten Fragestellungen aber bereits jetzt durch Auslegung des bestehenden Rechtsrahmens gelöst werden. Dieser Artikel gewährt einen Einblick in unsere Praxis.

Die rechtliche Einordnung verschiedener Digital Assets

Bevor auf die rechtliche Einordnung von Digital Assets eingegangen werden kann, ist zunächst zu klären, was Digital Assets überhaupt sind.

Europäischer Definitionsentwurf. Auf europäischer Ebene startete die EU einen ersten wirklichen Definitionsansatz. Mit dem Entwurf der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (MiCA) definiert die EU Kryptowerte als „eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können“. Der Begriff „Kryptowerte“ (Crypto Assets) ist ein Synonym für „Digital Assets“. Die Definition ist breit und technologieneutral. Ziel und Zweck dieser Definition ist es, sowohl aktuelle als auch zukünftige technische Ausgestaltungen digitaler Assets abzubilden.

Blick in die USA. Neben den EU-Aufsichtsbehörden zeigen auch die US-Aufsichtsbehörden mit der erst kürzlich erfolgten Vorstellung des „Digital Asset Market Structure and Investor Protection Act“ wachsendes Interesse für die Thematik. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, den Markt der digitalen Assets weitestgehend unter die Aufsicht der Securities and Exchange Commission (SEC) und der Commodity Future Trading Commission (CFTC) zu stellen. Darüber hinaus soll das Treasury Department das Recht erhalten, Stablecoins, die an den US-Dollar oder andere Fiat-Währungen gebunden sind, zu verbieten, womit viele Stablecoins bereits nach kurzer Zeit wieder verschwinden könnten.

Digital Assets und vermittelte Rechte. Die durch Digital Assets vermittelten Rechte und Werte unterscheiden sich stark voneinander. Je nachdem, welche Rechte durch ein Digital Asset abgebildet werden, können unterschiedliche Rechtsfolgen daran anknüpfen.

Im Wesentlichen unterscheiden Aufsichtsbehörden und Gesetzgeber bislang folgende Kategorien:

- Entwurf der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (MiCA), ICO – FMA Österreich

Kryptowährungen – der Klassiker?

Beispiele: Bitcoin, Ethereum

Kryptowährungen sind die wohl bekannteste Ausprägung von Digital Assets. Die ursprüngliche Idee, sie als dezentrales Zahlungsmittel zu nutzen, um Zahlungen sicher und vertrauenswürdig durchzuführen, ohne eine:n Dritte:n involvieren zu müssen, trat aufgrund der hohen Volatilität bald in den Hintergrund. Sowohl die klassischen Kryptowährungen (wie Bitcoin und Ethereum) als auch die vielen, durch Social-Media-Hypes bekannt gewordenen Meme-Coins (wie Dogecoin) sind zum beliebten Spekulations- und Anlageobjekt geworden. Der Begriff Krypto-„Währung“ ist dabei vor allem im rechtlichen Kontext irreführend, denn der fehlende staatliche Konnex führt in der Regel dazu, dass keine „Währung“ im rechtlichen Sinne vorliegt.

Sonderfall: El Salvador. El Salvador ist das erste Land der Welt, das Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennt. Dadurch muss Bitcoin in El Salvador auch von Wirtschaftstreibenden akzeptiert werden (sofern diese Personen technisch dazu in der Lage sind). Selbst Steuern können in El Salvador mit Bitcoin bezahlt werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Einführung von Bitcoin als Zahlungsmittel auf die Wirtschaft El Salvadors auswirkt und ob weitere Länder dem Beispiel folgen werden.

Neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit Kryptowährungen. Durch die Begeisterung vieler Anleger:innen für Kryptowährungen als Asset-Klasse ergeben sich insbesondere in letzter Zeit vermehrt neue Geschäftsmodelle. Etwa soll durch Online-Plattformen das Krypto-Trading für jede:n ohne technische Vorkenntnisse ermöglicht werden. Durch den Service der (zentralisierten) Kryptoverwahrung, etwa auch durch die Verwahrung privater Schlüssel für Anleger:innen, sollen Kauf, Tausch und Verkauf von Kryptowährungen der breiten Masse zugänglich gemacht werden.

Neben anderen aufsichtsrechtlichen Pflichten, die unter Umständen auf Krypto-Trading beziehungsweise Kryptoverwahrung anwendbar sein können, ist in Österreich eine Registrierung als Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde nach dem FM-GwG erforderlich (§ 2 Z. 22 i. V. m. § 32a FM-GwG).

Stablecoins – Kryptowerte abseits von Kursschwankungen?

Beispiele: USDC, Tether, TerraUSD

Eine differenzierte Ausgestaltung von Kryptowährungen sind Stablecoins. Stablecoins sollen dem Problem der hohen Volatilität klassischer Kryptowährungen entgegentreten, indem sie wertstabil(er) sind.

Stablecoins können von einer zentralen Stelle (zumeist einem Unternehmen wie etwa dem US-amerikanischen Unternehmen Circle) oder dezentral ausgegeben werden. An die zentrale beziehungsweise dezentrale Ausgabe können weitreichende Folgen knüpfen (etwa ob bei zentraler Ausgabe ein Stablecoin als E-Geld im Sinne des E-Geld-Gesetzes einzustufen ist).

Stablecoins erreichen ihre Stabilität, indem ihr Wert an einen bestimmten Basiswert (derzeit zumeist an den US-Dollar) „gepeggt“ wird.

Neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit Stablecoins. Aufgrund der (einigermaßen hohen) Wertstabilität von Stablecoins liegt deren primärer Einsatz nicht im Investment. Zuletzt werden sie vermehrt im Kontext von Decentralized-Finance-Modellen (etwa für das „Krypto-Lending“ oder „Flash Loans“) eingesetzt. Ob beziehungswiese inwiefern das Anbieten solcher Modelle unter aufsichtsrechtliche Tatbestände (etwa unter das BWG) fällt, ist für den Einzelfall zu prüfen.

Security und Utility Tokens – Altbekanntes im modernen Gewand?

Beispiele: Immobilien, Wertpapiere

Security Tokens verkörpern in der Regel gewisse Ansprüche gegenüber deren Emittenten (etwa Ansprüche auf Auszahlungen von Dividenden oder den Anspruch auf Ausübung eines Stimmrechts). Sie verbriefen daher meist einen „zukünftigen Cashflow“, sodass sich gewisse Parallelen zu Wertpapieren zeigen. Stets für den Einzelfall ist zu prüfen, ob Security Tokens unter den Wertpapierbegriff fallen oder eine Veranlagung im Sinne des KMG darstellen können.

Beispiel: Filecoin

Utility Tokens dienen dazu, jemandem einen Zugang oder eine Berechtigung zu bestimmten Diensten oder Produkten zu verschaffen. Sie fungieren in der Regel als „Gutschein“. Häufig gewähren sie Zugang zu einer digitalen Plattform des Emittenten, die durch den/die Inhaber:in des Utility Token in bestimmter Weise genutzt werden kann (zum Beispiel können durch Utility Tokens Produkte mitgestaltet werden oder gewisse Dienstleistungen oder Produkte exklusiv von Inhaber:innen von Utility Tokens genutzt werden). Reine Utility Tokens fallen in der Regel nicht in den Anwendungsbereich des österreichischen Aufsichtsrechts.

Denkbar – und in der Praxis weiter verbreitet – ist aber, dass ein Utility Token nicht nur die (Mit-)Gestaltung eines Produkts oder einer Dienstleistung zulässt, sondern darüber hinausgehende Funktionen aufweist (etwa Charakteristika einer Kryptowährung); hier spricht man von „hybriden Tokens“. Bei hybriden Tokens ist stets zu prüfen, welche Eigenschaften überwiegen und ob demnach auch auf Utility Tokens das Aufsichtsrecht anwendbar sein kann.

NFT (Non-Fungible Tokens) – neuer Finanztrend ?

Beispiele: Beeple-Sammlungen, CryptoPunk #7804, Hashmask #9939

Eindeutige Zuordnungen werden durch NFTs (Non-Fungible Tokens) möglich. Jeder NFT ist einzigartig und nicht austauschbar – und dank der Blockchain auch unveränderbar. So können reale Gegenstände digital einzigartig abgebildet werden; ebenso kann aber auch ein rein digitaler und virtueller Gegenstand nun „einzigartig“ werden.

„Einzigartig“ muss hier jedoch unter Anführungszeichen gestellt werden, denn der Begriff der „Einzigartigkeit“ von NFTs unterscheidet sich von dem, wie er bisher in der Offline-Welt verwendet wurde.

  • So kann ein NFT bereits dadurch „einzigartig“ im technischen Sinne werden, dass er – wie etwa ein Geldschein – eine fortlaufende Nummer hat und dadurch „einzigartig“ ist, obwohl das durch den NFT vermittelte Recht durch mehrere NFTs gleichartig vermittelt wird.
  • Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Inhalt von NFTs (etwa das durch eine URL verlinkte Image eines NFT) weiterhin digital kopiert werden kann, doch sind diese digitalen Kopien eben keine Originale wie der NFT. Auch diese – im digitalen Kontext weiterhin bestehende – Kopiermöglichkeit relativiert die „Einzigartigkeit“, wie sie von vielen verstanden wird.

Die Preise von NFTs sind mitunter beträchtlich. Die Anwendungsbeispiele sind vielfältig: Es kann sich um Artwork, Meme, Video, Film usw. handeln.

Welche Rechte ein solcher Token wirklich vermittelt, ist meist eine zivil- und urheberrechtliche Frage. So muss im Sinne der Privatautonomie beurteilt werden, welche Rechte an einen NFT gebunden werden können und folglich mit diesem auch übertragen werden. Im Zusammenhang mit digitalen Werken tun sich auch urheberrechtliche Fragen auf, wenn zum Beispiel ein NFT nicht durch den/die Urheber:in erstellt wird.

Neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit NFTs. Auch im Zusammenhang mit NFTs zeigen sich neue Geschäftsmodelle, unter denen insbesondere Plattformen den Zugang zu NFTs für die breite Masse erleichtern wollen – etwa im Zusammenhang mit dem Trading mit NFTs, der Verwahrung von NFTs (siehe dazu zu Kryptowährungen oben) oder aber der Erstellung („minting“) von NFTs. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung der so gehandelten NFTs stellen sich aufsichtsrechtliche Fragestellungen (etwa ob eine Registrierung als Dienstleister für virtuelle Währungen notwendig ist) oder aber zivil- und urheberrechtliche (von der Frage des Eigentumsübertrages/der Nutzungseinräumung bis hin zu komplexen Fragen des urheberrechtlichen Folgerechts).

Fazit

Digital Assets sind in der Praxis mittlerweile vollständig angekommen, in den meisten Fällen können entscheidende Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzbarkeit eines Geschäftsmodells bereits jetzt aufgrund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen beantwortet werden.

Dennoch ist es derzeit in Einzelfällen nicht leicht, neue Geschäftsmodelle restlos einzuordnen. Hier gibt es die Möglichkeit, an die österreichische Finanzmarktaufsicht im Wege einer FinTech-Kontaktanfrage bestimmte Fragen zu richten. Dabei ist es wichtig, den Sachverhalt und die rechtlichen Konsequenzen daraus exakt darzulegen. Aus unserer Erfahrung empfiehlt es sich, solche Anfragen gemeinsam mit einem/einer Rechtsvertreter:in einzubringen, um unnötige Schleifen bzw. Fehler zu vermeiden.

Die zunehmende Regulierung der Digital Assets wird mehr Sicherheit schaffen und sie für institutionelle Player und Kund:innen noch interessanter machen.

Über diesen Artikel

Von Martin Hanzl

Experte Digitalisierung, Head of New Technologies | EY Law Österreich – Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH*

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